Handbuch des Strafrechts. Robert Esser
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Bei Genehmigungen und anderen Hoheitsakten, die die Strafbarkeit ausschließen, kommen die eben aufgestellten Regeln entsprechend zur Anwendung. Die spätere Aufhebung einer Genehmigung wirkt zweifellos nicht strafbarkeitsbegründend; denn unter strafrechtlichen Aspekten muss zum Zeitpunkt des Täterhandelns klargestellt sein, ob das Handeln rechtmäßig oder unrechtmäßig ist[157]. Umgekehrt kann ein Fahren ohne Fahrerlaubnis gem. § 21 StVG nach (Wieder‑)Erlangung derselben selbstverständlich weiter bestraft werden. Dies gilt grundsätzlich für alle Tatbestände, die ein Handeln ohne Genehmigung im weiteren Sinne unter Strafe stellen, solange die Genehmigungspflichtigkeit als solche nicht durch Gesetzesänderung weggefallen ist. Wenn nämlich selbst die Genehmigungsfähigkeit keine Rolle spielen darf, weil es dem Gesetzgeber um die Einhaltung eines formellen Verfahrens mit seiner Kontroll-, aber auch Informationsfunktion geht (vgl. bereits Rn. 46), darf auch eine tatsächliche Nachholung nicht zum Strafausschluss führen[158]. Ausnahmen bei der Strafbarkeit sind lediglich dann zu machen, wenn der jeweils maßgebliche Tatbestand, wie etwa §§ 331 Abs. 3, 333 Abs. 3 StGB[159], ausdrücklich etwas anderes vorschreibt. Freilich wird die nachträgliche, insbesondere die gerichtlich erstrittene Genehmigung auch sonst für eine großzügigere Anwendung der §§ 153 ff. StPO bzw. des § 47 OWiG sprechen.
IV. Verweisung auf Einzelakte und Irrtumsproblematik
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Auch die Behandlung von Irrtumsfragen weist Unterschiede zu Blanketttatbeständen auf, die durch abstrakt-generelle Regelungen ausgefüllt werden. Setzt der Tatbestand eine behördliche oder justizielle Einzelanordnung voraus, so führt der Irrtum über die Existenz und den Inhalt dieser Anordnung völlig unstreitig zum vorsatzausschließenden Tatbestandsirrtum gem. § 16 Abs. 1 StGB (bzw. § 11 Abs. 1 OWiG)[160]. Die Privilegierung gegenüber dem Täter, der über abstrakt-generelle Normen irrt (Rn. 35), hat nichts mit einer generell größeren Verzeihlichkeit der Unkenntnis einer hoheitlichen Verfügung zu tun. Eher ist das Gegenteil der Fall: Ein Verkehrszeichen oder eine persönlich zugestellte Einzelverfügung dürfte in der Regel viel leichter wahrnehmbar sein und normalerweise auch weit stärker ins Bewusstsein des Bürgers dringen, als ein im Bundesgesetzblatt verkündetes Gesetz[161]. Der Unterschied zwischen bewusster und unbewusster Auflehnung gegen die Rechtsordnung ist hier deshalb mit Vorsatz und Nichtvorsatz gleichzusetzen, weil bei den maßgeblichen Tatbeständen, sei es § 327 StGB, § 1 Abs. 1 Nrn. 1–4 WiStG oder gar §§ 19 f. WehrStG, vom Bürger Loyalität und Gehorsam als solcher gefordert wird. Eine eigenständige Subsumtion des Lebenssachverhalts durch den Bürger unter die Ermächtigungsgrundlage findet nicht statt (vgl. Rn. 45). Von vorsätzlichem Ungehorsam kann nur dann die Rede sein, wenn der Bürger die Verfügung kennt.
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Soweit der Einzelakt selbst keine Regelung trifft und die Rechtsanwendung dem Bürger überlassen bleibt, liegt allerdings nur ein Verbotsirrtum gem. § 17 StGB (bzw. § 11 Abs. 2 OWiG) vor, unstreitig etwa dann, wenn sich der Bürger über seine Gehorsamspflicht als solche irrt. Denkbar wäre auch, dass der Adressat lediglich über die Verbindlichkeit im Einzelfall irrt: Er könnte z.B. glauben, seine Beschwerde gegen ein vorläufiges Berufsverbot gem. § 132a StPO habe (entgegen § 307 Abs. 1 StPO) aufschiebende Wirkung, oder ihm sind die Rechtsfolgen von § 80 Abs. 2 S. 1 Nrn. 1–3 VwGO unbekannt. Entgegen der wohl h.M.[162] liegt auch hier nur ein Verbotsirrtum vor, denn der Bürger irrt in Kenntnis des Einzelaktes lediglich über dessen gesetzlich bestimmte Vollziehbarkeit[163]. Ist dem Bürger die Existenz des belastenden Hoheitsakts vollauf bewusst, hat er genügend Anlass, sich darüber zu informieren, inwieweit ihn zum maßgeblichen Zeitpunkt Gehorsamspflichten treffen. Auch verfügt er insofern regelmäßig über die für die Rechtsanwendung notwendigen Tatsachenkenntnisse. Hängt der Sofortvollzug allerdings von einer ausdrücklichen Anordnung ab, etwa bei § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO, greift bei Unkenntnis (z.B. durch unaufmerksames Lesen des Bescheids) wiederum § 16 Abs. 1 StGB (bzw. § 11 Abs. 1 OWiG)[164]. Die gleiche Abgrenzung sollte bei standardisierten Verwaltungsakten Anwendung finden: Wer ein Verkehrszeichen übersieht, handelt zwar fahrlässig, wer aber glaubt, ein optisch richtig wahrgenommenes Stoppschild gewähre Vorfahrt, befindet sich lediglich im (vermeidbaren) Verbotsirrtum[165]. Insoweit fordert der Gesetzgeber eben eine eigenverantwortliche Subsumtion durch den Verkehrsteilnehmer.
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Bei Genehmigungen und Hoheitsakten, die die Strafbarkeit ausschließen, kommen die eben aufgestellten Regeln entsprechend zur Anwendung[166]. Nimmt der Täter irrig an, er verfüge tatsächlich über die erforderliche behördliche Erlaubnis, die ihm auch nicht auf irgendeine Weise wieder entzogen wurde, oder glaubt er an eine einem Dritten erteilte Genehmigung, z.B. im Falle von § 404 Abs. 1 Nr. 1 SGB III an das Vorliegen eines Aufenthaltstitels oder im Falle von § 21 Abs. 1 Nr. 2 StVG an das Vorliegen einer Fahrerlaubnis, schließt dies gem. § 16 Abs. 1 StGB (bzw. § 11 Abs. 1 OWiG) den Vorsatz aus. Dabei sind allerdings Fahrlässigkeitsstrafbarkeiten zu beachten, etwa in § 21 Abs. 2 Nr. 1 StVG. Handelt der Täter rechtswidrig und glaubt dabei, über eine Erlaubnis zu verfügen, die so oder in dieser Reichweite gar nicht erteilt werden kann, liegen weder Tatbestands- noch Erlaubnistatbestandsirrtum vor, sondern ein Doppelirrtum, mit dem nach allgemeinen Grundsätzen gem. § 17 StGB zu verfahren ist. Bei Unkenntnis der öffentlich-rechtlichen Genehmigungspflicht
1. Abschnitt: Das Strafrecht im Gefüge der Gesamtrechtsordnung › § 4 Anknüpfung des Strafrechts an außerstrafrechtliche Normen › D. Rechtsnormative Tatbestandsmerkmale
I. Erscheinungsformen und Gesetzlichkeitsprinzip
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Während bei echten Blanketten das Zusammenlesen mit der ausfüllenden Norm dazu führt, dass der Normadressat den vorgefundenen Lebenssachverhalt vollständig unter den Gesamttatbestand subsumieren muss (oben Rn. 7, 35), wird bei Tatbeständen, soweit sie rechtsnormative Tatbestandsmerkmale enthalten, eine bestimmte (i.d.R.