Klausurenkurs im Strafprozessrecht. Marco Mansdörfer
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Der Befangenheitsantrag von Y ist zulässig und begründet und hat daher Aussicht auf Erfolg.
Frage 2
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Sollte dem Antrag nicht stattgegeben werden, resultiert daraus ein Verfahrensfehler durch die Mitwirkung des V. Ein verfahrensfehlerfreies Urteil kann somit nicht ergehen, wenn V weiterhin als Richter dem Prozess beiwohnt.
Der dann auftretende Verfahrensfehler führt dazu, dass ein absoluter Revisionsgrund nach § 338 Nr. 3 StPO vorliegt, sodass eine Revision des Y unter Beachtung der entsprechend weiteren Voraussetzungen Aussicht auf Erfolg hat.
Abwandlung
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Fraglich ist, ob im Strafprozess eine Ablehnung des Staatsanwalts wegen der Besorgnis der Befangenheit überhaupt möglich ist.
1. Direkte Anwendung von §§ 24 ff. StPO
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Denkbar ist insoweit zunächst ein Rückgriff auf die gesetzlichen Regelungen in §§ 24 ff. StPO. Diese Normen betreffen zwar den Fall der Besorgnis der Befangenheit, gelten allerdings infolge ihres klaren Wortlauts nur für eine Ablehnung des Richters.[7] Eine Ablehnung des Staatsanwalts wegen der Besorgnis der Befangenheit kennt die StPO nicht.[8]
2. Analoge Anwendung von §§ 24 ff. StPO
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Möglicherweise können die §§ 24 ff. StPO auf Fälle der Ablehnung eines Staatsanwalts wegen der Besorgnis der Befangenheit analog angewendet werden. Dazu müssen die Voraussetzungen einer Analogie vorliegen.
a) Planwidrige Regelungslücke
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Die StPO enthält keine Regelungen für diesen Fall. Mithin liegt eine Regelungslücke vor. Fraglich ist jedoch, ob diese Regelungslücke auch planwidrig ist.
Dafür spricht, dass der Fall der Ablehnung des Staatsanwalts wegen der Besorgnis der Befangenheit durchaus häufiger auftritt und daher ein Regelungsbedürfnis besteht.
Allerdings hat der Gesetzgeber in den §§ 22 ff. StPO ausführliche Regelungen zur Ausschließung und Ablehnung von Richtern getroffen. Hätte er auch den Fall der Staatsanwälte regeln wollen, so hätte er dies getan. Eine vergleichbare Norm zu § 31 Abs. 1 StPO, die auf Staatsanwälte Bezug nimmt, fehlt jedoch.
Mithin ist nicht von einer planwidrigen Regelungslücke auszugehen.[9]
b) Ergebnis
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Die Analogievoraussetzungen liegen nicht vor. Eine analoge Anwendung von § 24 StPO scheidet aus.
3. Heranziehung des Rechtsgedankens der §§ 22 ff. StPO
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Teilweise wird versucht, die Voraussetzungen einer Analogiebildung dadurch zu umgehen, dass die §§ 22 ff. StPO nicht analog angewendet werden, sondern deren Rechtsgedanke auf die Situation des potentiell befangenen Staatsanwalts übertragen wird.[10] Beulke/Swoboda sprechen insoweit von einer „eingeschränkten Analogie“.[11]
Dagegen spricht jedoch, dass die Fallgruppe der „eingeschränkten Analogie“ nicht allgemein anerkannt ist und letztlich die anerkannten Analogievoraussetzungen umgangen werden.
4. Vorgehen außerhalb der §§ 24 ff. StPO
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Zwar kann jederzeit versucht werden, infolge des Weisungsrechts des Dienstvorgesetzten (§§ 145 f. GVG) eine Ablösung des für befangen gehaltenen Staatsanwalts zu erreichen, dabei handelt es sich aber nicht um ein Ablehnungsgesuch wegen der Besorgnis der Befangenheit, sondern um eine Dienstaufsichtsbeschwerde. Hilft der Dienstvorgesetzte dieser Beschwerde nicht ab, so stehen dem Beschwerdeführer nach h.M. keine prozessualen Mittel zu, um eine Ablösung zu erzwingen.[12] Die Mitwirkung eines befangenen Staatsanwalts in der Hauptverhandlung gilt jedoch als relativer Revisionsgrund i.S.d. § 337 Abs. 1 StPO.[13]
Somit kann Y den Staatsanwalt nicht mittels eines Befangenheitsantrages ablehnen. Er kann auf dessen Ersetzung hinwirken. Ein prozessualer Anspruch darauf besteht allerdings nicht.[14]
Anmerkungen
BGH, NStZ 2016, 218 (219).
BGH, NStZ 2016, 218 (219); ebenso: BGHSt 21, 334 (341); BGHSt 43, 16 (18); G/J/T/Z/Temming § 24 StPO Rn. 6; Meyer-Goßner/Schmitt/Schmitt § 24 StPO Rn. 6.
MüKoStPO/Conen/Tsambikakis § 24 StPO Rn. 16; Graf/Cirener § 24 StPO Rn. 5; Roxin/Schünemann § 8 Rn. 7.
Vgl. etwa zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG Manssen Rn. 254 ff.
BGH, NStZ 2016, 218 (219).
BGH, NStZ 2016, 218 (219).
Zu beachten ist § 31 Abs. 1 StPO.
BGH, NJW 1980, 845 (846); Pfeiffer § 22 StPO Rn. 3; G/J/T/Z/Temming Vor §§ 22 ff. StPO Rn. 6.
Siehe auch: Arloth, NJW 1983, 207 (207 f.); Schneider, NStZ 1994, 457 (457); G/J/T/Z/Temming Vor §§ 22 ff. StPO Rn. 6; Graf/Cirener § 22 StPO Rn. 34.
Beulke/Swoboda