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Besonderes Verwaltungsrecht - Группа авторов C.F. Müller Lehr- und Handbuch

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      Das Bundesverfassungsgericht[1012] hat die kommunale Verpackungsteuer in einer Entscheidung aus dem Jahr 1998 für verfassungswidrig erklärt: Es handele sich zwar um eine örtliche Verbrauchsteuer, die bundesgesetzlich geregelten Steuern nicht gleichartig sei, jedoch werde gegen das Prinzip der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung verstoßen. Einwegverpackungen werden nach dem Verzehr der darin enthaltenen Speisen oder Getränke funktions- und wertlos und damit verbraucht[1013]. Zwar knüpft die Steuerpflicht an den Verkauf der Speisen und Getränke an. Dennoch wird nicht – wie bei der Verkehrsteuer – der Vorgang im Rechtsverkehr, d.h. der Verkauf, besteuert, sondern der Verbrauch der Einwegverpackungen; der Zeitpunkt des Verkaufs bietet sich lediglich als geeigneter Anknüpfungspunkt für die Erhebung der Steuer an[1014]. Auch wird die Verpackungsteuer mengenmäßig und nicht wertmäßig erhoben[1015]. Mit der Begrenzung des Steuergegenstandes durch den Zusatz „zum Verzehr an Ort und Stelle“ wird gewährleistet, dass es sich auch um eine „örtliche“ Verbrauchsteuer i.S.d. Art. 105 Abs. 2a GG handelt. Der Steuertatbestand verweist damit typisierend darauf, dass die Verpackung im Gemeindegebiet verbraucht wird[1016]. Die Verpackungsteuer ist bundesgesetzlich geregelten Steuern nicht gleichartig. Sie hat insbesondere einen anderen Belastungsgrund als die Umsatzsteuer: Dieser ist für die Verpackungsteuer der mengenmäßige Verbrauch von Einwegverpackungen, für die Umsatzsteuer dagegen die Nachfrage in einer bestimmten Werthöhe[1017].

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      Neben der Erzielung von Einnahmen dient die Verpackungsteuer vor allem der Abfallvermeidung. Die Gesetzgebungskompetenz der Länder für die gelenkte Sachmaterie (sog. Doppelzuständigkeit) ist nicht erforderlich: „Die verfassungsmäßige Zuständigkeit der Länder zur Gesetzgebung über eine bestimmte Steuer bleibt (…) als Sonderregelung bestehen und schließt die Kompetenz zu einem Steuergesetz ein, das Nebenzwecke auf Gebieten verfolgt, die nach der allgemeinen Zuständigkeitsregelung der Gesetzgebung der Länder entzogen sind“[1018]. Dies gilt selbst dann, wenn das Lenkungsziel – wie hier – Hauptzweck ist, solange das Land nicht – unter Missbrauch der Form – ausschließlich die entsprechende Sachregelung bezweckt und damit die Kompetenzordnung des Grundgesetzes unterlaufen will[1019]. Allerdings darf die Steuergesetzgebungskompetenz des Art. 105 Abs. 2a GG – zur Wahrung der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung – nicht in der Weise ausgeübt werden, dass ihre Lenkungswirkungen den Vorgaben des Bundesgesetzes widersprechen[1020]. „Der Gesetzgeber darf (…) aufgrund einer Steuerkompetenz nur insoweit lenkend und damit mittelbar gestaltend in den Kompetenzbereich eines Sachgesetzgebers übergreifen, als die Lenkung weder der Gesamtkonzeption der sachlichen Regelung noch konkreten Einzelregelungen zuwiderläuft“[1021]. Der Bundesgesetzgeber verfolgte im Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz das abfallwirtschaftliche Ziel der Vermeidung von Einwegverpackungen nach dem Kooperationsprinzip, durch freiwilliges und eigenverantwortliches Verhalten[1022]. Die steuerliche Lenkung läuft diesem Konzept zuwider: Die Betroffenen werden hier durch die finanzielle Belastung zur Abfallvermeidung angehalten[1023]. Aufgrund einer grundlegenden Änderung der Rechtslage, insbesondere einer Novellierung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes im Jahre 2012, wird in der Literatur die Zulässigkeit der (Wieder-)Einführung einer Verpackungssteuer befürwortet. Denn nun lasse sich eine Lenkungssteuer auf Verpackungen widerspruchslos in die geltende Rechtslage einbetten[1024].

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      Die Getränkesteuer gehört zu den „herkömmlichen“ kommunalen Verbrauchsteuern[1025]. Auf der Grundlage des Finanzausgleichsgesetzes von 1923 konnten die Gemeinden erstmals eine Getränkesteuer erheben, die einheitlich den gesamten örtlichen Verbrauch an Bier, Wein, Schaumwein, Trinkbranntwein, Mineralwasser usw. zu erfassen suchte; in ihrer neueren Form auf den Verzehr bestimmter Getränke an Ort und Stelle beschränkt, geht die Steuer auf eine Notverordnung des Reichspräsidenten aus dem Jahre 1930 zurück, deren Vorschriften nach 1945 als Landesrecht beibehalten wurden oder in die jeweiligen neuen Kommunalabgabengesetze eingingen[1026]. In den Ländern Niedersachsen, Bayern und Schleswig-Holstein wird keine Getränkesteuer erhoben[1027].

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      Erhoben wird die Getränkesteuer auf alle Getränke (außer Milch und Bier), die zum Verzehr an Ort und Stelle entgeltlich abgegeben werden[1028]. Zur Entrichtung der Steuer ist verpflichtet, wer die Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle abgibt[1029]. Dies ist anzunehmen, wenn am Abgabeort und in dessen räumlichem Zusammenhang der Verzehr den Üblichkeiten entsprechend gewollt und tatsächlich möglich ist[1030]. Der Steuertatbestand ist mit dem Zeitpunkt der Abgabe des Getränks verwirklicht[1031]. Die Steuer beträgt einen Vom-Hundert-Satz des Entgeltes, das dem Verbraucher für das Getränk ausschließlich der Getränkesteuer in Rechung gestellt wird[1032].

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      Mit der Begrenzung des Steuergegenstandes durch den Zusatz „zum Verzehr an Ort und Stelle“ wird – wie auch schon bei der Verpackungsteuer – gewährleistet, dass es sich um eine „örtliche“ Verbrauchsteuer i.S.d. Art. 105 Abs. 2a GG handelt. Ob die Getränkesteuer der bundesgesetzlich geregelten Umsatzsteuer gleichartig ist[1033], kann dahinstehen, denn die herkömmlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern – zu denen auch die Getränkesteuer gehört[1034] – sind nicht an dem strengen Gleichartigkeitsverbot zu messen[1035]. Mit der Einfügung des Gleichartigkeitsverbots sollte die Befugnis der Länder zur Regelung der herkömmlichen, d.h. jedenfalls der bei Inkrafttreten des Finanzreformgesetzes am 1. Januar 1970 üblicherweise bestehenden örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, nicht berührt werden[1036]. Eine Einbeziehung von Bier in die Gruppe der steuerpflichtigen Getränke hat das Bundesverfassungsgericht als zulässig erachtet: Es könne nicht danach differenziert werden, „auf welche Getränke diese Steuer erhoben und für welche sie über eine bestimmte Zeit nicht erhoben wurde. Es wäre nicht sachgerecht, eine solche einheitliche, durch den Bezug auf einen Gattungsbegriff definierte Steuer hinsichtlich ihrer Gleichartigkeit mit bundesgesetzlich geregelten Steuern nach dem jeweils abgegebenen Getränk unterschiedlich zu behandeln. Das liefe letztlich darauf hinaus, die Gesetzgebungsbefugnis der Länder aus Art. 105 Abs. 2a GG nach Getränken statt nach der Steuerart abzugrenzen“[1037]. Auch der EuGH hat die Erhebung einer Getränkesteuer auf den Umsatz alkoholhaltiger Getränke in einer Gastwirtschaft mit Art. 3 der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992[1038] für vereinbar gehalten und eine Gleichartigkeit mit bundesgesetzlich geregelten Steuern, insbesondere der Umsatzsteuer, abgelehnt[1039]. Eine Vereinbarkeit ist ebenso mit Art. 33 der Richtlinie 77/388/EWG anzunehmen[1040]. Die Steuerbefreiung für Apfelwein stelle zudem keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG dar[1041].

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      Die Speiseeissteuer wurde 1963 vom Bundesverfassungsgericht mangels örtlichen Wirkungskreises für verfassungswidrig erklärt[1042]. Rechtsgrundlage für die Erhebung der Speiseeissteuer bildeten die auf dem jeweiligen Kommunalabgabengesetz beruhenden kommunalen Satzungen. Steuergegenstand war die entgeltliche Abgabe von Speiseeis an Verbraucher im Gemeindegebiet. Steuerschuldner war der Endverkäufer des Speiseeises, wobei die Steuerschuld zum Zeitpunkt der entgeltlichen Abgabe des Speiseeises entstand. Steuermaßstab war das Entgelt[1043]. Von der Speiseeissteuer umfasst war also jedwede entgeltliche Abgabe von Speiseeis im Gemeindegebiet und nicht nur die Abgabe zum Verzehr an Ort und Stelle. „Nur beim Verzehr an Ort und Stelle ist jene örtliche Radizierung des Steuertatbestandes gegeben, die gleichzeitig die unmittelbaren Wirkungen der Steuern auf das Steuergebiet begrenzt“[1044]. Die örtliche Radizierung müsse sich allerdings – wie das Bundesverfassungsgericht weiter ausführt – aus der normativen Gestaltung des Steuertatbestandes selbst ergeben, nicht aber könne sie aus der natürlichen Beschaffenheit des Gegenstandes abgeleitet werden, dessen Verbrauch der Steuer unterworfen ist[1045]. Es genüge nicht, dass nach den „Regeln der Lebenserfahrung“ darauf geschlossen werden könne, dass der Verzehr im Gemeindegebiet erfolge, der Verzehr außerhalb des Gemeindegebiets die Ausnahme sei; vielmehr müsse

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