Der Lizenzvertrag. Michael Groß
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(1) Allgemeines
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Die hier in Frage stehenden Rechtsmängel, die bei Vertragsabschluss lediglich noch nicht bekannt waren, waren denen, die erst später entstanden waren, gleichzustellen. In der Praxis waren vor allem Vorbenutzungsrechte und Abhängigkeit von anderen Patenten von Bedeutung. Deshalb sollen anhand von diesen beiden typischen Problemgruppen die Auswirkungen von Rechtsmängeln, die erst nachträglich auftreten, auf den Lizenzvertrag dargelegt werden.
(2) Abhängigkeit des Patents
(a) Allgemeines
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Der Hauptfall der sog. Abhängigkeit stellte sich derart dar, dass die in einem älteren Patent geschützte Erfindung von einem jüngeren Patent benutzt wurde, aber keine Identität, sondern eine Weiterentwicklung durch neue schöpferische Leistung vorlag. Wäre in einem solchen Fall die Erteilung des Patentes versagt worden, wäre hierdurch der Fortschritt gehemmt worden. Daher berührte die Abhängigkeit die Wirksamkeit des Patentes nicht102 und wurde vom Patentamt im Patenterteilungsverfahren auch nicht geprüft.103 Ebenso lag daher auch kein Nichtigkeitsgrund vor.104 Da die gewerbliche Verwertung der jüngeren Erfindung nur unter Benutzung des älteren Patentes erfolgen konnte, unterlag die Ausübung des jüngeren Patentes gegenüber dem Inhaber des älteren Patentes insofern einer Beschränkung, als die Zustimmung des Inhabers des älteren Patentes erforderlich war.105 Andernfalls hätte eine Patentverletzung vorgelegen. Das Verhältnis der Abhängigkeit eines Patentes zu einem Gebrauchsmuster ist in § 14 GebrMG geregelt.
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Die erforderliche Zustimmung des Inhabers des älteren Schutzrechtes kann im Wege der Lizenz erfolgen, wobei u.U. auch eine Zwangslizenz in Betracht zu ziehen ist. Anzumerken ist im Übrigen, dass die Abhängigkeit des Patentes nicht dem Inhaber des älteren Patentes das Recht gibt, das jüngere, abhängige Patent, d.h. also die Weiterentwicklung, zu benutzen.
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Zwischen älterem und jüngerem Patent sind die verschiedensten Überschneidungen möglich. Die Abhängigkeit kann vollkommen, teilweise oder auch nur hinsichtlich bestimmter Verwendungsmöglichkeiten bestehen. Es würde im Rahmen dieser Schrift jedoch zu weit führen, auf Einzelheiten einzugehen. Es darf auf die einschlägigen Kommentare verwiesen werden.106
(b) Auswirkungen auf die Lizenz
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Stellte sich erst nach Abschluss des Lizenzvertrages heraus, dass das zugrunde liegende Patent von einem anderen abhängig war, so zeigte sich deutlich, welcher Unterschied zwischen der Auffassung bestand, dass der Lizenzgeber durch den Lizenzvertrag lediglich auf sein Verbotsrecht verzichtete, und derjenigen, wonach der Lizenzgeber dem Lizenznehmer die Möglichkeit zur ungestörten Benutzung einräumen musste.107 Lag lediglich ein Verzicht auf das Verbotsrecht vor, so war der Vertrag auch erfüllt, wenn sich herausstellte, dass das zugrunde liegende Schutzrecht von einem anderen Recht abhängig war. War dagegen die Einräumung einer störungsfreien Benutzung der Erfindung Gegenstand des Vertrags, wie dies die herrschende Meinung annahm, so wurden die vertraglichen Rechte des Lizenznehmers durch eine Abhängigkeit beeinträchtigt, wenn der Inhaber des älteren Patents sein Verbotsrecht geltend machte. Im Gegensatz zur Nichtigkeit des Patents, bei der das Schutzrecht ganz entfällt, stand hier der Ausübung der Lizenz das Recht eines Dritten entgegen.
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Durch eine entsprechende Anwendung der pachtrechtlichen Bestimmungen108 ließen sich für Lizenzverträge angemessene und sinnvolle Ergebnisse erzielen. Der Lizenznehmer war danach für die Zeit, in der er vom Lizenzgegenstand keinen vertragsmäßigen Gebrauch machen konnte, von der Zahlung der Lizenzgebühr befreit. Lag lediglich eine Beeinträchtigung der vertraglichen Rechte vor, so konnte die Gebühr gemindert werden.109
Zu diesem Ergebnis kam auch die Entscheidung des Reichsgerichts vom 17.10.1934,110 wenn auch mit einer anderen Begründung. Das Gericht sah die Verpflichtung des Erfinders in dem zur Entscheidung stehenden Fall darin, eine patentfähige Erfindung zu liefern und nicht eine unabhängige. Die Vergütungspflicht sei daher begründet, aber nach Treu und Glauben111 unter Ausfüllung einer Vertragslücke zu mindern, weil infolge der Abhängigkeit eine zusätzliche Lizenz an den Inhaber des älteren Patents zu zahlen war. Diese gekünstelte Konstruktion war entbehrlich, wenn man die Verpflichtung des Lizenzgebers darin sah, den vertragsmäßigen Gebrauch einzuräumen und bei Störungen die Vorschriften über Pacht entsprechend anwendete.112
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Anstelle der dargelegten Rechte konnte der Lizenznehmer auch fristlos kündigen, wenn der Lizenzgeber eine ihm gestellte angemessene Frist zur Behebung der Störung – ohne Abhilfe zu schaffen – verstreichen ließ.113 Eine Behebung des aufgetretenen Rechtsmangels war dadurch möglich, dass das ältere Patent vernichtet wurde oder erlosch oder gerichtlich festgestellt wurde, dass eine Abhängigkeit nicht besteht, oder schließlich – und dies war der häufigste Fall – eine Genehmigung zur Benutzung des älteren Patents u.U. auch in Form einer Zwangslizenz erteilt wurde. Die Kündigung war jedoch nicht zulässig, soweit nur eine unerhebliche Behinderung oder Vorenthaltung der Benutzung vorlag, es sei denn, dass der Lizenznehmer ein besonderes Interesse an der Aufhebung des Vertrages nachweisen konnte.114
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Reimer115 wollte dem Lizenznehmer auch in den Fällen, in denen die Behinderung des Gebrauchs dadurch behoben werden konnte, dass der Inhaber des älteren Patents gegen Zahlung einer Lizenz ein Benutzungsrecht einräumte, ein Wahlrecht zwischen Minderung und Kündigung zugestehen, weil es dem Lizenznehmer nicht hätte zugemutet werden können, gegen seinen Willen langdauernde vertragliche Beziehungen mit dem ihm als Vertragskontrahenten vielleicht nicht erwünschten Inhaber des älteren Patents eingehen zu müssen. Es führte jedoch zu weit, dem Lizenznehmer auch noch ein Kündigungsrecht einzuräumen, wenn die Benutzung des jüngeren Rechtes nicht mehr beeinträchtigt wurde. Das Interesse des Lizenznehmers, mit dem Inhaber des älteren Rechtes nicht in vertragliche Verbindung zu treten, musste zurücktreten hinter dem Gesichtspunkt, dass die Vertragspartner an Verträgen, die für längere Zeit geschlossen worden sind, festzuhalten haben, wenn die Erfüllung möglich war, zumal wenn den Vertragspartner kein Verschulden an der vorübergehenden Störung traf und er alles daransetzte, diese zu beseitigen. Bei einem einfachen Lizenzvertrag, wie er hier zwischen dem Lizenznehmer und dem Inhaber des älteren Patents in Betracht kommt, besteht auch keine derart enge Bindung, dass es entscheidend auf die Person des Inhabers des älteren Patents ankäme. Im Übrigen ist es möglich, dass der Lizenzgeber vom Inhaber des älteren Patents eine Lizenz für sich und seinen Lizenznehmer erwirkt. Ein Schadensersatzanspruch gegen den Lizenzgeber bestand nur, wenn ihn ein Verschulden traf.116
(3) Vorbenutzungsrecht117
(a) Allgemeines
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Ähnlich war die Rechtslage, wenn sich nach Abschluss des Lizenzvertrages herausstellte, dass an der Erfindung ein Vorbenutzungsrecht bestand.118 Die Ausschließlichkeitswirkung des Patentes, nämlich das Recht, andere von dem Gebrauch des Patentgegenstandes auszuschließen, trat nicht gegen denjenigen ein, der z.Z. der Anmeldung die Erfindung bereits in Benutzung genommen oder die dazu erforderlichen Anstalten getroffen hatte. Der Vorbenutzer musste also Besitz an der Erfindung haben. Erfindungsbesitz nahm die Rechtsprechung und Rechtslehre im Gegensatz zu älteren Rechtsprechungen nicht nur bei der sog. Doppelerfindung, sondern auch bei Vorliegen anderer Tatbestände an.119 Man verstand unter Erfindungsbesitz den tatsächlichen Zustand, der nach der Verkehrsauffassung die Möglichkeit gewährte,