Gesellschaftsrecht II. Recht der Kapitalgesellschaften. Ulrich Wackerbarth
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Volkswirtschaftlich betrachtet bleibt dagegen – auch bei einem positiven Ausgang dieser Rechnung für den oder die Unternehmer selbst – ein Nettovorteil nur dann, wenn entweder die mit der Haftungsbeschränkung naturgemäß verbundene Gefahr einer Risikoexternalisierung ausgeschaltet ist oder zumindest ihre Vorteile die Nachteile überwiegen. Soweit nur letzteres der Fall ist, kann das Institut der Haftungsbeschränkung zur Umverteilung (nämlich zwischen Investoren und Gläubigern) führen und wird dann unter Gerechtigkeitsaspekten zweifelhaft.
Teil 3 Gläubigerschutz › § 5 Grundfragen und Prinzip der Kapitalerhaltung › III. Grundfragen des Gläubigerschutzes
1. Gläubigerschutz warum?
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Durch das Institut der Haftungsbeschränkung soll das Risiko der Investoren, d.h. der Anteilseigner der Kapitalgesellschaft, begrenzt werden. Sie sollen nicht fürchten müssen, mehr als das von ihnen eingesetzte Kapital zu verlieren. Dies ist ein sehr begrenzter Zweck der Haftungsbeschränkung. Keinesfalls sollte den Anteilseignern durch sie erlaubt werden, auf Risiko und Kosten ihrer Gläubiger das Unternehmen zu betreiben oder diese zu schädigen. Das heißt: Ihr Privatvermögen wird zwar grundsätzlich vor dem Zugriff der Gläubiger geschützt. Die Anteilseigner sollen aber ihrerseits dieses unternehmerische Vermögen von ihrem Privatvermögen getrennt halten und es nicht zulasten der Gläubiger und zum eigenen Vorteil vermindern. Und ferner muss bei einem absehbaren Scheitern des Unternehmens rechtzeitig ein Verfahren durchgeführt werden, das die Interessen der Gläubiger und das noch vorhandene Vermögen der Kapitalgesellschaft vor weiteren Schäden schützt.
2. Gläubigerschutz wann?
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Mit dem eben genannten Verfahren ist das Insolvenzverfahren gemeint. Hier kommen sämtliche Gläubiger der Gesellschaft zusammen (deshalb hieß das Verfahren bis 1999 noch „Konkurs“ von lat. concurrere: zusammenlaufen), weil das Unternehmen der Kapitalgesellschaft gescheitert ist. Der Insolvenzverwalter nimmt das Vermögen der Gesellschaft in Beschlag und entscheidet fürderhin über die weitere Zukunft des Unternehmens.
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Erst in diesem Moment, wenn der Unternehmer also bereits gescheitert ist, wird in der Praxis auch geprüft, ob die Gesellschafter sich zuvor zu Unrecht zulasten der Gläubiger bereichert haben (Kapitalerhaltung). Und ferner wird auch erst in diesem Moment darüber entschieden, ob im Extremfall der Grundsatz der Haftungsbeschränkung ausnahmsweise durchbrochen wird (Durchgriffshaftung). Es ist wichtig, sich diese rechtspraktische Tatsache vor Augen zu halten: Vor einem Insolvenzverfahren sind sämtliche Ansprüche der Gläubiger durch Klage gegen die Gesellschaft und anschließend im Wege der Einzelzwangsvollstreckung durchsetzbar. Es besteht daher bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens für die Gläubiger kein Anlass, sich über die Einhaltung der Regeln der Kapitalerhaltung oder sonstige dem Gläubigerschutz dienenden Vorschriften des Kapitalgesellschaftsrechts Gedanken zu machen. In dem Insolvenzverfahren kann sich freilich herausstellen, dass „kaum noch etwas da ist“. Dann beginnt die Suche nach Verstößen gegen den Grundsatz der Kapitalerhaltung. Selbst Fragen der ordnungsgemäßen Gründung der Gesellschaft, soweit sie dem Gläubigerschutz dienen, können noch im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden (insbesondere im Fall der sog. verdeckten Sacheinlage[7]) und werden es häufig auch praktisch.
3. Gläubigerschutz vor wem?
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Nicht nur die Gesellschafter können, auch die Geschäftsleitung kann durch ihre Handlungen einen Schaden der Gläubiger verursachen. Daher betrifft der Gläubigerschutz nicht nur mögliche Ansprüche gegen die Gesellschafter sondern auch Regeln über das richtige Verhalten der Geschäftsleitung und mögliche Ansprüche gegen diese.
4. Gläubigerschutz wie?
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Dem Recht stehen zum Schutz der Gläubiger grundsätzlich nur zwei Mittel zur Verfügung, nämlich Kompensation (durch Ansprüche auf Schadensersatz) und Verhaltenssteuerung. Der Schaden für die Gläubiger kann zunächst durch bestimmte Ansprüche gegen Geschäftsleitung oder Gesellschafter kompensiert werden. Da niemand gerne haftet, wirkt allein das Bestehen solcher Ansprüche zugleich auch (in begrenzter Weise) verhaltenssteuernd. Gleichwohl kann es sein, dass der verhaltenssteuernde Aspekt des bloßen Haftungsrisikos nicht ausreicht.
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Es ist dann nach weiteren Mitteln und Wegen zu suchen, die für die Gesellschaft Handelnden von einer Schädigung abzuhalten. Solche Mittel können etwa organisatorische Vorkehrungen sein wie etwa die Pflicht zur Dokumentation des Wertes und des Verbleibs der Vermögensgegenstände der Gesellschaft (Bilanzrecht, allgemein Buchführungs- und Rechnungslegungspflichten) oder aber auch eine Pflicht der Geschäftsführung oder ein korrespondierendes Recht der Gläubiger, rechtzeitig das Insolvenzverfahren einzuleiten, sowie ferner Strafdrohungen bei Pflichtverletzungen.
Im Folgenden wird eine Übersicht über mögliche Ansprüche gegen Gesellschafter und Geschäftsleitung gegeben, deren bedeutsamste dann weiter unten näher besprochen werden.
5. Überblick über Rechtsinstitute des Gläubigerschutzes
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Rechtsgebiet | Institut | Funktionsweise | Nähere Erläuterungen |
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Zivilrecht | c.i.c./Vertrag | Unmittelbare Haftung des Gesellschafters und der Geschäftsführung gegenüber den Gläubigern | Rn. 135 ff., 149 |
Strafrecht | Untreue, § 266 StGB Betrug, § 263 StGB Insolvenzstraftaten, §§ 283 ff. StGB | Strafdrohung soll Gesellschafter und Geschäftsführer (aber insbesondere letztere) zu einem ordnungsgemäßen Verhalten anhalten | |
Gesellschaftsrecht | Gesetzliches Mindestkapital (AG: 50.000 € GmbH: 25.000 €) | Mindestpuffer gegen Verluste, Seriositätsschwelle, Sicherung der Verantwortung der Gesellschafter | Rn. 163 ff., 168 f. |
Eigenkapitalerhaltung (§§ 30 ff. GmbHG, §§ 57 ff. AktG) |
Rückzahlungsverbot, Haftung der Gesellschafter
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