Little Pearl. Madlen Schaffhauser
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Читать онлайн книгу Little Pearl - Madlen Schaffhauser страница 6
Ich habe noch nicht mal eine Orange ausgepresst, betritt Lucy das Studio. Eine heiße Schwarzhaarige Mitte dreißig, mit einem gigantischen Vorbau, den sie heute in einen rosa Sport-BH gequetscht hat. Mit ihr habe ich die nächste Trainingsstunde. Seit einem halben Jahr bin ich jetzt ihr Personaltrainer. Zwar finde ich, dass sie die Übungen auch gut ohne mich machen könnte, doch sie besteht darauf – besonders auf die Lauftrainings im nahegelegenen Wald, die ich auf Wunsch anbiete. Soll mir recht sein, gibt extra Kohle – und Spaß für meinen Schwanz.
»Hey Süßer. Machst du mir auch einen?«, fragt sie mich mit zuckersüßer Stimme und setzt sich auf einen der Barhocker.
»Klar.« Also presse ich noch weitere Orangen aus. Dabei entgeht mir nicht, wie sie meinen Bizeps anstarrt.
»He, was ist denn da passiert?« Sie zeigt auf mein demoliertes Auge. Da ich keine Lust habe, ihr eine Erklärung abzuliefern, zucke ich bloß mit den Schultern. Wie ich sie eingeschätzt habe, genügt ihr das als Antwort. »Und, hast du dir schon überlegt, wie du mich heute foltern wirst?« Mein Blick schnellt hoch. Lucy beobachtet mich mit einem lasziven Lächeln.
Ich versuche nicht zu stark auf ihren Flirt zu reagieren und darauf zu achten, wie ihre Zunge immer wieder über ihre Lippen fährt. Es hat mir zu viele Leute im Studio. Und ich will ja professionell rüberkommen, nicht wie ein notgeiler Hengst.
»Zuerst kannst du dich entweder auf dem Laufband oder dem Hometrainer aufwärmen. Danach gehen wir an den Butterfly.« Ich schiebe ihr ein Glas Saft über die Bar. »Hier, du kannst ihn ja mitnehmen.«
»Okay«, sagt sie lächelnd, zieht am Strohhalm, der im Glas steckt, ehe sie vom Stuhl hopst. »Bis gleich.«
»Bis gleich.«
Tyler stellt sich zu mir hinter die Bar. Wie immer stehen auch heute seine schwarzen Haare wie ein Igel vom Kopf ab. »Brauchst du mich noch?«, möchte er wissen und holt sich eine Dose Isostar aus dem Kühlschrank, während ich die Reste der ausgepressten Orangen in den Müll werfe.
»Nein, ich komme schon alleine zurecht.«
»Sicher?« Er schielt zu Lucy, die sich aufs Laufband gestellt hat.
Er weiß, dass hie und da etwas zwischen uns läuft, doch sollte er auch wissen, dass für mich das Studio und die Arbeit an erster Stelle stehen. Statt ihm eine Antwort zu liefern, frage ich ihn nach seiner Schicht. »Gab es irgendwelche Vorfälle?«
Tyler schüttelt den Kopf, er ist etwas größer als ich. »Es war ziemlich ...« Plötzlich leuchten seine grünen Augen. »Scheiße, was hast du denn gemacht? Gegen eine Faust gelaufen? Vielleicht gegen eine vom Lover von deiner momentan Auserwählten?«
Ich atme genervt aus. Ich habe es satt, dauernd blöd angemacht zu werden, auch wenn ich wusste, dass es so kommen würde. »Wenn du nochmals so einen Spruch fahren lässt, bekommst du auch gleich eine geklatscht. Na, noch Fragen? Und hör auf so bescheuert zu grinsen.«
Tyler hebt beschwichtigend die Hände, kann aber nicht aufhören eine amüsierte Fresse zu ziehen. »Zurück zu deiner Frage. Es war alles ruhig. Wahrscheinlich wirst du gegen Abend ein volles Studio haben, wenn es draußen nicht mehr so heiß und die Sonne untergegangen ist.« Er nimmt einen Schluck von seinem Isostar. »Dann bin ich mal weg, okay?«
»Alles klar.«
Er ist bereits auf der anderen Seite der Bar, als er sich nochmals umdreht. »Ehe ich’s vergesse, ich habe meine nächste Schicht mit Logan getauscht. Ich habe ganz vergessen, dass meine Nichte morgen Geburtstag hat. Sie wäre enttäuscht, wenn ich nicht käme.«
»Kein Problem. Dann also bis nächste Woche.«
Er holt seine Tasche aus der Umkleide und hebt die Hand zum Gruß, als er an mir vorbeigeht. In diesem Moment geht die Tür zum Aerobic-Raum auf. Sophia tritt heraus. Sie hat ein Tuch um den Hals, mit dem sie sich den Schweiß von der Stirn wischt. Ihr blonder Pferdeschwanz wippt hin und her, als sie auf mich zukommt.
Sie fixiert mich mit ihren blauen Augen. »Hey Boss, auch schon da?«
»Nicht frech werden, Kleine.« Wir kennen uns seit dem College. Wir haben beide Sport studiert und uns auf Anhieb verstanden. Als ich plante, ein eigenes Fitnessstudio zu eröffnen, war sie die erste, die ich anrief, um ihr einen Job anzubieten.
»Was ist denn das?« Sie bleibt vor mir stehen und schaut auf mein geschwollenes Auge.
Ehe sie etwas sagen oder fragen kann, hebe ich einen Zeigefinger und lege ihn ihr auf den Mund. »Du nicht auch noch, bitte«, seufze ich.
Sie zuckt bloß mit der Schulter und schnappt sich einen Powerriegel. »Früher oder später werde ich es sowieso erfahren. Ist Tyler schon weg?«
»Ja, der ist eben raus. Wieso?«
»Ach, nur so«, meint sie mit einem selbstzufriedenen Lächeln und beißt von ihrem Riegel ab. »Ich werde mich dann für meinen nächsten Workout fertig machen.«
Gerade als ich sie zurückhalten und fragen will, was los ist, macht sich Lucy auf sich aufmerksam. Sie kann es nicht ausstehen, wenn sie warten muss - auch wenn es nur fünf Minuten sind. Und da ich meine Kundin nicht wütend machen will, sehe ich zu, dass Lucy ihr persönliches Training bekommt.
Kapitel 3
Avery
Ich laufe durch das Blue House Inn, bin auf der Suche nach der Inhaberin, Chefin, Angestellte. Keine Ahnung, was sie genau ist. Schlussendlich ist das auch egal. Aber womöglich habe ich Glück und sie kann mir weiterhelfen.
Wenn mich nicht alles täuscht, heißt sie Cécile. Ich war wohl in Gedanken, als sie sich mir gestern beim Check-in vorgestellt hat. Ich schätze sie etwas älter als mich. Drei, vier Jahre vielleicht.
Ich habe heute schon einmal versucht, mit – ich bleibe jetzt mal bei Namen Cécile – ihr zu reden, doch da kam gerade ein Typ zu ihr, und ich wollte sie nicht stören. Schließlich habe ich es nicht eilig. Zumindest nicht ganz so eilig.
Im Haus ist es ziemlich still, nehme mal an, dass die anderen Gäste unterwegs sind. Ich habe mich gestern ein bisschen im kleinen Little Pearl umgesehen. Es gefällt mir hier, die Leute, die Atmosphäre, das Kleinstadtleben, weshalb ich mich für den nächsten Schritt entschieden habe.
Ich komme an einem Spiegel vorbei. Aus Gewohnheit werfe ich einen Blick hinein. Ich bin gespenstisch blass. Das war nicht immer so, und liegt daran, dass ich mich mehr in den Häusern verkrieche, statt nach draußen zu gehen, um die Natur zu genießen, wie ich es früher getan habe.
Weil ich Cécile nirgends finden kann, gehe ich nach draußen, und laufe über die weiße Veranda ums Haus herum. Gerade als ich um die Ecke biege, zucke ich zusammen.
»Oh, habe ich sie erschreckt?« Ein Mann mit Glatze und einem weißen Rund-um-den-Mund-Bart steht urplötzlich vor mir. Nach seiner Kleidung und der Rosenschere in seiner Hand zu urteilen, muss er der Gärtner sein.
»Nein«, sage ich, obwohl ich fast zusammengeklappt wäre. Aber das braucht er nicht zu wissen. »Wissen Sie vielleicht, wo ich Miss ...«