Neue Theorien des Rechts. Группа авторов

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auf das Verhältnis von Recht und GewaltRecht und Gewalt vor[272]. Sowohl die Einsetzung einer Rechtsordnung, als auch ihre Aufrechterhaltung, so BenjaminBenjamin, Walter, sei auf die Gewalt als Mittel angewiesen. BenjaminBenjamin, Walter unterscheidet daher zwischen rechtssetzender und rechtserhaltender Gewalt.

      Für BenjaminBenjamin, Walter ist der Akt der Rechts(ein)setzung auf zweifache Weise mit Gewalt verbunden. Zum einen wird eine neue Ordnung häufig mit Hilfe von |70|Gewalt (zum Beispiel durch eine Revolution, einen Unabhängigkeitskampf oder der Neugründung eines Staates) eingesetzt. Die Gewalt verschwindet aber nicht, sobald sich die neue Rechtsordnung etabliert hat. Vielmehr lebt sie in ihr fort. Denn die mit der neuen Ordnung gesetzten Rechtszwecke könnten sich nun auf Gewalt als legitimes Mittel zu ihrer Durchsetzung berufen. Der an die Gewalt gebundene Zweck werde damit »als Recht unter dem Namen der Macht« eingesetzt«[273]. Die rechtsetzende Gewalt bedient sich also nicht nur der Gewalt als Mittel, sondern bestimmt gleichzeitig zu welchen Zwecken der Staat in Zukunft (rechtserhaltende) Gewalt anwenden darf. Dabei kann sie nicht begründen, an welcher Stelle die Grenze zwischen sanktionierter und nicht sanktionierter Gewalt gezogen wird. Um ein Beispiel zu nennen: Wie lässt sich begründen, dass ein Todesfall im Kontext eines bewaffneten Raubüberfalls als unzulässige Gewalt kriminalisiert werden muss, ein Todesfall in der Folge von Armut oder Unterernährung aber zulässige Gewalt darstellt[274]? Bei BenjaminBenjamin, Walter heißt das: »Rechtsetzung ist Machtsetzung[275]. DerridaDerrida, Jacques hat in seiner Lektüre Benjamins diese zweite Funktion der Gewalt im Zuge der Rechtssetzung als Gründungsgewalt oder foundational violence bezeichnet[276]. Gewalt bezeichnet hier nicht physische Gewalt, sondern den Umstand, dass dem gesetzten Recht ein letzter Grund fehlt, dies aber vom Recht verschleiert wird[277].

      BenjaminBenjamin, Walter zufolge ruft jede rechtsetzende Gewalt eine zweite Art der Gewalt auf den Plan, die er rechtserhaltende Gewalt nennt. Es sei ein Reflex jeder Rechtsordnung sich gegen Akte der Rechtssetzung zu wehren, die die bisher etablierte Ordnung herausfordern. So versucht jede Rechtsordnung zum Beispiel über das Strafrecht Verhalten zu unterbinden, das die bestehende Werteordnung untergräbt. Allerdings – und dies ist der springende Punkt der Benjaminschen Analyse – dient die rechtserhaltende Gewalt nicht nur der Aufrechterhaltung einer bereits etablierten Rechtsordnung, sondern sie hat sich in ihrer tatsächlichen Manifestation immer schon mit einer neuen rechtssetzenden Gewalt vermischt. Ein Ort dieser laut BenjaminBenjamin, Walter »gespenstischen Vermischung« von rechtserhaltender und rechtssetzender Gewalt ist die Polizei. Dient sie offiziell dazu die etablierte Ordnung aufrecht zu erhalten, kommt es im konkreten Einsatz immer wieder zur eigenständigen Auslegung der Rechtslage durch die Exekutive, und dadurch zu einer neuen Rechtssetzung. Für Benjamin ist diese Vermischung von rechtssetzender und rechtserhaltender Gewalt nicht lediglich – wie es die liberale |71|Rechtstheorie deutet – eine vermeidbare Übertretung der Gesetze durch die Polizei, sondern sie ist vielmehr in der Offenheit der Rechtsvorschriften selbst angelegt[278].

      Weil jede rechtsetzende Gewalt auf rechtserhaltende Gewalt angewiesen ist, um die Existenz der von ihr eingesetzten Rechtsordnung zu sichern, und dadurch »indirekt sich selbst schwächt«, spricht BenjaminBenjamin, Walter von einem Schwankungsgesetz, dem die modernen Rechtsordnungen unterliegen[279]. Aus dieser Perspektive erscheint die Geschichte historischen und politischen Wandels als ein zur Wiederholung verdammter Zyklus, in dem sich rechtssetzende und rechtserhaltende Gewalt ablösen. Weil Recht und GewaltRecht und Gewalt auf diese Weise schicksalshaft miteinander verquickt sind, stellt sich für BenjaminBenjamin, Walter die Frage, wie der Übergang zu einer neuen Ordnung möglich ist, die aus diesem Zyklus ausbricht und damit nicht länger auf Gewalt angewiesen ist.

      II. Zur Legalisierung des NatürlichenLegalisierung des Natürlichen bei Christoph MenkeMenke, Christoph

      Auch der Frankfurter Rechtsphilosoph Christoph MenkeMenke, Christoph beschreibt eine Gewalt, die vom Recht ausgeht und die – ähnlich wie die rechtssetzende Gewalt Benjamins – durch die Einsetzung des Rechts entsteht. Anders als bei BenjaminBenjamin, Walter liegt der Fokus Menkes aber nicht auf historisch-politischen Zyklen, sondern auf der politischen Wirkungsweise des Rechts. Die Gewalt, die MenkeMenke, Christoph beschreibt, betrifft das Verhältnis von Recht und dem, was er Nicht-Recht nennt.

      MenkeMenke, Christoph untersucht dieses Verhältnis anhand der subjektiven Rechtesubjektive Rechte[280]. In seiner Kritik der Rechte versucht Menke zu zeigen, dass »die bürgerliche Form der subjektiven Rechtesubjektive Rechte […] auf einem Fehler [beruht]« und eben dieser Fehler dazu führe, dass der Mensch auf ein bestimmtes Menschenbild festgelegt wird. Dazu präzisiert er zunächst die Herangehensweise seiner kritischen Analyse der Rechte:

      [Die Kritik am juridischen LiberalismusLiberalismus] besteht in nichts anderem als darin, die Frage zu stellen (die der Liberalismus nicht stellt), warum der Status der Gleichheit sich als subjektive Rechtesubjektive Rechte der Person darstellt. Warum nimmt jener Inhalt diese Form an? Warum überhaupt (subjektive) Rechte, wenn es um Gleichheit geht[281]?

      Wie auch bei Benjamins Kritik der Gewalt gilt Menkes Kritik der Rechte nicht lediglich der liberalen Rechtsordnung, sondern auch der liberalen Rechtstheorie. In Menkes Worten: dem LiberalismusLiberalismus. Denn dieser reproduziere lediglich die Logik und Begründung der Rechte, nehme sie für bare Münze und könne daher nichts zu deren Verständnis beitragen. MenkeMenke, Christoph rekonstruiert zunächst diese liberale Begründung der Rechte ausführlich in zwei Schritten. Das Neue am |72|modernen Recht sei, dass es seine eigene Normativität hervorbringen müsse;[282] d.h., die Kriterien für eine gerechte Ordnung ließen sich im modernen Recht nicht länger mit Verweis auf eine anders abgeleitete gute Ordnung bestimmen. Ausgehend von einer Ideengeschichte der Rechte im Privatrecht kommt er zu dem Schluss, dass das Recht seine eigene Normativität durch die »Legalisierung des NatürlichenLegalisierung des Natürlichen« herstellt. Was ist damit gemeint?

      Liberale Theorien des Rechts gehen, so MenkeMenke, Christoph, von einem natürlichen, vorrechtlichen Trieb des Menschen zur Selbsterhaltung aus. Die Selbsterhaltung zu garantieren und zu ermöglichen werde im modernen Recht zum Zweck. Indem das Recht den inneren Selbsterhaltungstrieb zum Grund seiner Existenz mache, werde dieser Trieb für das Recht unantastbar. Reglementierend eingreifen dürfe das Recht dem LiberalismusLiberalismus zufolge lediglich bezüglich der Umsetzung dieses Triebes, so dass alle Menschen gleichermaßen der Selbsterhaltung nachkommen können[283].

      Subjektive Rechtesubjektive Rechte erfüllen laut MenkeMenke, Christoph eine Funktion der Selbstbeschränkung des Rechts gegenüber dem Vor- oder Außerrechtlichen, also der Materie[284]. Weil es seinen normativen Geltungsanspruch in Bezug auf dieses Vorrechtliche oder »Natürliche« begründet, spricht MenkeMenke, Christoph von der »Legalisierung des NatürlichenLegalisierung des Natürlichen«. Anders als von liberalen Rechtstheorien angenommen, bringen also nicht Subjekte eine Rechtsordnung, sondern Rechte das moderne Subjekt hervor[285]. Weil das liberale Recht zu seiner normativen Begründungen etwas voraussetzt (nämlich natürlich-faktische Strebungen nach Selbsterhaltung), was es allerdings selbst erst als natürlich hervorbringt, ist für MenkeMenke, Christoph das Recht ontologisch falsch. Dies ist der Kern der Menk’schen RechtskritikRechtskritik: »Die positivistische Falschheit der Form der subjektiven Rechtesubjektive Rechte besteht in ihrer Paradoxieverleugnung«[286].

      Zwar entwickelt MenkeMenke, Christoph seine Kritik der Rechte aus einer Analyse des modernen, bürgerlichen Rechts, doch anders als zum Beispiel marxistische Kritiken des bürgerlichen Rechts betrifft seine rechtsphilosophische Betrachtung nicht die Rolle der bürgerlichen Rechte bei der Aufrechterhaltung kapitalistischer Akkumulations- und Ausbeutungsverhältnisse (obwohl er diese ausführlich betrachtet)[287]. Vielmehr spitzt er die Kritik der Rechte auf ihre Funktion in der Begrenzung und Ermöglichung politischen Wandels zu. Das Problematische an der falschen Ontologie der Rechte: Indem subjektive Rechtesubjektive Rechte menschliche Bestrebungen nach Selbsterhalt als natürlich voraussetzen, verfestigen sie ein bestimmtes, |73|gesellschaftlich und historisch gewachsenes, Menschenbild (das des Bourgeois) und entziehen es der Veränderung[288].

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