Handbuch des Strafrechts. Группа авторов
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IV. Möglichkeit fahrlässiger Beteiligung
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Eine Teilnahme am Fahrlässigkeitsdelikt ist nach den Regelungen der §§ 26 f. StGB nicht vorgesehen, vielmehr setzen – wie dargelegt – Anstiftung und Beihilfe eine vorsätzliche rechtswidrige Haupttat voraus. Zudem muss der Teilnehmer seinerseits vorsätzlich handeln. Das Gesetz kennt hingegen die fahrlässige Täterschaft, so dass für Fahrlässigkeitstaten nach bisher herrschender Lehre der Einheitstäterbegriff gelten soll. Jegliche fahrlässige Beteiligung an einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Straftat soll daher als fahrlässige (Neben-)Täterschaft erfassbar sein.[248]
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Die Frage, ob es gerechtfertigt ist, dem fahrlässig Handelnden fremdes vorsätzlich oder fahrlässig verwirklichtes Unrecht zuzurechnen, wird dabei primär als Frage nach dem Umfang der Sorgfaltspflicht gesehen.[249] Auf diese Weise lassen sich Fälle ausscheiden, in denen Schutzzweck der Sorgfaltspflicht nicht die Verhinderung der fremden Tat ist. Verletzt jemand dagegen eine Sorgfaltspflicht, die auch der Verhinderung von Rechtsverletzungen durch Dritte dient, soll dagegen fahrlässige Täterschaft möglich sein. Die Notwendigkeit, den Umfang der Sorgfaltspflicht festzustellen, ist durchaus zu betonen. Denn sonst kann dem Betroffenen die fremde Rechtsverletzung schon nach allgemeinen Maßstäben nicht zugerechnet werden.
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Doch ebenso wenig wie sich die Unterlassungstäterschaft allein auf die Garantenstellung stützen lässt, kann sich die fahrlässige Täterschaft allein auf die Sorgfaltspflicht stützen. Auch der Gesetzgeber agiert bei der Aufstellung fahrlässiger Straftaten nicht im luftleeren Raum, sondern hat die interpersonalen Verhältnisse zu beachten. Derjenige aber, welcher die Rechtsverletzung nicht selbst, sondern nur vermittelt durch vorsätzliches oder fahrlässiges Verhalten eines Dritten bewirkt, ist aber im Fahrlässigkeitsbereich genauso wenig wie bei den vorsätzlichen Delikten als Bewirker der Rechtsverletzung zu erfassen. Täterschaft erfordert über die kausale und den Erfolg zurechenbar verursachende Sorgfaltspflichtverletzung hinaus ein Element personalisierter Zuschreibung. Die materiellen Differenzierungen der §§ 25 ff. StGB müssen also auch bei den Fahrlässigkeitsdelikten gelten, freilich mit der Einschränkung, dass der Gesetzgeber auf die Kodifizierung fahrlässiger Teilnahme verzichetet hat. Das Fehlen einer fahrlässigen Teilnahmeregelung kann nicht dazu führen, die sorgfaltswidrige Randfigur nun als Täter des Fahrlässigkeitsdelikts zu bezeichnen, ohne dass sich die zur Verletzung führende soziale Wirklichkeit als von ihr beherrscht darstellt.[250]
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Fragen nach der Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme stellen sich dabei immer dann, wenn jemand entweder fahrlässig an der Vorsatztat einer anderen Person mitwirkt und wenn mehrere Personen fahrlässig zusammen einen Erfolg bewirken, sei es nebeneinander oder gestaffelt. Konstruktiv denkbar ist auch eine vorsätzliche Beteiligung am Fahrlässigkeitsdelikt.
1. Fahrlässige Beteiligung an fremder Vorsatz- oder Fahrlässigkeitstat
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Die fahrlässige Beteiligung an fremder Vorsatztat ist konstruktiv nur als Selbsttäterschaft oder Beihilfe möglich.[251] Eine mittelbare Täterschaft sowie eine Anstiftung scheitern daran, dass der selbst nur fahrlässig Handelnde es nicht unternehmen kann, in rechtsgutsfeindlicher Weise auf den Willen des anderen einzuwirken. Demgegenüber bewirkt das Überreden zu einer gefährlichen Tat noch keine anstiftergleiche Macht über den die gefährliche Tat Ausführenden. Auch eine fahrlässige Mittäterschaft muss aus vorpositiven Gründen ausscheiden, weil die sorgfaltswidrige Gefahrschaffung allein keine wechselseitige Zurechnung zu legitimieren vermag (näher → AT Bd. 3: Bettina Noltenius, Mittäterschaft § 51 Rn. 98, inbes. Rn. 100 ff.).
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Übrig bleibt damit nur die Möglichkeit einer fahrlässigen Täterschaft und einer fahrlässigen Beihilfe. Dabei gilt: Die fahrlässige täterschaftliche Beteiligung an fremder Tat setzt voraus, dass der Beteiligte Macht über das im Fahrlässigkeitsdelikt vertypte Unrecht hat. Diese Macht ergibt sich nicht allein daraus, dass der Täter fahrlässig ein späteres Tatmittel (z.B. eine Waffe) liegen lässt. Wohl aber kann eine täterschaftsbegründende Beherrschung des Geschehensablaufs vorliegen, wenn der Täter eine Einwirkung auf einen anderen in fahrlässiger Verkennung der Folgen unterlässt, so wenn der Überwachergarant es fahrlässig versäumt, auf die von ihm überwachte Person tathindernd einzuwirken. Ohne eine solche Beherrschung des Unrechtssachverhalts ist der Beteiligte nicht als Täter erfassbar, sondern nur fahrlässiger Gehilfe fremder Tat und damit de lege lata nicht strafbar.
2. Vorsätzliche Beteiligung an fremder Fahrlässigkeit
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Die vorsätzliche Beteiligung an fremder Fahrlässigkeitstat stellt sich oft als mittelbare Täterschaft des Beteiligten dar. Dies gilt allerdings nur dann, wenn dem Tatmittler die Einsicht in das Unrecht fehlt und der Hintermann die Fehlbarkeit der Mittelsperson für die Verwirklichung seines Unrechtswillens ausnutzt (s.o. Rn. 58 ff.). Eine Zurechnung als Mittäter scheitert demgegenüber am Fehlen eines gemeinsamen Tatplans mit dem fahrlässigen Tatmittler. (Vorsätzliche) Anstiftung und Beihilfe an der fremden Fahrlässigkeitstat sind konstruktiv möglich, scheitern aber de lege lata an der fehlenden Erfassung in § 26 f. StGB.
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Entgegen der überwiegenden Ansicht in der Literatur und der Rspr. ist auch bei Fahrlässigkeitsdelikten keine Einheitstäterschaft anzunehmen, sondern es sind die interpersonalen Besonderheiten in der Interaktion freier Subjekte zu berücksichtigen. An diese Besonderheiten ist auch der Gesetzgeber gebunden und hat diese nicht einfach durch die Schaffung einer fahrlässigen Einheitstäterschaft überwunden. Die Betrachtung zeigt, dass auch der sorgfaltswidrig Handelnde nur dann als Täter des Fahrlässigkeitsdelikts erscheint, wenn ihm die Macht über die Unrechtsrealisierung zukommt. Lässt sich die Rechtsverletzung dagegen nicht als von ihm bewirkt ansehen, bleibt allein übrig, ihn als fahrlässigen Teilnehmer am fremden Delikt zu erfassen.
V. Strafrechtliche Verantwortlichkeit von juristischen Personen, Personenverbänden usw.
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In Deutschland können sich bisher allein natürliche Personen strafbar machen. Verbände können bisher nur im Rahmen des Ordnungswidrigkeitenrechts zur Verantwortung gezogen werden (§§ 30, 130 OWiG).[252] Bei einem delinquenten Verhalten mehrerer ist die Frage der Zurechnung gem. §§ 25 ff. StGB von enormer Bedeutung. In anderen Ländern gibt es hingegen die Strafbarkeit von juristischen Personen bzw. von Organisationen.[253] Allein in der EU besteht diese Möglichkeit in Belgien, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Kroatien, Litauen, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal, Rumänien, Slowenien, Spanien, Tschechien, Ungarn, dem Vereinigten Königreich und Zypern.[254] In den USA gibt es die Strafbarkeit von Kapitalgesellschaften.[255]
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Anknüpfend an die oben genannten ausländischen Rechtsordnungen wird gegenwärtig überlegt, eine Verbandsstrafe gegenüber juristischen Personen bzw. gegenüber Personenverbänden einzuführen. Konkret hat die Debatte um ein Unternehmensstrafrecht der 2013 vorgelegte Geseztesantrag des Landes Nordrhein-Westfalen zur Einführung einer