Gesellschaftsrecht I. Recht der Personengesellschaften. Ulrich Wackerbarth
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Ein wichtiger Grund i. S. d. § 723 Abs. 1 BGB liegt vor, wenn dem kündigenden Gesellschafter bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände im Einzelfall nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann. Als wichtige Gründe kommen vor allem in Betracht die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses im geschäftlichen Bereich und schwerwiegende Treuepflichtverstöße. Die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses als Auflösungsgrund wiegt besonders schwer, wenn sie schuldhaft herbeigeführt worden ist[11]. Auch das außergeschäftliche Verhalten kann, soweit es Rückwirkungen auf die Gesellschaftssphäre hat, berücksichtigt werden.
b) Das Ausscheiden durch Abschluss eines Ausscheidensvertrag
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Das Ausscheiden eines Gesellschafters durch Vertrag mit den übrigen Gesellschaftern ist im Gesetz nicht geregelt. Die Zulässigkeit ergibt sich aus dem Prinzip der Vertragsfreiheit. Eine Vereinbarung dieser Art dient meist der Vermeidung oder der Beilegung von Streitigkeiten unter den Gesellschaftern, insbesondere der Abwendung eines Ausschließungsverfahrens[12].
Grundsätzlich können also mit Zustimmung aller Gesellschafter einzelne Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheiden oder neue Gesellschafter aufgenommen werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Initiative vom Ausscheidenden ausgeht oder diejenigen Gesellschafter, welche die Gesellschaft fortsetzen möchten, denjenigen, der ausscheiden soll, eben darum bitten oder dazu drängen. Entscheidend ist, dass alle Gesellschafter der Änderung des Gesellschaftsvertrages zustimmen, die das Ausscheiden des einen Gesellschafters zur Folge hat.
c) Die Hinauskündigung eines Gesellschafters
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Aus § 737 BGB ergibt sich, dass bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Hinauskündigung eines Gesellschafters möglich ist. Ein solches Ausschließungsrecht steht den übrigen Gesellschaftern zu, wenn in der Person des Gesellschafters, der ausgeschlossen werden soll, ein wichtiger – sachlicher – Grund im Sinne des § 723 Abs. 1 BGB vorliegt[13]. Der wichtige Grund muss sich auf solche Umstände in der Person des Gesellschafters beziehen, welche die Fortsetzung der Gesellschafter mit ihm für die übrigen Gesellschafter unzumutbar machen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn das Vertrauensverhältnis unter den Gesellschaftern zerstört ist oder ein gedeihliches Zusammenwirken aus sonstigen, namentlich wirtschaftlichen Gründen, nicht mehr möglich ist.[14]
Beispiel:
A, B, C und D sind Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft. Ohne Wissen der anderen Gesellschafter hat C mehrere Male Geld vom Gesellschaftskonto abgehoben, um private Spielschulden zu begleichen. Trotz einer entsprechenden Verwarnung der anderen Gesellschafter hebt C erneut 5.500 € vom Gesellschaftskonto ab, um private Schulden zu tilgen. Das Handeln des C hat das Vertrauensverhältnis zu den Mitgesellschaftern nachhaltig zerstört. Es liegt also ein wichtiger Grund i. S. der §§ 737, 723 Abs. 1 BGB vor, der zum Ausschluss des C berechtigt.
Die Ausschließung eines Gesellschafters muss stets unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles das äußerste Mittel darstellen, um Schaden von der Gesellschaft abzuwenden.[15]
Aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit folgt, dass in den Gesellschaftsvertrag Gründe aufgenommen werden können, die das Ausscheiden eines Gesellschafters zur Folge haben sollen. Nach dem Wortlaut des § 737 BGB ist eine Ausschließung aus wichtigem – sachlichen – Grund allerdings nur dann zulässig, wenn der Gesellschaftsvertrag eine Fortsetzungsklausel enthält, die sich auf den Kündigungsfall bezieht.
Bei einer nur aus zwei Gesellschaftern bestehenden Gesellschaft (zweigliedrige Gesellschaft) ist die Ausschließung eines Gesellschafters unter dem Fortbestand der Gesellschaft grundsätzlich nicht möglich, da § 737 BGB, wie sich aus dem Wortlaut ergibt, nicht anwendbar ist.[16] In diesem Falle hilft jedoch eine mögliche Übernahme- oder Fortsetzungsklausel im Gesellschaftsvertrag, nach der ein Gesellschafter das Unternehmen allein fortführt, was im praktischen Ergebnis dem Ausschluss gleichkommt.[17]
Eine Störung der Geschäftsgrundlage i. S. d. § 313 BGB kann im Personengesellschaftsrecht nicht zur Auflösung der Gesellschaft oder zum Ausschluss eines Gesellschafters führen. Sie kann allenfalls zur Anpassung des Gesellschaftsvertrages zwingen, vorausgesetzt eine ergänzende Auslegung des Vertrages ist nicht möglich.[18]
a) Überblick
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In Bezug auf das Innenverhältnis verliert der ausscheidende Gesellschafter seine Gesellschafterstellung. Die Mitgliedschaftsrechte und -pflichten erlöschen. Sein Anteil am Gesellschaftsvermögen wächst den übrigen Gesellschaftern zu (§ 738 Abs. 1 BGB). Mit seinem Ausscheiden verliert der Gesellschafter die mit seiner ehemaligen Gesellschafterstellung verbundene Rechtsmacht, gemeinschaftlich mit den übrigen Gesellschaftern – oder ggf. allein – die Geschäfte zu führen und mit Wirkung für und gegen die Gesellschaft rechtsgeschäftlich zu handeln[19].
b) Die Nachhaftung
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Ein Gesellschafter, der aus der BGB-Gesellschaft ausscheidet, haftet den Gläubigern der Gesellschaft auch nach seinem Ausscheiden persönlich mit seinem Privatvermögen für alle Verbindlichkeiten, die bis zum Zeitpunkt seines Ausscheidens entstanden sind. Die Ansprüche gegen die Gesellschafter verjähren nach deren Ausscheiden grundsätzlich nach Maßgabe der §§ 736 Abs. 2 BGB und § 160 HGB nach fünf Jahren, soweit sie nicht einer kürzeren Verjährungsfrist unterliegen.
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Durch § 736 Abs. 2 BGB wird für die BGB-Gesellschaft die sinngemäße Geltung der für die Personenhandelsgesellschaften bestehenden Regelungen über die Begrenzung der Nachhaftung angeordnet. Damit gilt auch für Ansprüche gegen einen ausscheidenden BGB-Gesellschafter grundsätzlich die fünfjährige Ausschlussfrist gem. § 160 Abs. 1 HGB (vgl. dazu Rn. 383 ff.). Wegen der fehlenden Registerpublizität der BGB-Gesellschaft ist Anknüpfungspunkt hinsichtlich des Fristbeginns für die Enthaftung des ausscheidenden Gesellschafters die Kenntnis jedes einzelnen Gläubigers vom Ausscheiden des BGB-Gesellschafters. Die daraus resultierenden unterschiedlichen Enthaftungszeitpunkte müssen je nach Gläubigerkenntnis als Konsequenz der fehlenden Registerpublizität hingenommen werden[20].
Beispiel:
Aus einer Anwaltssozietät in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts scheidet S mit Zustimmung der übrigen Gesellschafter aus Altersgründen mit Wirkung zum 31.12.2009 aus. Im Oktober 2009 hatte M aufgrund eines Vertrages mit der Gesellschaft deren Praxisräume renoviert. Wegen der noch nicht bezahlten Vergütung kann M aus § 631 BGB i. V. m. § 128 HGB analog, sowie § 736 Abs. 2 BGB und § 160 HGB Anfang des Jahres 2010 auch den S in Anspruch nehmen.
a) Überblick
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Der ausgeschiedene Gesellschafter erwirbt gegen die Gesellschaft nach § 738 Abs. 1 S. 2 BGB einen Anspruch auf dasjenige, was er bei der Auseinandersetzung erhalten würde, wenn die Gesellschaft zum Zeitpunkt des Ausscheidens liquidiert worden wäre.