Handbuch des Strafrechts. Robert Esser

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Handbuch des Strafrechts - Robert Esser

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Gemengelage von einfachem Recht und Verfassungsrecht[596] führt dazu, dass Umfang und Reichweite der verfassungsrechtlichen Kontrollbefugnis gegenüber dem Strafrecht nur schwer verallgemeinernd zu konturieren sind.[597] Festhalten lässt sich allerdings, dass die Verfassungsrechtsprechung bislang tiefer in die Gestaltung des Strafprozessrechts als in jene des materiellen Strafrechts eingegriffen hat.[598] Dies dürfte jedoch nur zum Teil an der spezifischen Materie des formstrengen Prozessrechts, sondern vielmehr vor allem daran liegen, dass in verfassungsgerichtlichen Verfahren vornehmlich richterliche Entscheidungen auf dem Prüfstand und damit denknotwendig auch prozedurale Aspekte im Vordergrund stehen. Denn das Bundesverfassungsgericht nimmt eine Verletzung spezifischen Verfassungsrechts insbesondere dann an, wenn ein Fachgericht die Bedeutung und Tragweite eines Grundrechts bei der Auslegung oder Anwendung des einfachen Rechts grundsätzlich verkennt, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit missachtet oder objektiv willkürlich entscheidet.[599] Für den Bereich des Strafrechts bedeutet dies, dass das Bundesverfassungsgericht seine Eingriffsmöglichkeiten neben der Verletzung von spezifischem Verfassungsrecht gerade auch von der Intensität der geltend gemachten Grundrechtsbeeinträchtigung durch die Fachgerichte abhängig macht.[600] Je nachhaltiger oder gravierender eine gerichtliche Entscheidung grundrechtsgeschützte Voraussetzungen freiheitlicher Existenz oder Betätigung verkürzt, desto eingehender fällt die verfassungsrechtliche Prüfung aus.[601] Auf der anderen Seite stellt das Bundesverfassungsgericht eine Verletzung der in Art. 101 Abs. 1 S. 2, Art. 103 Abs. 2 GG garantierten rechtsstaatlichen Regeln regelmäßig nur in Fällen offenkundiger Defizite strafgerichtlicher Entscheidungen fest.[602] Diese Zurückhaltung lässt sich möglicherweise damit erklären, dass die grundgesetzliche Gewährleistung des gesetzlichen Richters und des strafrechtlichen Bestimmtheitsgebots gerade in der (förmlichen) Gesetzlichkeit besteht.[603] Bei den Verfahrensrechten, etwa bei einer Verkürzung des rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG, steht hingegen der rechtsstaatliche Charakter des Verfahrens im Vordergrund. Auch hier stellt jedoch nicht jede Verletzung einfachgesetzlicher Bestimmungen zugleich einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG dar; grundrechtsrelevant sind nur ernstliche und grobe Verletzungen, die sich in der angegriffenen richterlichen Entscheidung niederschlagen.[604]

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      1. Abschnitt: Das Strafrecht im Gefüge der Gesamtrechtsordnung§ 2 Verfassungsrechtliche Vorgaben für das Strafrecht › Ausgewählte Literatur

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