Die Rechte des Verletzten im Strafprozess. Klaus Schroth
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Neben dem dargestellten Fehlen eines Zeugenbeistands bedarf es der Unfähigkeit des Zeugen, die Zeugenbefugnisse selbst wahrzunehmen. Dem liegt zugrunde, dass ein Zeuge grundsätzlich in der Lage ist, seine Rechte und Pflichten alleine wahrzunehmen und eine Unterstützung ausschließlich in besonderen Situationen geboten ist[15]. Dies ist etwa der Fall, wenn der Zuge aufgrund seiner Minderjährigkeit überfordert oder als erwachsener psychisch beeinträchtigt ist, aufgrund möglicher Repressalien durch den Angeklagten als gefährdet anzusehen oder auch aufgrund eines etwaigen Auskunftsverweigerungsrechts zu schützen ist[16].
Die Beiordnung eines Zeugenbeistands nach § 68b Abs. 2 StPO ist während des gesamten Strafverfahrens möglich. Im Ermittlungsverfahren betrifft die Beiordnung vor allem die richterliche und wegen der generellen Verweisung in § 161a Abs. 1 S. 2 bzw. § 163 Abs. 3 S. 1 StPO, auch die staatsanwaltliche und polizeiliche Zeugenvernehmung. Ergeben sich die Voraussetzungen für die Beiordnung erst in der Hauptverhandlung – etwa, wenn der Zeuge nach einer den Beschuldigten belastenden Aussage im Ermittlungsverfahren von diesem bedroht wird – so kann auch erst dann die Beiordnung erfolgen. Sie ist zwar von Amts wegen zu prüfen, kann aber auch beantragt werden.[17] Die daraufhin ergehende Entscheidung bezüglich der Beiordnung ist unanfechtbar[18], auch wenn ein zurückweisender Beschluss ergeht.[19]
Neben der eigentlichen Vernehmung umfasst die Beiordnung aber auch alle in untrennbarem sachlichem und zeitlichem Zusammenhang stehende Tätigkeiten, etwa die Beratung vor oder nach der Vernehmung.[20] Bevor der Zeuge vernommen wird, muss der Beistand mindestens die Gelegenheit haben, den Gegenstand der Aussage zu erfahren, um diesen mit dem Zeugen besprechen und die bei der Vernehmung auszuübenden Befugnisse mit ihm erörtern zu können. Auch nach Abschluss der Vernehmung muss noch Zeit für die Beratung über etwaige Rechtsbehelfe oder Ansprüche mitumfasst sein. Kommt es im Anschluss zu einer weiteren Vernehmung, bedarf es einer neuerlichen Beiordnung.[21]
Anmerkungen
Beulke Strafprozessrecht, Rn. 196a; Ein Überblick über den Zeugenschutz insgesamt findet sich bei Jung GA 1998, 313.
Vgl. SK-StPO/Rogall Vor § 48 Rn. 71 ff.
Insbesondere von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung.
Dazu gehören Personen, die bei Erfüllung ihrer Zeugenpflichten mit einem Angriff auf ihre Rechtsgüter oder auf Rechtsgüter einer ihnen nahe stehenden Person zu rechnen haben, wie z.B. V-Leute; Beulke Strafprozessrecht Rn. 196a.
Zschockelt/Wegner NStZ 1996, 305; Wegner ZRP 1997, 404; Franke StraFo 2000, 295.
LR-StPO/Ignor/Bertheau Vor § 48 Rn. 35; Beulke Strafprozessrecht Rn. 186.
M-G/S StPO § 58 Rn. 3; KK-StPO/Zabeck § 404 Rn. 9.
BayObLGSt 1953, 26; BayObLG NJW 1961, 2318; Pfeiffer StPO Vor § 48 Rn. 3; HK-StPO/Gercke Vor § 48 Rn. 11; Alsberg/Dallmeyer/Güntge/Tsambikakis Der Beweisantrag im Strafprozess, Rn. 1559 ff.
Umfassend hierzu: Lüdeke Der Zeugenbeistand.
Vgl. LR-StPO/Ignor/Bertheau Vor § 48 Rn. 10.
Burhoff Ermittlungsverfahren Rn. 4418 ff. und Hauptverhandlung, Rn. 3491 ff. bezeichnet den Zeugenbeistand nach § 68b StPO zur Unterscheidung vom allgemeinen Zeugenbeistand als Vernehmungsbeistand.
M-G/S StPO § 68b Rn. 11; LR-StPO/Ignor/Bertheau Nachtr. § 68b Rn. 8.
SK-StPO/Rogall § 68b Rn. 23.
SK-StPO/Rogall § 68b Rn. 27.
BT-Drucks. 16/12098 v. 3.3.2009, S. 17; SK-StPO/Rogall § 68b Rn. 29; KK-StPO/Senge § 68b Rn. 6.
Daimagüler Der Verletzte im Strafverfahren, Rn. 143 m.w.N.
Wessing/Ahlbrecht Der Zeugenbeistand, Rn. 138.
SK-StPO/Rogall § 68 Rn. 39 ff.
BT-Drucks. 16/12098 vom 3.3.2009, S. 18; M-G/S StPO 68b Rn. 14; a.A. Daimagüler Der Verletzte im Strafverfahren, Rn. 146; LR-StPO/Ignor/Bertheau § 68b Rn. 34.