Dienstvereinbarungen nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland (MVG-EKD). Christian Warns
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Im zweiten Kapitel werden die Ansätze gewürdigt, mittels derer versucht wird, im staatlichen Recht eine normative Wirkung der Betriebsvereinbarung zu begründen (hierzu unter § 6 A.)39. Ferner wird kritisch zu der Auffassung Stellung bezogen, dass eine normative Wirkung der Dienstvereinbarung allein schon deshalb nicht in Betracht komme, weil sich die Kirche im Wege einer bindenden Rechtswahl auf die Anwendung der staatlichen Privatrechtsordnung festgelegt habe (hierzu unter § 7 D. II.)40.
Im dritten Kapitel erfolgt anlässlich der Untersuchung zur grundsätzlichen Reichweite der Regelungsbefugnis der Dienstvereinbarungsparteien eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem durch die §§ 37 ff. MVG-EKD geregelten Verfahren der Beteiligung der Mitarbeitervertretung (hierzu unter § 10 A.)41. Eingehend wird der Frage nach der Zweckrichtung der Mitbestimmung und des Mitarbeitervertretungsrechts nachgegangen; aufgegriffen werden die klassischen Ansätze zur Schutz-, Teilhabe- und Ausgleichsfunktion der betrieblichen Mitbestimmung und auf ihre Relevanz für das kirchliche Mitarbeitervertretungsrecht überprüft (hierzu unter § 10 A. III.)42.
Im vierten Kapitel wird zur Bedeutung des Günstigkeitsprinzips vor dem Hintergrund einer begrenzten Regelungsbefugnis Stellung genommen (hierzu unter § 11 A.)43. Untersucht wird ferner, ob die Dienstvereinbarung als kirchenrechtliches Rechtsinstitut einer AGB-Kontrolle nach Maßgabe der §§ 305 ff. BGB zu unterziehen ist (hierzu unter § 11 D. I. 1.)44. Schließlich wird der Nachweis geführt, dass auch die Dienstvereinbarungsparteien in gewissem Umfang einer Grundrechtsbindung unterliegen; befürwortet wird eine privatrechtsvermittelte Grundrechtsbindung (hierzu unter § 11 D. II. 2. c.)45. Erörtert wird außerdem, wie der von der Vorrangtheorie und der Zwei-Schranken-Theorie geführte Streit um die zutreffende Verhältnisbestimmung der §§ 77 Abs. 3, 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG die Auslegung des Mitarbeitervertretungsrechts beeinflusst (hierzu unter § 12 B. II. 2.)46.
37Siehe S. 42 ff.
38Siehe S. 62 ff.
39Siehe S. 98 ff.
40Siehe S. 132 ff.
41Siehe S. 180 ff.
42Siehe S. 199 ff.
43Siehe S. 264 ff.
44Siehe S. 270 ff.
45Siehe S. 285 ff.
46Siehe S. 308 ff.
§ 1 Staatskirchenrechtliche Grundlegung
Die Evangelische Kirche in Deutschland, die Landeskirchen und die verschiedenen privatrechtlich organisierten Einrichtungen der Kirche wie das Diakonische Werk e. V. greifen zur Ausgestaltung des kirchlichen Dienstes überwiegend auf die vom staatlichen Gesetzgeber ausgestaltete Privatrechtsordnung zurück. So wird insbesondere das Rechtsverhältnis zwischen dem einzelnen Mitarbeiter und dem kirchlichen Dienstgeber nicht selten durch einen Arbeitsvertrag begründet und ausgestaltet. Demgegenüber handelt es sich beim Mitarbeitervertretungsrecht um klassisches Kirchenrecht, das unabhängig von staatlichen Stellen durch die kirchlichen Organe erlassen wird. Aufgrund des Mitarbeitervertretungsgesetzes kann in einer Dienststelle eine Mitarbeitervertretung eingerichtet werden, die wiederum gemeinsam mit der Dienststellenleitung gewisse Angelegenheiten, die die Mitarbeiter einer Dienststelle betreffen, regeln darf. Als zentrales Regelungsinstrument wird ihnen durch das Mitarbeitervertretungsgesetz die Dienstvereinbarung als kirchenrechtliches Rechtsinstitut zur Verfügung gestellt. Insoweit nun allerdings durch eine Dienstvereinbarung auch die privatrechtlich begründeten Rechtsverhältnisse innerhalb einer Dienststelle ausgestaltet werden sollen, stoßen mit der Privatrechtsordnung einerseits und dem Mitarbeitervertretungsrecht andererseits staatliches und kirchliches Recht aufeinander. Dies führt unweigerlich zu der Frage, in welchem Verhältnis kirchliches und staatliches Recht stehen; hieran schließt sich die Frage nach dem grundsätzlichen Verhältnis von Staat und Kirche an.
A. Verhältnis von Staat und Kirche
Für die Verhältnisbestimmung von Staat und Kirche sowie ihrer Rechtsordnungen bietet es sich zunächst an, aus der jeweiligen Perspektive das Verhältnis näher zu betrachten. Begonnen wird mit der staatlichen Perspektive, im Anschluss wird der Blick auf die kirchliche Perspektive gelenkt.
I. Staatliche Perspektive
Die Sichtweise des Staates auf die Rechtsetzung der Kirchen wird maßgeblich durch das Verfassungsrecht bestimmt. Als zentrale Vorschrift, die das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen anerkennt, ist die durch Art. 140 GG in das Grundgesetz inkorporierte Vorschrift des Art. 137 Abs. 3 WRV zu betrachten:
„Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.“
1. Staatskirchenrechtlicher Kompromiss der Weimarer Reichsverfassung
Art. 137 Abs. 3 WRV ist Teil eines historischen Kompromisses in der Frage um die Trennung von Staat und Kirche, den die verfassungsgebende Nationalversammlung mit den Staatskirchenartikeln der Weimarer Reichsverfassung umgesetzt hat. Einigkeit bestand in der Nationalversammlung jedenfalls im Grundsatz darüber, dass parteiübergreifend die Abgeordneten eine Trennung47 von Kirche und Staat befürworteten.48 Gestritten wurde allerdings darüber, wie weitgehend diese Trennung vorzunehmen sei. Es waren vor allem die Vertreter der SPD und der USPD, die forderten, die Religionsgemeinschaften den privaten Vereinen vollständig gleichzustellen und kirchliche Privilegien umfänglich abzubauen.49 Nur am Rande wurde indes auch eine staatliche Einmischung in das Selbstverwaltungsrecht der Kirche gefordert.50 Demgegenüber wollten die Vertreter der bürgerlichen Parteien (DVP, DDP, DNVP) und des Zentrums an einigen Privilegien der Kirchen wie dem Körperschaftsstatus oder dem Besteuerungsrecht festhalten. Insbesondere die Diskussion51 um den – damals noch hoch umstrittenen und ungeklärten – Körperschaftsstatus verdeutlicht, dass einerseits eine Einflussnahme des Staates auf die Kirche,52 andererseits aber auch die Möglichkeit eines behördlichen Tätigwerdens der Kirchen befürchtet wurde.53 Dass schließlich eine privilegierte Stellung der Kirchen gegenüber privaten Vereinen in der Weimarer Verfassung ihren Niederschlag finden konnte, war zum einen der Anerkennung der Kirchen als Träger gesellschaftlicher Verantwortung – insbesondere im Wohltätigkeitsbereich –54 und zum anderen der Ermöglichung des privilegierten Status auch für andere Religionsgemeinschaften und Weltanschauungsverbände