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Besonderes Verwaltungsrecht - Группа авторов C.F. Müller Lehr- und Handbuch

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In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, inwieweit heute die „entgeltliche Abgabe von Speiseeis“ einer Besteuerung unterworfen werden kann. Die Antwort hängt vor allem davon ab, ob die Speiseeissteuer als „Sonderumsatzsteuer“[1047] an dem Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2a GG zu messen ist. Dies ist nur dann zu verneinen, wenn die Speiseeissteuer eine „herkömmliche Steuer“ im Sinne dieser Rechtsprechung ist. Da die Speiseeissteuer bereits vor der Finanzreform 1969/1970 für verfassungswidrig erklärt wurde, kann es sich bei ihr nicht um eine herkömmliche Steuer handeln, so dass eine Einführung einer Speiseeissteuer aufgrund der Gleichartigkeit mit der Umsatzsteuer ausscheidet[1048]. Es stellt sich allerdings die Frage, inwieweit sie in der Erhebungs-Variante „zum Verzehr an Ort und Stelle“ vor der Finanzreform herkömmlich erhoben wurde. Dies ist der Fall; eine Speiseissteuer, die den sofortigen Verzehr des Eises belegt, wäre demnach zulässig[1049].

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      Die Zuständigkeit für den Verwaltungsvollzug der kommunalen Abgaben ergibt sich aus dem Grundgesetz und aus landesrechtlichen Regelungen. Nach Art. 108 Abs. 4 Satz 2 GG kann durch nachkonstitutionelles Landesgesetz die Verwaltung der Kommunalsteuern in dem Sinne der alleinigen kommunalen Ertragshoheit den Gemeinden/Gemeindeverbänden übertragen werden. Für die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern ist dies regelmäßig durch die Kommunalabgabengesetze erfolgt (vgl. z.B. §§ 1; 12 f. KAG NW). Nachdem das Bundesverwaltungsgericht zuvor den überkommenen Rechtszustand beanstandet hatte[1050], ist eine solche Übertragung nunmehr auch für die Realsteuern, d.h. für die Gewerbe- und die Grundsteuer erfolgt[1051].

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      Das Verfahren zur Erhebung der kommunalen Abgaben, d.h. das Verwaltungsverfahren ist regelmäßig durch eine enumerative dynamische Verweisung der Kommunalabgabengesetze der Länder auf die AO geregelt, vgl. etwa § 12 KAG NW. Die in Bezug genommenen Vorschriften werden dadurch Landesrecht[1052]. Diese Regelungstechnik ist von der Rechtsprechung grundsätzlich gebilligt worden[1053].

      Elftes Kapitel Haushalts- und Abgabenrecht§ 67 Abgabenrecht › J. Umweltabgaben

J. Umweltabgaben

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      Umweltabgaben sind solche öffentlich-rechtliche Geldleistungspflichten, die im Interesse des Umweltschutzes erhoben werden[1054]. Der Begriff der Umweltabgabe führt keinen neuen Abgabetypus in die überkommenen staatlichen Finanzierungsinstrumente ein, sondern beschreibt alle solche Abgaben, die dem Umweltschutz dienen sollen – Umweltabgaben können mithin grundsätzlich in jeder Abgabeform auftreten[1055]. Ebenso wie das fiskalische Element „Abgabe“ erweist sich auch der sachliche Begriffsbestandteil „Umwelt“ als weit: Er umfasst entsprechend dem Charakter von Umweltschutz als Querschnittsaufgabe die natürlichen Lebensgrundlagen unter Einbeziehung ihrer Wechselwirkungen mit der menschlichen Existenz und differenziert dabei zunächst nicht zwischen der Art der Umweltgüter oder der Gefährdungen. Trotz dieses gebotenen offenen Begriffsverständnisses der Umweltabgabe müssen Grenzziehungen erfolgen: So sind etwa steuerliche Begünstigungen von umwelterhaltenden Maßnahmen trotz der Umweltabgabe ähnlicher Effekte ebenso wie bloße reflexartige Auswirkungen von Abgaben auf die Umwelt aus der Betrachtung auszuscheiden[1056].

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      Der Kategorie der Umweltabgaben liegen ökonomische Leitideen zugrunde[1057]. In diesem Zusammenhang bildet zunächst die in der Tradition keynesianischen Denkens stehende indirekte Verhaltenssteuerung durch wirtschaftliche Anreize einen Grund für die Entwicklung von Umweltabgaben. Insoweit bestehen allerdings keine Besonderheiten im Vergleich zur Ökonomisierung der Rechte und Pflichten durch sonstige lenkende Abgaben[1058]. Daneben lässt sich aber auch eine spezielle und genuin umweltabgabenspezifische Ökonomie ausmachen, die weniger den optionalen Charakter der Umweltabgabe als Lenkungsinstrument betont, als vielmehr „die Notwendigkeit einer abgabenrechtlichen [. . .] Intervention des Staates zu begründen versucht“[1059]. Die durch Einführung von Umweltabgaben wahrgenommene ordnungspolitische Aufgabe des Staates beruht auf einem wirtschaftswissenschaftlich als „the tragedy of the commons“ bekannten Problem[1060]. Umweltgüter stellen größtenteils jedermann verfügbare und kostenlos nutzbare, aber eben begrenzte Ressourcen dar. Hieraus resultiert ein Versagen der marktwirtschaftlichen Mechanismen zur Regulierung der gemeinschaftsschädlichen Nutzung solcher knappen Güter[1061]. Die Sozialschädlichkeit des umweltbelastenden Verhaltens – und damit die Kosten für die Allgemeinheit – bilden sich nämlich nicht im Preis der aus dieser Tätigkeit erwachsenden Produkte und Dienstleistungen ab, wodurch es zu einer Fehlallokation von Ressourcen am Maßstab volkswirtschaftlicher Effizienz kommt. Die Kosten der umweltschädlichen Akte werden zu einem beträchtlichen Teil nicht den Verursachern, sondern der Gesellschaft aufgebürdet (Prozess der Externalisierung). Der Einsatz von Umweltabgaben vermag es nun, den Verbrauch und die Belastung der knappen Umweltgüter entsprechend zu verteuern und damit den eigentlichen Verursachern auch die Belastung zuzuschreiben (Internalisierung der externen Effekte)[1062] – damit können Umweltabgaben auch als Ausdruck der zentralen umweltrechtlichen Grundsätze des Verursacher- und des Vorsorgeprinzips eingeordnet werden[1063]. Eine solche Korrektur zur Wiederherstellung der Mechanismen des Marktes wird auch als „Pigou-Steuer“ bezeichnet[1064].

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      Aus wirtschaftswissenschaftlicher, also an der effektiven Güterallokation orientierter, Sicht kann damit ein optimaler Einsatz von Ressourcen und ein optimales Umweltschutzniveau bei möglichst niedrigen volkswirtschaftlichen Kosten erreicht werden[1065]. Deshalb werden die Umweltabgaben aus ökonomischer Perspektive etwa der ordnungsrechtlichen Lösung strikter Grenzwerte vorgezogen: Sofern der mit den umweltschädlichen Produkten zu erzielende Preis groß genug sei, verhinderten Umweltabgaben anders als absolute Verbote deren Herstellung nicht und förderten damit weiterhin Wachstum, Investitionen und Innovationen[1066]. Auch berücksichtigten Abgaben besser die individuellen „Verschmutzungsbeiträge“ der Verursacher und lösten einen geringeren Informations- und Kontrollbedarf des Staates im Vergleich zu Grenzwerten aus. Ferner würden Abgaben stets einen Anreiz zur Verminderung umweltbelastender Auswirkungen setzen, während starre Schranken hier fortschrittshemmend wirkten[1067]. Aus umweltpolitischer Sicht ist diese rein wirtschaftlich orientierte Betrachtungsweise jedenfalls insoweit angreifbar, als sie den Wert ökonomischer Effizienz absolut setzt und die ökologische Effektivität darunter möglicherweise leidet – in diesen Zusammenhang sind auch der Kommerzialisierungseinwand des Freikaufs von Verhaltenspflichten sowie der Vorwurf der verzögerten und unsicheren Wirkung der Umweltabgaben im Vergleich zu Verbotslösungen einzuordnen[1068]. Ferner stellt sich die Frage, inwiefern nicht andere Instrumente wie der Zertifikatehandel, strenge technische Vorschriften, Subventionen, Kooperationsmodelle, freiwillige Selbstverpflichtungen oder individuell festgelegte Grenzwerte zumindest teilweise gegenüber der Abgabenlösung vorzugswürdig sind[1069].

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      Umweltabgaben nehmen im Hinblick auf ihre politische Bewertung zunächst insofern eine Sonderrolle innerhalb der öffentlich-rechtlichen Geldleistungspflichten ein, als der Gesetzgeber im Zusammenhang mit Umweltschutzmaßnahmen auf generell günstigere akzeptanzpsychologische Rahmenbedingungen trifft, da die Opferbereitschaft in der Bevölkerung für umweltschützende Maßnahmen grundsätzlich höher ist, sogar im politisch sensiblen Abgabenbereich[1070]. Daraus resultiert die Gefahr der inflationären Verwendung des Attributs „umweltschützend“ zur Charakterisierung

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