Die Rechte des Verletzten im Strafprozess. Klaus Schroth
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Auch der Kontakt zu Angehörigen, Freunden oder anderen Vertrauenspersonen des Mandanten kann auf dessen Wunsch hin hergestellt werden. Hierbei ist aber zu beachten, dass Informationen nur mit dem ausdrücklichen Einverständnis des Mandanten weitergegeben werden dürfen und zurückgehalten werden sollten, wenn die betreffenden Personen als Zeugen in Betracht kommen bzw. ihnen kein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht. Dies sollte im Rahmen von Besprechungen mit dem Mandanten gleichermaßen gelten, auch wenn dieser zum Teil wünschen wird, dass eine Vertrauensperson mit zugegen sein soll. Dabei ist allerdings zu sehen, dass die Anwesenheit einer solchen Vertrauensperson dem Mandanten Sicherheit gibt und sich damit positiv auf die gemeinsame Kommunikation auswirkt. Gleichwohl kommen diese Personen als Zeugen des Gesprächs zwischen Mandant und Rechtsanwalt in Betracht, so dass sich regelmäßig der Versuch empfiehlt, nach dem ersten Schaffen von wechselseitigem Vertrauen und einer guten Gesprächsebene zwischen Mandant und Rechtsanwalt eine Fortsetzung der Unterredung ohne die Vertrauensperson zu erreichen und erst dann das eigentliche Mandantengespräch zu führen. Jedenfalls sollte über die Anwesenheit der Vertrauensperson Stillschweigen bewahrt werden, um der Gefahr einer möglichen zeugenschaftlichen Befragung der Vertrauensperson zu begegnen. Bei der Vertretung von Kindern, Jugendlichen und geschäftsunfähigen Mandanten sollte die Vertretung mit den Erziehungsberechtigten bzw. dem Betreuer besprochen und auch während des weiteren Mandats fortwährend Kontakt zu diesen gehalten werden.
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Über die Entbindungserklärung von der ärztlichen Schweigepflicht hat der Rechtsanwalt die Möglichkeit, fachärztliche Atteste anzufordern, Einblick in Krankenunterlagen zu nehmen und sich auf diese Weise ein weitergehendes Bild von seinen Mandanten, dessen Verletzungen sowie dem zugrundeliegenden Sachverhalt zu machen, etwa um erforderlichenfalls weitere Beweisanträge stellen bzw. die Vornahme bestimmter Ermittlungsmaßnahmen anregen zu können.
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Der Kontakt zu weiteren Mitgeschädigten sollte stets über deren Rechtsanwälte aufgenommen werden. Dies gilt vor allem dann, wenn diese als Zeugen in Betracht kommen. Der Rechtsanwalt sollte immer darauf achten, dass wichtige Gespräche und Recherchen im Beisein einer dritten Person geführt werden. Die zeitnahe und umfassende Dokumentation der Gesprächsinhalte ist dringend anzuraten. Das Erstellen eines Protokolls, das von dem Gesprächspartner nach Möglichkeit unterschrieben werden sollte, eröffnet und erleichtert die Möglichkeit einer späteren prozessualen Verwertung.
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Wünscht der Mandant, dass Verbindung zum Arbeitgeber aufgenommen wird, muss vorher geklärt werden, wie weit die Entbindung des Rechtsanwalts von seiner Verschwiegenheitspflicht reicht. Die arbeitsrechtlichen Gesichtspunkte sind dabei besonders zu beachten. Vor allem, wenn Schadensersatzforderungen wegen entgangenem Arbeitsentgelt u.ä. geltend gemacht werden sollen, ist eine Kontaktaufnahme regelmäßig angezeigt.
Anmerkungen
Im Internet kann die Opferfibel in der jeweils aktuellen Fassung unter www.bmjv.de heruntergeladen werden.
Teil 3 Die Einleitung des Strafverfahrens › V. Strafverfolgung im Ausland – Datenübermittlung an EU-Mitgliedsstaaten
V. Strafverfolgung im Ausland – Datenübermittlung an EU-Mitgliedsstaaten
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In § 158 Abs. 3 StPO ist die Übermittlung der Strafanzeige des Verletzten an die für die Strafverfolgung zuständige Stelle eines anderen EU-Mitgliedsstaates gesetzlich vorgesehen. Voraussetzung ist, dass die Tat in einem Mitgliedsland begangen worden ist, deutsches Strafrecht nicht zur Anwendung kommt bzw. die Staatsanwaltschaft von ihrer Befugnis nach § 153c Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StPO – auch in Verbindung mit § 153 f StPO – Gebrauch gemacht hat, der Verletzte seinen Wohnsitz im Inland hat und von ihm ein entsprechender Antrag gestellt worden ist.[1] Nach § 158 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StPO kann von der Übermittlung abgesehen werden, wenn die Taten und die für ihre Verfolgung wesentlichen Umstände der zuständigen ausländischen Behörde bereits bekannt sind oder gem. § 158 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 der Unrechtsgehalt der Tat gering ist und der verletzten Person die Anzeige im Ausland möglich gewesen wäre. Darüber hinaus kann die Staatsanwaltschaft eine Anzeige an eine ausländische Strafverfolgungsbehörde weiterleiten, wenn sie dies für sachgerecht und erforderlich hält. Dabei sind jedoch die rechtshilferechtlichen Vorgaben der §§ 61a Abs. 1, 92 Abs. 1 IRG zu beachten.[2]
Anmerkungen
M-G/S StPO § 158 Rn. 28; Walther AnwK-StPO § 158 Rn. 35 ff.
M-G/S StPO § 158 Rn. 30 m. H. auf Freigestaltungen in: BT-Drucks. 16/12098, S. 23v. 3.3.2009.
Teil 3 Die Einleitung des Strafverfahrens › VI. Beweissicherung – Eigene Ermittlungen – Fristen
VI. Beweissicherung – Eigene Ermittlungen – Fristen
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In jeder Verfahrenssituation besteht für den Verletzten bzw. seinen anwaltlichen Vertreter die Möglichkeit, Beweisanträge zu stellen. Davon ist stets Gebrauch zu machen, wenn dadurch die Sachverhaltsdarstellung des Mandanten untermauert bzw. das Vorbringen der Gegenseite widerlegt werden kann. Der Rechtsanwalt kann aber auch von sich aus Beweissicherungen vornehmen, bzw. vornehmen lassen, wenn sich die Gelegenheit dazu bietet. Wichtig ist nur, dass jegliche unzulässige Einflussnahme – oder auch nur der geringste Anschein davon – vermieden wird. Es ist ebenfalls darauf zu achten, dass die Beweise verwertbar bleiben und möglichst objektiv gesichert werden. Insbesondere zu Beginn eines Ermittlungsverfahrens sind all diejenigen Beweissicherungen umgehend vorzunehmen, die nur zeitlich begrenzt möglich sind, so beispielsweise Fotoaufnahmen von Verletzungen, Sicherung von bei Dritten aufgezeichnetem Videomaterial des Tatorts, Aussagen von sich regelmäßig im Ausland befindlichen Zeugen oder Skizzen, die direkt nach dem Geschehen gefertigt wurden.
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Selbstverständlich kann der Rechtsanwalt auch eigene Ermittlungen anstellen. Er sollte dabei aber stets darauf bedacht sein, dass die Durchführung und das Ergebnis so darstellbar ist, dass er nicht selbst als Zeuge auftreten muss. Folglich ist die Einschaltung von dritten Personen anzuraten. Je gründlicher und vollständiger diese eigenen Ermittlungen dokumentiert werden, desto glaubwürdiger und verwertbarer können sie eingesetzt werden.
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