CyberWorld 3.0: Evil Intentions. Nadine Erdmann

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Sofalehne und schloss für einen Moment die Augen. »Totschlag. Ray will die Verteidigung auf Totschlag aufbauen.«

      »Aber das willst du nicht?«

      Robert öffnete die Augen wieder. »Du weißt, dass ich mit dir nicht darüber reden darf.«

      Jamie zuckte mit den Schultern. »Wenn du es mir nicht sagst, höre ich es in den Medien doch sowieso.«

      »Erinnere mich bloß nicht daran …«, stöhnte sein Dad.

      Abbot, Barnes & Finch, die Anwaltskanzlei, in der Robert arbeitete, war eine der renommiertesten Kanzleien Londons. Richard Huntley, ein einflussreicher Politiker aus dem House of Lords des britischen Parlaments, hatte Raymond Finch, einen der Namenspartner, engagiert, nachdem Huntleys Sohn wegen Vergewaltigung und Ermordung einer Stripperin verhaftet worden war. Für die Medien war eine solche Anklage ein gefundenes Fressen, auf das sie sich nur allzu gerne stürzten, und Robert war dankbar, dass er neben Ray Finch nur zweiter Anwalt sein musste und so dem größten Medienspektakel entkommen konnte.

      »Warum gibst du den Fall nicht einfach ab?«, fragte Jamie. »Ist doch total ätzend, einen Kerl verteidigen zu müssen, der ein Mädchen vergewaltigt und umgebracht hat.«

      Robert seufzte. »Ich bin kein Seniorpartner. Ich kann mir meine Fälle nicht immer aussuchen.«

      »Dein Tee.« Max war mit einer dampfenden Tasse aus der Küche herübergekommen. »Schwarz und stark. Wie immer.«

      »Danke Max. Du bist der Beste.«

      »Sehr gern geschehen. Das Abendessen ist in einer halben Stunde fertig.«

      »Fantastisch.« Robert nahm einen Schluck, während Max zurück in die Küche verschwand.

      »Warum wechselst du dann nicht einfach zur Staatsanwaltschaft?«, nahm Jamie ihr Gespräch wieder auf. »Da kannst du Verbrecher anklagen, statt sie zu verteidigen.«

      »Ich verteidige aber lieber.« Robert fuhr sich durch die Haare und machte seiner akkuraten Anwaltsfrisur damit endgültig den Garaus. »Menschen sind nicht perfekt. Sie machen Fehler und Dummheiten, aber wenn sie die bereuen, verdienen sie einen fairen Prozess und jemanden, der eine zweite Chance für sie herausschlägt, findest du nicht?«

      Jamie zuckte mit den Schultern und schwieg.

      »Was?«, hakte Robert nach. »Denkst du nicht, dass Menschen eine zweite Chance verdienen?«

      Jamie presste die Kiefer aufeinander. »Wenn du jemanden verteidigen müsstest, der einen Menschen getötet und einen anderen zum Krüppel gemacht hat, weil er sich besoffen hinters Steuer gesetzt hat, hätte der auch eine zweite Chance verdient?«

      Robert sah ihn ernst an. »So einen Fall dürfte ich wegen Befangenheit gar nicht übernehmen.«

      Jamie schnaubte verächtlich. »Das ist keine richtige Antwort, Dad.«

      »Doch, Jamie, das ist es. Manchmal ist man an einer Sache zu nah dran, um ein objektives Urteil fällen zu können. Dann muss man die Entscheidung anderen überlassen und darauf bauen, dass sie richtig urteilen werden, weil man selbst es einfach nicht kann.«

      Jamie schüttelte den Kopf und Robert merkte, dass sein Sohn damit nicht zufrieden war. Seufzend fuhr er sich über die Augen.

      »Okay, wenn du eine klarere Antwort von mir hören willst: Ich denke, jemand, der unter Alkoholeinfluss einen Unfall verursacht und dabei Menschen tötet oder schwer verletzt, verdient eine harte Strafe – aber auch eine zweite Chance, wenn er bereut, was er getan hat, und keine Gefahr besteht, dass er so etwas noch einmal tun wird.«

      Wieder presste Jamie die Kiefer aufeinander und seine Hände ballten sich zu Fäusten. Robert legte ihm eine Hand auf die Schulter.

      »Ich weiß, dass das schwer für dich ist, aber du wolltest meine Antwort und ich lüge dich nicht an«, sagte er sanft. »Und ich erwarte ganz sicher nicht von dir, dass du das genauso siehst. Ich kann dir nur sagen, dass der Mann, der schuld an eurem Unfall ist, zutiefst bereut, was er getan hat. Er ist kein Monster. Er ist ein Familienvater und hat zwei kleine Töchter, die gerade mal halb so alt sind wie du und Jemma, und er –«

      »Aber das macht die Tatsache, dass er sich besoffen hinters Steuer gesetzt hat, doch nur noch unverzeihlicher!« Aufgebracht schüttelte Jamie den Kopf. »Er hat ja nicht nur das Leben anderer, sondern auch sein eigenes in Gefahr gebracht und seine Mädchen müssen jetzt ohne ihren Vater aufwachsen, weil er im Knast sitzt! Wenn man seine Familie liebt, dann macht man so einen Scheiß einfach nicht!« Wieder schüttelte er den Kopf. »Ich wäre ein ganz mieser Verteidiger.«

      Robert drückte seinem Sohn die Schulter. »Du bist in diesem Fall selbst betroffen, deshalb kannst du gar nicht objektiv sein. Aber die Fälle liegen ja nicht immer so. Manchmal werden Menschen völlig zu Unrecht beschuldigt und dann brauchen sie jemanden, der ihnen hilft, damit sie nicht unschuldig im Gefängnis landen.«

      Jamie schnaubte wenig überzeugt. »Ja, mag sein. Aber dieser Ian Huntley ist nicht unschuldig, oder? In den Nachrichten hieß es, dass sie DNA-Spuren gefunden haben.«

      Robert musterte ihn kurz, respektierte aber den abrupten Themenwechsel und sah seinen Sohn nur bedeutungsvoll an.

      Jamie rollte mit den Augen. »Ja, schon gut, ich weiß: Du darfst darüber nicht reden.«

      »Kluger Junge.« Neckend strubbelte Robert ihm durch die Haare und nahm dann einen Schluck von seinem Tee. »Ich glaube, wir zwei sollten uns ohnehin lieber über eine ganz andere Sache unterhalten. Dein medizinisches Gutachten ist nämlich heute Nachmittag bei mir eingegangen.«

      Stöhnend verbarg Jamie sein Gesicht in den Händen. »Ja, ich hab die E-Mail auch bekommen. Und nein, darüber müssen wir nicht noch mal reden. Das Gutachten ändert gar nichts.«

      »Aber damit hast du jetzt die offizielle Bestätigung dafür, dass du dir viel zu viele Gedanken machst. Deine Blutwerte sind in Ordnung, deine Medikamente sind sehr gut eingestellt und die Belastungsprüfung hast du auch locker bestanden. Bei normaler körperlicher Anstrengung ist mittlerweile zu über neunzig Prozent ausgeschlossen, dass spontane Muskelkrämpfe bei dir auftreten. Damit spricht nichts dagegen, dass du mit Jemma und Zack den Führerschein machst.«

      Jamie schüttelte den Kopf. »Nein. Zu zehn Prozent bin ich hundertprozentig eine Gefahr im Straßenverkehr und ich werde ganz sicher nicht riskieren, dass ich einen Unfall baue, wenn doch mal ein Krampfanfall auftritt.«

      Robert seufzte. »Ich kann verstehen, dass du davor Angst hast, aber du hast seit über einem halben Jahr keinen Anfall mehr gehabt. Und seit dem Sommer haben sich deine Motorik und deine Ausdauer enorm verbessert und deine Muskulatur ist viel kräftiger geworden. Du brauchst den Rollstuhl jetzt gar nicht mehr und dein Risiko für Anfälle ist nicht höher als bei einem Diabetiker, der am Steuer Unterzucker bekommen könnte.«

      »Das ist mir egal. Ich muss damit leben, wenn ich jemandem das antue, was dieser Scheißkerl Mum und mir angetan hat. Und das riskiere ich nicht. Ich weiß, du hast es mit dem Gutachten gut gemeint, aber ich will den Führerschein nicht machen. Ich hab Max, der mich fahren kann, und Zack und Jem können es ja auch bald. Ich will nicht selbst fahren und ich will das Thema jetzt auch nicht noch tausend Mal durchkauen. Bitte. Okay?«

      »Natürlich ist das okay. Es ist allein deine Entscheidung.«

      »Danke.«

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