Handbuch des Strafrechts. Группа авторов
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Der Entwurf sieht Verbandssanktionen in Form von Verbandsstrafen einerseits und Verbandsmaßregeln andererseits vor. Als Verbandsstrafen sind die Verbandsgeldstrafe, die Verbandsverwarnung mit Strafvorbehalt und die öffentliche Bekanntmachung der Verurteilung vorgesehen (§ 4 Abs. 1 VerbStrG-E). Verbandsmaßregeln umfassen den Ausschluss von Subventionen oder von der Vergabe öffentlicher Aufträge sowie als letztes Mittel die Verbandsauflösung (§ 4 Abs. 2 VerbStrG-E), also gewissermaßen eine Todesstrafe für das Unternehmen als ultima ratio.
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Die Diskussion um ein eigenständiges Unternehmensstrafrecht ist nun nicht neu. Schon seit Jahrzehnten wird das Thema immer wieder von Neuem diskutiert. Beispielsweise hat sich schon 1953 die strafrechtliche Abteilung des Deutschen Juristentages mit der Frage beschäftigt, ob es sich empfiehlt, die Strafbarkeit von juristischen Personen gesetzlich vorzusehen und dies im Ergebnis verneint. Denn Strafe dürfe nur wegen einer rechtswidrig-schuldhaften Handlung verhängt werden und juristische Personen seien weder handlungs- noch schuldfähig.[258]
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Der Begriff des Rechts ist, wie dargelegt wurde, mit dem Begriff des personalen Unrechts verbunden. Unabhängig davon, welchen Handlungsbegriff oder welche Handlungslehre man zugrunde legt, gehen jedenfalls alle davon aus, dass es um menschliches Handeln geht. Selbst die kausale Handlungslehre nach der Formulierung von Listzs begreift die Handlung als „die auf menschliches Wollen zurückführbare Bewirkung einer Veränderung in der Außenwelt“.[259] Schon nach einem solchen naturalistisch-reduzierten, den Willensinhalt nicht berücksichtigenden Handlungsbegriff kann ein Unternehmen als bloße Sachmittel- und Personeneinheit nicht handeln. Denn vorausgesetzt wird jedenfalls eine auf „menschliches Wollen zurückführbare Bewirkung“ einer Außenweltveränderung. Handeln können danach nur die einzelnen, für das Unternehmen tätigen Personen. Die Einführung einer Verbandsstrafbarkeit würde daher voraussetzen, dass ein Handeln der einzelnen Personen des Verbandes diesen als Ganzes treffen kann, wenn ihm das Handeln seiner Mitarbeiter zugerechnet werden könnte. Dem Recht sind nun solche Zurechnungsnormen nicht fremd. Sowohl in der zivilrechtlichen Deliktshaftung als auch im Rahmen der Haftung innerhalb des Ordnungswidrigkeitenrechts ist eine solche Zurechnung vorgesehen. So ist nach § 31 BGB der Verein für den Schaden verantwortlich, den beispielsweise der Vorstand einem Dritten zufügt, wenn der Vorstand dabei in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen gehandelt hat. Eine solche Haftung im Zivilrecht kann jedoch nicht einfach auf das Strafrecht übertragen werden. Im Zivilrecht geht es um die Frage der Haftungsübernahme für einen eingetretenen Vermögensschaden, nicht um Sanktionen. Es soll eine gerechte Schadensverteilung erfolgen, der geldwerte Schaden ist vom Verursacher auszugleichen.[260] Im Strafrecht geht es demgegenüber gerade nicht um einen monetären Schadensausgleich, sondern um die Verhängung von Strafe zur Wiederherstellung des Rechts.[261] Dies setzt aber gerade voraus, dass Strafe genau die Person trifft, die selbstbestimmt zur Unrechtstat übergegangen ist. Schon von Savigny stellte daher 1840 zutreffend fest: Das reale Dasein der juristischen Person „beruht auf dem vertretenen Willen bestimmter einzelner Menschen, der ihr, in Folge einer Fiction, als ihr eigener Wille angerechnet wird. Eine solche Vertretung aber, ohne eigenes Wollen, kann überall nur im Civilrecht, nie im Criminalrecht beachtet werden.“[262]
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Strafe setzt zudem schuldhaftes Handeln voraus („nulla poena sine culpa“). Die Voraussetzung der Schuld für die Verhängung von Strafe ist nun keine Erfindung des Gesetzgebers, sondern hat ihren Grund in der beschriebenen freiheitlichen Konstitution des Menschen. Denn – wie bereits gesagt wurde – ist der freie Einzelne notwendig Mitkonstituent des Rechts und zwar in einem grundlegenden Sinne. Der Täter rückt als Person nicht erst durch seine Tat ins Recht, sondern konstituiert es mit. Daher kann ihm auch im Falle der tätigen Verletzung des Rechts diese vorgeworfen werden. Der Verletzungserfolg ist kein Zufall, ist kein Unglück, sondern er ist zurückzuführen, auf ein schuldhaft begangenes personales Unrecht. Das strafrechtliche Schuldprinzip ist – wenn auch nicht ausdrücklich – im Grundgesetz verankert. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wurzelt der Schuldgrundsatz in der „vom Grundgesetz vorausgesetzten und in Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG verfassungskräftig geschützten Würde und Eigenverantwortlichkeit des Menschen, die von dem Gesetzgeber auch bei der Ausgestaltung des Strafrechts zu achten und respektieren sind.“[263] Insofern ist auch die Verhängung von Verbandsanktionen nach §§ 30, 130 OWiG nach dem vorliegenden Begründungszusammenhang fragwürdig. Denn diesen kommt jedenfalls auch eine repressive Aufgabe zu, wenn auch im Gewande des Ordnungsunrechts.[264]
12. Abschnitt: Täterschaft und Teilnahme › § 50 Die Lehre von der Beteiligung › F. Zusammentreffen mehrerer Beteiligungsformen
F. Zusammentreffen mehrerer Beteiligungsformen
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Treffen beim Handelnden mehrere unterschiedliche Beteiligungsformen an derselben Tat zusammen, ist grundsätzlich wie folgt zu unterscheiden: Die jeweils schwächere Beteiligungsform tritt hinter der stärkeren zurück. So verdrängt die Täterschaft eine Teilnahme an einer Tat; Beihilfe tritt hinter Anstiftung zurück.[265] In bestimmten Konstellationen kommt Idealkonkurrenz zwischen Mittäterschaft und Beihilfe in Betracht. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn sich ein Mittäter, ohne Bandenmitglied zu sein, an einem Bandendiebstahl vorsätzlich beteiligt.[266] Bestehen hinsichtlich der Form der Beteiligung Zweifel, ist in dubio pro reo wegen der schwächeren Beteiligungsform zu verurteilen.[267]
12. Abschnitt: Täterschaft und Teilnahme › § 50 Die Lehre von der Beteiligung › G. Beteiligungsformen im Romstatut und im deutschen VStGB
G. Beteiligungsformen im Romstatut und im deutschen VStGB
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Art. 25 Abs. 3 IStGH-Statut regelt besondere Beteiligungsformen, die jedoch anders als in den §§ 25 ff. StGB bezeichnet und systematisiert sind. Hinsichtlich der Rechtsfolgen findet ebenfalls keine Differenzierung statt. Art. 25 Abs. 3 lit. a regelt sinngemäß die Selbsttäterschaft („selbst“), Mittäterschaft („mit einem anderen gemeinschaftlich“) und die mittelbare Täterschaft („durch einen anderen“). Bei letzterer Täterschaftsform werden nach dem Wortlaut ausdrücklich auch solche Fälle erfasst, in denen der Vordermann selbst vollverantwortlich handelt; insofern hat auch der IStGH in seinen Entscheidungen Bezug zur Lehre Roxins hinsichtlich der Täterschaft kraft organisatorischer Machtapparate genommen.[268] Art. 25 Abs. 3 lit. b normiert Formen der „geistigen Urheberschaft“ („anordnet“, „dazu auffordert“ oder „dazu anstiftet“). Art. 25 Abs. 3