Gesellschaftsrecht II. Recht der Kapitalgesellschaften. Ulrich Wackerbarth
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Gesellschaftsrecht II. Recht der Kapitalgesellschaften - Ulrich Wackerbarth страница 39
c) Zurechnung deliktischer Verantwortlichkeit
133
Die Gesellschaft kann selbst keine unerlaubten Handlungen begehen. Sie haftet jedoch für unerlaubte Handlungen, die ihr Vorstand oder Geschäftsführer begeht, gem. § 823 BGB (oder jeder anderen Anspruchsgrundlage aus dem Deliktsrecht) i.V.m. § 31 BGB analog auf den bei einem Dritten eingetretenen Schaden. Damit ist die Haftung der Kapitalgesellschaft für unerlaubte Handlungen jedoch nur unvollkommen beschrieben. Denn nicht nur für ihren Vorstand oder Geschäftsführer, auch für das Verhalten ihrer Aufsichtsratsmitglieder und ihrer Arbeitnehmer kann die Gesellschaft haften. Die Haftung für das Verhalten eines eventuellen Aufsichtsrates ergibt sich ebenfalls aus § 31 BGB. Der BGH hat den Begriff des verfassungsmäßigen Vertreters in dieser Vorschrift sehr weit ausgelegt und versteht darunter sämtliche Personen in leitender Stellung, etwa Prokuristen, sogar solche Personen ohne Vertretungsmacht, soweit ihnen wichtige Funktionen zur eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind. Auf diese Weise ist § 31 BGB im Verlauf zu einer Repräsentantenhaftung ausgebaut worden.[3]
Das Verhalten weisungsgebundener Arbeitnehmer der Kapitalgesellschaft kann jedoch im Grundsatz nur über § 831 BGB i.V.m. § 31 BGB zugerechnet werden. Die Haftung aus § 831 BGB ist eine Haftung für vermutetes Auswahl- und Überwachungsverschulden. Letzten Endes wird der Kapitalgesellschaft dann ein solches vermutetes Verschulden ihres gesetzlichen Vertreters nach § 31 i.V.m. § 831 BGB zugerechnet, falls dieser gesetzliche Vertreter sich nicht nach § 831 Abs. 1 S. 2 BGB entlasten kann.
Teil 3 Gläubigerschutz › § 5 Grundfragen und Prinzip der Kapitalerhaltung › II. Die Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen
1. Was bedeutet „beschränkte“ Haftung?
134
Kapitalgesellschaften sind Gesellschaften mit Haftungsbeschränkung, wie es § 1 GmbHG ausdrücklich sagt, wie es aber auch für die AG gilt. Nach den Grundregeln in § 1 Abs. 1 S. 2 AktG und § 13 Abs. 2 GmbHG haftet den Gläubigern für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft nur das Gesellschaftsvermögen. Die Gläubiger müssen sich also aus dem Vermögen der Gesellschaft befriedigen. Sie können, soweit nicht einer der Ausnahmetatbestände der Durchgriffshaftung[4] (dazu unten Rn. 303 ff.) vorliegt, grundsätzlich die Gesellschafter nicht für die Verbindlichkeiten und sonstigen Pflichten der Gesellschaft in Anspruch nehmen (Trennungsprinzip). Durch die Gründung einer GmbH oder AG erlangt der (bzw. erlangen die) Gesellschafter also eine prinzipielle Aufteilung und Trennung des eigenen Vermögens in ein gesondertes unternehmerisches Vermögen einerseits und ein davon getrenntes Privatvermögen. Diese Trennung bleibt auch dann aufrechterhalten, wenn das Vermögen der Kapitalgesellschaft zur Befriedigung der Gläubiger nicht mehr genügt. Auch in einem Insolvenzverfahren haften also weder Gesellschafter noch Geschäftsführer für die Schulden der Gesellschaft. Auch die Gesellschafter selbst müssen sich allerdings an die einmal gewählte Trennung des unternehmerischen von ihrem privaten Vermögen halten, sonst kann es zur Durchgriffshaftung, also der Aufhebung der Trennung, kommen (siehe Rn. 303).
2. Haftungsbeschränkung und besondere Haftungstatbestände für Gesellschafter und/oder Geschäftsleiter
135
Die Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen schließt nicht aus, dass einzelne Gesellschafter oder Geschäftsleiter parallel zur Haftung der Gesellschaft den Gläubigern etwas schulden. Für solche Pflichten bedarf es aber stets eines besonderen Verpflichtungsgrundes, etwa eines gesonderten Vertrages oder einer zum Schadensersatz verpflichtenden Handlung.
136
Hier zu erwähnen sind einerseits besondere vertragliche und vertrauenshaftungsrechtliche Ansprüche gegen einzelne Gesellschafter oder Geschäftsleiter der Gesellschaft. Sie können nämlich als natürliche Personen selbstverständlich nach den allgemeinen Regeln des BGB aus einer von ihnen abgegebenen Garantie oder Bürgschaft oder einer sog. externen Patronatserklärung einzelnen Gläubigern der Gesellschaft haften. Ähnliches soll gelten, wenn namentlich der Geschäftsführer einer GmbH „ein besonderes persönliches Vertrauen des Vertragspartners der Gesellschaft in Anspruch genommen hat“.[5] Das wird etwa der Fall sein, wenn der Geschäftsführer einem Vertragspartner der GmbH sagt, er „stehe mit seinem guten Namen für die Erfüllung des Vertrags ein“, nicht ausreichend dagegen: „Geld ist für die Firma kein Problem“.[6] Dann haftet der Geschäftsführer dem Vertragspartner unmittelbar aus §§ 280, 311, 241 Abs. 2 BGB (c.i.c.) auf Schadensersatz, sollte seine Zusage nicht eintreffen. Mit solchen selbstständigen Verpflichtungsgründen sollte man freilich sehr vorsichtig sein.
137
Für ihr eigenes Tun können Geschäftsleiter und Gesellschafter ferner deliktisch gem. §§ 823, 830 BGB haften und insoweit ebenfalls unmittelbar von den Gläubigern in Anspruch genommen werden. Daher wird in aller Regel in den Fällen der oben dargestellten Zurechnung gem. § 31 BGB neben der Kapitalgesellschaft auch das handelnde Organmitglied persönlich dem Geschädigten als Gesamtschuldner gem. § 840 BGB haften. Eine wichtige Frage, die sich dann stellt, ist die nach dem Verhältnis der beiden Ansprüche zueinander im Innenverhältnis zwischen Gesellschaft und handelndem Organ.
138
Bei den eben angesprochenen Fragen handelt es sich um Ansprüche einzelner Gläubiger gegen einzelne handelnde Personen und nicht um originär (kapital-)gesellschaftsrechtliche Fragen. Zur Durchgriffshaftung siehe im Übrigen Rn. 303 ff.
3. Die ökonomische Beurteilung des Instituts der Haftungsbeschränkung
139
Ein ökonomischer Vorteil ist die Haftungsbeschränkung naturgemäß zunächst nur für diejenigen, die ihr Geld in ein Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft investieren. Das gilt jedenfalls bei mikroökonomischer Betrachtungsweise, wenn der zu erwartende Gewinn aus der Haftungsbeschränkung (= Produkt aus Wahrscheinlichkeit eines ohne die Haftungsbeschränkung eintretenden Verlustes und dessen Höhe abzüglich des eingesetzten Kapitals) höher ist als der zu erwartende Preis, der für die Haftungsbeschränkung zu zahlen ist (der Unterschied zwischen den zu erwartenden Gewinnen aus dem