BGB-Erbrecht. Lutz Michalski
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a) Zweifel über das Vorliegen einer Erbeinsetzung, § 2087
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Im allgemeinen Sprachgebrauch werden die Ausdrücke „vererben“ und „vermachen“ häufig nicht im juristisch-technischen Sinne verwandt. Entscheidend für die Frage, ob eine Erbeinsetzung (→ Rn. 728 ff.) oder ein Vermächtnis (→ Rn. 900 ff.) vorliegt, ist jedoch nach allgemeinen Grundsätzen nicht der Wortlaut, sondern der im Wege der Auslegung zu ermittelnde wirkliche Wille des Erblassers (§ 133, → Rn. 325, 334). Für den Fall, dass die Auslegung zu keinem eindeutigen Ergebnis führt[74], stellt § 2087 zwei Auslegungsregeln auf: Nach Abs. 1 ist im Falle der Zuwendung des gesamten Vermögens oder eines Bruchteils davon im Zweifel eine Erbeinsetzung anzunehmen; wenn dem Bedachten hingegen nur einzelne Gegenstände zugewendet werden, so ist gem. Abs. 2 im Zweifel von einem Vermächtnis (→ Rn. 900 ff.) auszugehen.
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Speziell im Falle der Zuwendung einzelner Vermögensgegenstände kann es aber durchaus sein, dass sich bereits im Wege der Auslegung ergibt, dass der Erblasser gleichwohl eine Erbeinsetzung wollte (und somit § 2087 Abs. 2 erst gar nicht zur Anwendung gelangt). Dies ist insb. in folgenden Konstellationen der Fall:[75]
• | wenn der Erblasser sein Vermögen vollständig den einzelnen Vermögensgegenständen nach verteilt hat; |
• | wenn er dem Bedachten einen Gegenstand oder Gegenstände zugewendet hat, die nach seiner Vorstellung das Hauptvermögen bilden (z.B. ein Hausgrundstück); |
• | wenn nur Vermächtnisnehmer vorhanden wären und nicht anzunehmen ist, dass der Erblasser überhaupt keine Erben berufen und seine Verwandten oder seinen Ehegatten als gesetzliche Erben ausschließen wollte. |
b) Zweifel über die Person des Bedachten
aa) Allgemeines
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Die §§ 2066–2073 enthalten Auslegungs- und Ergänzungsregeln für den Fall, dass Zweifel hinsichtlich der Person des Bedachten bestehen. Ihr gemeinsamer Grundgedanke ist, dass die Auslegung letztwilliger Verfügungen sich im Zweifel an der gesetzlichen Erbfolge orientieren soll.[76]
bb) Gesetzliche Erben
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Setzt der Erblasser nur seine „gesetzlichen Erben“ ein, so sind gem. § 2066 S. 1 diejenigen im Verhältnis der gesetzlichen Erbteile bedacht, die im Zeitpunkt des Erbfalls die gesetzlichen Erben wären. Entsprechendes gilt bei ähnlichen Formulierungen, wie z.B. „rechtmäßige Erben“ oder schlicht „Erben“.[77]
cc) Verwandte
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Nach § 2067 S. 1 sind bei einer Einsetzung der „(nächsten) Verwandten“ im Zweifel diejenigen Verwandten bedacht, die zur Zeit des Erbfalls gesetzliche Erben wären; auch hier im Verhältnis ihrer gesetzlichen Erbteile. „Verwandte“ bezieht sich insoweit grundsätzlich nur auf Verwandte i.S.d. Gesetzes (§ 1589), d.h. nicht auf Ehegatten.[78] Anders hingegen, wenn der Erblasser den Begriff „Familie“ verwendet; hierzu gehört dann regelmäßig auch der Ehegatte.[79] Im Übrigen gilt auch hier – wie allgemein – der Vorrang der individuellen Auslegung; die Auslegungsregel des § 2067 S. 1 greift nur, wenn diese zu keinem eindeutigen Ergebnis führt.[80]
dd) Kinder
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§ 2068 enthält eine Regelung für den Fall, dass der Erblasser seine „Kinder“ bedacht hat und eines dieser Kinder vor Testamentserrichtung verstorben ist. Dann soll im Zweifel eine Erbfolge nach Stämmen (wie bei § 1924 Abs. 3) erfolgen, die Abkömmlinge des vorverstorbenen Kindes sollen also an dessen Stelle treten. Kind i.S.d. § 2068 ist auch ein Adoptivkind[81] (§ 1754 Abs. 1) und ein nichteheliches Kind[82]. Bei Wegfall des Kindes wegen Erbverzicht gilt hingegen nicht § 2068, sondern § 2349.[83]
ee) Abkömmlinge des Erblassers
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Bei nachträglichem Wegfall eines zum Erben eingesetzten Abkömmlings sind gem. § 2069 im Zweifel dessen Abkömmlinge insoweit als Ersatzerben bedacht, als sie bei der gesetzlichen Erbfolge (nach dem Erblasser) nachrücken würden. Es handelt sich um eine Regel der ergänzenden Testamentsauslegung, da nicht eine Mehrdeutigkeit des Testaments zu beheben ist, sondern eine später entstandene Lücke geschlossen wird.[84]
(1) Abkömmling
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Abkömmling meint neben den Kindern i.S.v. § 2068 auch die Enkel, Urenkel usw. des Erblassers.[85] Ungeachtet des Wortlauts („einen seiner …“) gilt § 2069 auch dann, wenn der Erblasser nur einen Abkömmling hatte.[86] Wenn andere nahestehende Personen (z.B. nahe Verwandte, Ehegatten, Stiefkinder) wegfallen, wird eine analoge Anwendung von § 2069 allgemein abgelehnt[87]; allerdings kann in solchen Fällen ggf. eine ergänzende Auslegung zu dem Ergebnis führen, dass die Abkömmlinge des Weggefallenen Ersatzerben sein sollen[88].
(2) Wegfall
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Unter Wegfall ist ein Ereignis zu verstehen, das den Anfall der Zuwendung bei dem ursprünglich Bedachten verhindert, ohne zugleich die Verfügung als solche unwirksam zu machen.[89] Nach dem Wortlaut muss der Wegfall nach der Errichtung der Verfügung von Todes wegen erfolgt sein. Die Vorschrift ist jedoch analog anzuwenden, wenn der Wegfall dem Erblasser im Zeitpunkt der Errichtung der Verfügung nicht bekannt war.[90]
354
Der häufigste Wegfallgrund ist der Tod des Bedachten.[91] Unproblematisch unter § 2069 fällt auch die Erbunwürdigerklärung (§ 2344, → Rn. 494 ff.) eines Bedachten.[92]
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Ein Zuwendungsverzicht eines Abkömmlings