Wenn die Nacht stirbt und die Zeit still steht. Lisa Lamp

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Wenn die Nacht stirbt und die Zeit still steht - Lisa Lamp страница 11

Автор:
Жанр:
Серия:
Издательство:
Wenn die Nacht stirbt und die Zeit still steht - Lisa Lamp

Скачать книгу

konnte nicht verhindern, dass eine Träne sich aus meinem Augenwinkel löste und mir heiß die Wange hinunterlief, während seine Nase an meiner rieb. Er hatte recht. Aber was sollte ich tun? Ich konnte ihm nicht vergeben. Dafür war zu viel passiert. Nathalia, Rabiana und jetzt anscheinend diese Mary, die sich an ihn heranschmiss wie eine Schmeißfliege und er bemerkte es nicht einmal oder es kümmerte ihn nicht, obwohl ich ihr die Augen auskratzen wollte, wann immer sie ihn berührte.

      »Nein.« Es war nur ein kleines Wort, doch es verlangte mir alles ab. Meine Zunge war verkrampft und meine Nase gekräuselt, meine Gesichtsmuskeln angespannt. Jede Faser meines Körpers hätte am liebsten lauthals »Ja« geschrien, aber ich schaffte es, mich dagegen zu wehren. Meine Stimme klang belegt, als würde sie meine Trauer transportieren, aber zumindest brach sie diesmal nicht mitten im Satz und zeigte meine Schwäche. Ich musste stark sein. Jetzt mehr denn je. Doch ich schaffte es einfach nicht. In meiner Brust war ein unbändiger Druck, den ich nicht loswurde. Ich wollte schreien, weinen, lachen und schweigen. Am besten alles auf einmal, aber es ging nicht. In dem Bruchteil einer Sekunde, wo Hunter schwieg und seinen Mund öffnete, um etwas zu sagen, brach ich zusammen, weil ich Angst hatte vor seiner Reaktion. Was war, wenn er ging? Wenn er sich jemand anderen suchte, den er küssen konnte? Jemand, der nicht auf seinen Fehlern herumritt. Jemanden wie Mary. Ich sank auf die Knie und hielt mir die Hände auf die Ohren. Ich wollte nicht hören, was er noch zu sagen hatte. Ich konnte nicht mehr. Rabiana hatte mich zerstört und Hunter hatte ihr dabei geholfen. Aber wie hieß es so schön? Selbst ein Knicklicht muss erst brechen, um zu leuchten. Und ich würde nun heller strahlen als irgendjemand sonst. Ich musste nur die Krone meiner Familie finden und aufhören, mich wie eine pubertierende Schülerin zu benehmen. In der Theorie klang das gut, oder Mel? Fast einfach.

      Auch Du hattest gelogen, aber Dir hatte ich noch im gleichen Moment, in dem ich es erfahren hatte, vergeben. Warum fiel es mir dann bei meinem Gemahl so schwer? Vielleicht weil ich gehofft hatte, dass wir nach Nathalia nicht noch mehr durchmachen müssten oder alles leichter wird, wenn er nicht weiter unter dem Einfluss eines Tranks steht. Doch nun zu erfahren, dass er mich schon davor belogen hatte, war mehr, als ich gewillt war, zu verkraften. Tief atmete ich durch, bevor ich mich vom Boden abstieß, um wieder Auge in Auge Hunter gegenüberzustehen. Ich schluckte die Tränen hinunter und verschränkte die Arme vor der Brust. »Nein«, wiederholte ich und diesmal klang ich stark, als würde ich wirklich hinter meinen Worten stehen.

      »Ich hasse es, wenn du weinst. Überhaupt, wenn ich der Verursacher dieser Tränen bin«, flüsterte er mehr zu sich selbst und tat, als hätte ich nichts gesagt. Verwirrt sah ich ihn an, bis mir auffiel, dass mir immer noch Tränenflüssigkeit über die geröteten Wangen lief. Verdammt! Konnte mein Körper einmal tun, was ich von ihm wollte? Der Schwarzhaarige griff nach meinen Fingern und führte sie an seinen Mund, während er mit der anderen Hand mein Gesicht entlang wischte, um es von den Tränenspuren zu befreien. Sacht küsste er meine Fingerknöchel und ich schloss die Augen, um wenigstens nicht dabei zusehen zu müssen. In seinem Blick lagen so viele unausgesprochene Versprechen und ich konnte es einfach nicht ertragen, die Liebe zu sehen, die sich in seinen Iriden spiegelte. Sie schienen so vieles sagen zu wollen.

      »Jaimie?«, fragte ich hart und versuchte, meine Trauer in Wut umzuwandeln. Damit konnte ich besser umgehen. »Hast du ihn gefoltert? Hast du ihn persönlich zu Rabiana gebracht oder hast du uns nur abgelenkt, damit Jaimie allein ist, wenn sie ihn holen kommt?« Verbitterte, alte Hausfrauen waren ausgeglichener als ich, Mel. Als gäben meine Stimmungsschwankungen nicht genug Grund zur Sorge, dass ich verfrüht in die Wechseljahre kam – nein, ich war auch noch frustriert und hatte Hitzewallungen.

      »Nein«, schrie Hunter entrüstet und schloss die Augen, als würde er sich schämen, dass ich so etwas von ihm glauben konnte. »Ich hab den Schutzwall der Schule an manchen Tagen auf Rabianas Wunsch lahmgelegt, aber bitte glaub mir, ich hatte keine Ahnung, dass sie es an diesem Tag auf Jaimie abgesehen hatte und es war das letzte Mal, dass ich irgendetwas für diese Frau getan habe.« Meine Knie zitterten unaufhörlich, als Hunter seine Lippen langsam auf meine senkte. Ich hatte ihm noch nicht vergeben. Vielleicht konnte ich es nie, aber für heute hatte ich genug gekämpft und ich hatte meine Antwort bekommen. Hunter hatte Jaimie nicht wissentlich verletzt und war das nicht auch etwas wert? Ich wollte ihm glauben und festgehalten werden. Nur für einen Augenblick. Niemand konnte mir so viel Halt geben wie Hunter. Ich wusste nicht, was aus uns werden würde, und wahrscheinlich war es egoistisch von mir, ihn in dem Glauben zu lassen, dass zwischen uns wieder alles gut werden würde, aber er hatte Schlimmeres getan, als mich in Sicherheit zu wiegen. Ich hatte kein schlechtes Gewissen, als ich meinen Mund leicht öffnete und keuchte. Seine Zunge leckte über meine obere Zahnreihe und glitt in meine Mundhöhle. Ich hatte diesen Geschmack vermisst, genauso wie das Kribbeln in meinem Bauch, das sich anfühlte, als würden tausende Raupen sich zu Schmetterlingen verwandeln. Hunter vergrub seine Hand in meinem Nacken und ich legte meine Arme um seine Mitte. Die Ecke eines Bücherrückens drückte sich gegen meinen Kopf, als er sein Gewicht auf mich lehnte und seinen Körper an meinen presste. Es tat weh und ließ sich nicht ignorieren, auch wenn ich mich auf Hunters lustvolle Geräusche konzentrierte. Einen Moment löste ich mich von ihm, um meine Position zu verändern, als ein Schnauben erklang. Erschrocken fuhren wir auseinander und sahen uns nach dem Störenfried um.

      »Lasst euch nicht stören«, zischte Mary, die den Raum betrat, und holte Hunter und mich aus unserer Blase. Sie zog arrogant eine Augenbraue nach oben und lehnte sich lässig gegen den Türrahmen, um uns weiter zu beobachten. Hunter drehte den Kopf in ihre Richtung, entschied aber, dass sie keine Gefahr darstelle und wollte einfach wieder seine Lippen auf meine drücken. Ich zuckte zurück und rückte von ihm ab. Ich war nicht scharf darauf, mich von ihr bespannen zu lassen, während Hunter mich küsste. Mein Gemahl schien das zu bemerken und runzelte die Stirn.

      »Mary, würdest du uns bitte alleine lassen?«, fragte mein Gemahl freundlich und drehte seinen Kopf in ihre Richtung. Trotzdem blieb seine Hand in meinem Nacken und streichelte meinen Haaransatz. Obwohl seine Stimme keinen Groll erahnen ließ, zeigten seine Augen, dass Mary unerwünscht war. Sie schienen Funken zu sprühen und er drückte seinen Körper näher an mich, um zu signalisieren, dass er nicht gewillt war aufzuhören, um ihr mehr Beachtung zu schenken.

      »Das würde ich zu gern, aber deine Mutter schickt mich«, säuselte Mary und ich sah mich nach einem Buch um, das schwer genug war, damit die Jägerin starb, wenn ich es ihr für diese Lüge an den Kopf warf. Sie würde sich lieber beide Augen ausstechen und sie anschließend essen, statt uns allein zu lassen. Sie hasste mich. Jeder Blinde konnte das sehen. Ich war wie ein Dorn in ihrer Haut. Ich schmerzte, verursachte gerötete Stellen und wäre ihrer Meinung nach am besten operativ entfernt worden.

      »Egal, was sie mit mir zu besprechen hat, es kann warten«, antwortete Hunter ungeduldig und senkte seinen Kopf wieder. Er leckte sich verheißungsvoll über die Lippen, als sie über meinen schwebten, und wollte sie gerade sinken lassen, als Mary uns abermals unterbrach.

      »Was kann wichtiger sein, als Rabianas Sturz zu planen?«, hinterfragte Mary spitz und mein Gemahl seufzte schwer, während ich die Augen verdrehte. Noch nie hatte ich eine Person kennengelernt, die derart penetrant war wie diese hochnäsige Jägerin.

      »Das darf nicht wahr sein«, murmelte er flehend, als würde er die Göttin persönlich bitten, Mary in Rauch aufgehen zu lassen, aber als das nicht passierte, sah er auf. »Dass es Read gut geht, dass niemand meiner Freunde verletzt ist, dass sie alle mir wieder vertrauen, dass ich die schönste Frau der Welt im Arm halten und sie um den Verstand küssen kann. Wenn du mich so fragst, würden mir eine Menge Dinge einfallen.« Das Streicheln in meinem Nacken stoppte und Hunter fuhr meine Schultern entlang und meinen Arm hinunter, bis er bei meiner Hand ankam und sie mit seiner verschränkte, als würde er seine Worte unterstreichen wollen. Marys Gesichtszüge entgleisten einen Augenblick, bevor sie sich wieder fasste und die Lippen zu einem dünnen Strich verzog. Hatte Hunter sich beim Essen wirklich überrumpeln lassen und die Flirterei nichts zu bedeuten?

      »Morena will nichts von dir. Sie bittet deine Freundin zum Gespräch«, verkündete

Скачать книгу