Die Rechte des Verletzten im Strafprozess. Klaus Schroth
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Die Regelungen des Zeugenschutzes stehen der Aufklärungspflicht der Strafverfolgungsorgane nicht entgegen. Mit dem Zeugenschutz kann auch die berechtigte Erwartung verbunden werden, dass ein geschützter Zeuge eher bereit sein wird, sein Wissen in den Dienst der Strafverfolgungsbehörden zu stellen. Er wird dadurch auch vielfach erst in die Lage versetzt, sein verfügbares Wissen vollständig zu reproduzieren. Die dadurch ermöglichte umfassendere Ausschöpfung des Zeugenbeweises stärkt damit indirekt auch die Erfüllung der Aufklärungspflicht durch die Ermittlungsbehörden[5].
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Werden weitergehende Verfahrenspositionen durch den Verletztenzeugen eingenommen, ändert sich in Bezug auf die Zeugenrechte in der Regel nichts. Beteiligt sich der Verletzte einer Straftat beispielsweise auch als Nebenkläger an dem Verfahren, hindert dies nicht die Möglichkeit, als Zeuge aufzutreten. Das ergibt sich bereits aus § 397 Abs. 1 S. 1 StPO.[6] Gleiches gilt bei der Stellung eines Adhäsionsantrags.[7] Anderes gilt nur dann, wenn der durch eine Straftat Verletzte das Strafverfahren als Privatkläger betreibt. Als Privatkläger ist er sowohl Kläger als auch Vertreter der Anklage. Der Schwerpunkt wird von der ganz h.M. in letzterem Aspekt gesehen und somit die Zeugenfähigkeit des Privatklägers verneint.[8]
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Ein wichtiges Zeugenrecht liegt in der Befugnis, sich bei der Vernehmung eines Rechtsanwalts als Beistand zu bedienen. Hochschullehrer oder Rechtsreferendare scheiden nach dem Wortlaut des Gesetzes aus. § 397a Abs. 1 StPO spricht nur von der Bestellung eines Rechtsanwalts als Beistand und enthält keinen Verweis auf § 138 Abs. 1 StPO, wonach ein Hochschullehrer als Wahlverteidiger auftreten kann. Auch § 139 StPO ist nicht anwendbar, da auch hier allein der Wahlverteidiger einem Referendar die Verteidigung übertragen kann. Jeder Rechtsanwalt, der einem Zeugen beisteht, sieht sich in einer gegenüber der Strafverteidigung stark abweichenden Rolle. Er hat seinen Blick nicht wie das Gericht, die Staatsanwaltschaft oder die Verteidigung vorrangig auf das Schicksal des Angeklagten, sondern auf die Interessen des Zeugen zu richten. Seine Mitwirkung kann sich zwar – etwa als reiner Zeugenbeistand – nur auf einen Teil des Verfahrens, nämlich die Beweisaufnahme, beschränken, dieser kommt aber im gesamten Strafverfahren eine herausgehobene, wenn nicht gar die entscheidende und zentrale Bedeutung zu.
Die Strafprozessordnung stellt ein abgestuftes System von Schutz- und Beteiligungsrechten für Zeugen zur Verfügung, die dem jeweiligen Grad der Betroffenheit durch die Straftat entsprechen. Nach der Beteiligung des Zeugen am Strafverfahren richten sich auch die Möglichkeiten des anwaltlichen Beistands, für seinen Mandanten tätig zu werden.
Teil 4 Die Pflichten und Rechte des Zeugen, insbesondere des Verletztenzeugen – Der anwaltliche Zeugenbeistand › II. Zeugenrechte › 1. Der Verletztenbeistand
1. Der Verletztenbeistand
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Die größte Gruppe von Zeugen, die in der Praxis den Rat und den Beistand eines Rechtsanwaltes erbitten, sind die nebenklageberechtigten und sonstigen durch Straftaten Verletzte. Der Zeuge, der zugleich „Verletzter“ ist, hat die Schutz- und Mitwirkungsrechte aus den §§ 406d – 406l StPO. Die seit dem „Opferschutzgesetz“ aus dem Jahr 1986 immer wieder ergänzt worden sind. Der Verletztenbeistand ist nunmehr namentlich im § 406f StPO aufgeführt. Der Umfang des Akteneinsichtsrechts des Verletzten, seine anwaltliche Vertretung sowie deren Rechte haben ihre Regelung in §§ 406e, 406f, 406g, 406h, 406i, 406j und 406k StPO gefunden, wobei § 406f StPO für den „normalen“ Verletzten gilt und § 406h StPO für den nebenklageberechtigten Verletzten. Das Akteneinsichtsrecht nach § 406e StPO ist für Verletze, Nebenklagebefugte und Nebenkläger gemeinsam geregelt. Es gelten die gleichen Versagungsgründe, aber auch das gleiche uneingeschränkte Akteneinsichtsrecht nach Abschluss der Ermittlungen wie für den Beschuldigten. Die Erhebung der Nebenklage kann noch weitergehende Rechte für den Verletztenzeugen eröffnen. Überdies konstituiert § 406h StPO eine Hinweispflicht der Strafverfolgungsbehörden auf die Befugnis des Zeugen auf Hinzuziehung eines Beistands. Durch das „3. Opferrechtsreformgesetz“ wurde jüngst die Regelung des § 406g StPO eingefügt, wonach der Verletzte sich des Beistands eines psychosozialen Prozessbegleiters bedienen kann. Des Weiteren wurden verschiedene Rechte durch die Einführung des § 406l StPO auf Angehörige und Erben des Verletzten übertragen. Die speziellen Rechte des Verletzten und des anwaltlichen Verletztenbeistands sind ausführlich in Teil 5 dargestellt.
Teil 4 Die Pflichten und Rechte des Zeugen, insbesondere des Verletztenzeugen – Der anwaltliche Zeugenbeistand › II. Zeugenrechte › 2. Der gewählte Zeugenbeistand
2. Der gewählte Zeugenbeistand
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Neben denjenigen Zeugen, die nebenklageberechtigt oder Verletzte im Sinne der §§ 406d – 406l StPO sind, suchen häufig auch solche Zeugen einen Rechtsanwalt auf, denen es in erster Linie darum geht, zu erfahren, ob und in welchem Umfang sie Zeugnisverweigerungs- oder Auskunftsverweigerungsrechte haben. Auch diese Zeugen haben das Recht auf fachkundige Hilfe durch einen Rechtsanwalt, der als gewählter oder beigeordneter Zeugenbeistand auftreten kann[9].
Seit der Neuregelung des § 68b Abs. 1 und 2 StPO im Rahmen des „2. Opferrechtsreformgesetz“ ist klargestellt, dass Zeugen bei allen Vernehmungen, also auch schon bei Vernehmungen durch die Polizei, einen anwaltlichen Beistand hinzuziehen können, sofern dies nicht die geordnete Beweiserhebung beeinträchtigt.
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Das Recht, einen Zeugenbeistand hinzuzuziehen, besteht auch außerhalb des Strafverfahrens, nämlich auch im Rahmen von Ordnungswidrigkeitenverfahren, Disziplinarverfahren und berufsrechtliche Verfahren.[10]
Teil 4 Die Pflichten und Rechte des Zeugen, insbesondere des Verletztenzeugen – Der anwaltliche Zeugenbeistand › II. Zeugenrechte › 3. Die Beiordnung eines Zeugenbeistands gem. § 68b Abs. 2 StPO
3. Die Beiordnung eines Zeugenbeistands gem. § 68b Abs. 2 StPO
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Für viele Zeugen in der Praxis durchaus relevant ist die Möglichkeit, sich beim Vorliegen schutzwürdiger Interessen nach § 68b Abs. 2 StPO einen Rechtsanwalt als Zeugenbeistand beiordnen zu lassen[11]. Die danach erfolgende Bestellung eines Zeugenbeistands ist allerdings