Gesellschaftsrecht II. Recht der Kapitalgesellschaften. Ulrich Wackerbarth
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Gem. § 43 Abs. 1 GmbHG hat der Geschäftsführer die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. Was erforderlich ist, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Bei unternehmerischen Entscheidungen (vorliegend also die Frage „Soll der Sportwagen sofort verkauft werden oder nicht?“) ist das Eingehen von Risiken nicht schlechthin sorgfaltswidrig, da unternehmerische Tätigkeit zwingend mit der Gefahr von Fehleinschätzungen verbunden ist. Gem. § 93 Abs. 1 S. 2 AktG, welcher auf die Geschäftsführer einer GmbH entsprechend anzuwenden ist, kommt eine Pflichtverletzung nur insoweit in Betracht, als der Geschäftsführer nicht vernünftigerweise annehmen durfte, bei seiner Entscheidung auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Gesellschaft zu handeln.
Vorliegend ist der Sportwagen mit Anschaffungskosten von 40.000 € in der Bilanz aktiviert, was auch dem wahren Wert des Wagens entspricht. Dem gem. § 41 GmbHG buchhaltungspflichtigen G war diese Information zugänglich, zumindest aber hätte er sich diese Information vor dem Verkauf des Sportwagens besorgen müssen. Allein die Tatsache, dass in der Fachpresse eine erhebliche Wertminderung für Sportwagen diskutiert wurde, stellt kein angemessenes Informationsniveau für die Verkaufsentscheidung dar. Bei dem Verkauf des Wagens zu einem Preis von 30.000 € bestand ein Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung. Somit handelte G entweder nicht auf Grundlage angemessener Informationen (wenn er sich nicht darüber informiert hat, was der Wagen wert ist) oder nicht zum Wohle der Gesellschaft (wenn er den Wert des Wagens kannte und diesen trotzdem für 30.000 € an A verkaufte).
G hat somit in jedem Fall nicht die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes angewandt und dadurch seine Pflicht verletzt.
Anm.: Wer zwischen objektiver Pflichtverletzung und Verschulden unterscheidet[41], muss von Folgendem ausgehen: Die Pflichtverletzung des G liegt darin, dass er den Sportwagen weit unter Wert an A verkauft hat (abzustellen ist also auf das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung). Das Verschulden des G läge dann darin, dass er aufgrund seiner Buchführungspflicht hätte erkennen müssen, dass der Wagen weit mehr als 30.000 € wert ist und hätte erkennen müssen, dass eine solch drastische Wertminderung selbst bei einer Wertminderung aufgrund einer Absatzkrise nicht eingetreten wäre.
2. Schaden
Durch das Geschäft mit A ist der F-GmbH ein Schaden entstanden, denn bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns hätte ein Verkauf des Sportwagens ohne Hinzukommen weiterer, sich aus einem Verkauf für die Gesellschaft bietenden Vorteile nur zu seinem wahren Wert in Höhe von 40.000 € erfolgen können. Da vorliegend nur ein Kaufpreis von 30.000 € vereinbart wurde, ist der Gesellschaft somit ein Schaden in Höhe von 10.000 € entstanden.
3. Ergebnis
Die F-GmbH hat gegen G einen Anspruch auf Zahlung von 10.000 € aus § 43 Abs. 2 GmbHG.
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Lösung zu Fall 6:
Grundsätzlich ist ein Doppelmandat des Vorstands gem. § 88 Abs. 1 S. 2 AktG nur mit Zustimmung des Aufsichtsrates der Z-AG zulässig. Da hier beide betroffenen Aufsichtsräte ihre Zustimmung mehrheitlich erteilt haben, scheint alles in Ordnung zu sein.[42] Doch übersieht die Entscheidung des BGH, dass mit der Befreiung des V dieser zugleich auch von seiner ungeteilten Treue gegenüber der Z-AG befreit wird. Insbesondere bei Austauschverträgen zwischen der Z und der X kann V sich nicht abwechselnd den Hut der X und den der Z aufsetzen und „mit sich selbst“ über den richtigen Preis für eine Leistung der einen oder der anderen Gesellschaft verhandeln. Richtigerweise war daher die Zustimmung des M im Aufsichtsrat der Z-AG zur Befreiung erforderlich. Da er sie nicht erteilt hat, ist der Befreiungsbeschluss des Aufsichtsrates der Z-AG unwirksam. Dies muss M mit einer Feststellungsklage gerichtlich klären lassen.
Anmerkungen
Drygala/Staake/Szalai § 11 Rn. 10 f. m.w.N.
BGH NJW 1986, 585 f.
BGH ZIP 1997, 1063 f.
BGHZ 20, 239, 246; BGHZ 135, 48, 56.
Zu letzterem vgl. Weber/Lohr, GmbHR 2000, 698 ff.
Vgl. dazu Hüffer/Koch, § 93 AktG Rn. 42.
Siehe Drygala/Staake/Szalai § 11 Rn. 67; Langenbucher § 4 Rn. 106 ff. Zusammenfassend etwa Fleischer, ZIP 2005, 141 mit rechtsvergleichenden Nachweisen, ferner ders., NJW 2009, 2337 ff., sowie Brand/Sperling, AG 2011, 233 ff. mit strafrechtlichen Folgerungen.
Siehe dazu auch OLG Hamburg, NZG 2009, 309, 310 und nachfolgend BGH, NZG 2011,1271,1274 Rn. 31 ff.
Konzise Darstellung der Entwicklung bei Unmuth, AG 2017, 249 ff.
DCGK = Deutscher Corporate Governance Kodex, dazu ausführlich unten Rn. 943 ff.
LG München NZG 2014, 345.
Siehe etwa Oppenheim, DStR 2014, 1063 ff.; Hauschka/Moosmayer/Lösler, Corporate Compliance 3. Auflage 2016 § 1 Rn. 38; zustimmend aber Simon/Merkelbach, AG 2014, 318 ff.
Siehe etwa LG Köln v. 26.2.2018, 19 O 109/17 – juris Rn. 28 m.w.N.
Hauschka/Moosmayer/Lösler, Corporate Compliance 3. Auflage 2016 § 46.