Jugendgerichtsgesetz. Herbert Diemer

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Jugendgerichtsgesetz - Herbert Diemer страница 38

Автор:
Жанр:
Издательство:
Jugendgerichtsgesetz - Herbert Diemer Heidelberger Kommentar

Скачать книгу

jugendpsychologischen Anforderungsprofil in § 37 für Juristinnen und Juristen in der Jugendgerichtsbarkeit. (Größere Verbindlichkeit war geplant in § 37 JGG-E im RE „Gesetz zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellem Missbrauchs [StORMG]“ v. 7.12.2010, aber nicht Gesetz geworden). Es bleibt aber die Pflicht, Wirkungszusammenhänge zu berücksichtigen und empirisch gesicherte Einschätzungen in den Vordergrund der Beantwortung der Frage zu stellen, was der Zielerreichung der Legalbewährung dient (BT-Drucks. 16/6293, 10). Schlagwortartig geht es um eine „sozialintegrative“ und „evidenz-basierte Orientierung“ der Anwendung des Jugendstrafrechts in (J)Strafverfahren.

      2

      Die Vorschrift gilt für die Strafverfolgung von Jugendlichen und Heranwachsenden, und zwar sowohl vor Jugendgerichten als auch vor den für allgemeine Strafsachen zuständigen Gerichten (§§ 104 Abs. 1 Nr. 1, 112). § 2 Abs. 2 korrespondiert mit § 10 StGB, nach dem für Taten von Jugendlichen und Heranwachsenden das StGB nur gilt, soweit im JGG nichts anderes bestimmt ist. Es geht um die Abgrenzung zwischen dem Sonderstrafrecht für junge Menschen und dem allgemeinen Strafrecht. Ziel der Vorschrift ist insoweit die Klarstellung und zugleich die Sicherung des Vorranges der Sondervorschriften für Jugendliche und Heranwachsende.

II. Vorrangige Sondervorschriften des JGG

      3

      Auf der Ebene der Straftatvoraussetzungen stellt § 3 JGG die einzige Sondervorschrift gegenüber dem allgemeinen Strafrecht dar. Danach ist die strafrechtliche Verantwortlichkeit Jugendlicher positiv festzustellen. Mangels Sonderregelungen bleiben die Tatbestände des BT des StGB und aus dem AT die Abschnitte 1, 2, 4 und 5, die das Strafgesetz, die Tat, Strafantrag, Ermächtigung, Strafverlangen und Verjährung betreffen, anwendbar, ausgenommen ist also nur der 3. Abschnitt zu den Rechtsfolgen der Tat.

      4

      

      Auf dieser Ebene wird besonders deutlich, wie wenig der Gesetzgeber Chancen für Reformmöglichkeiten genutzt hat. Hier setzt die Kritik an der Flucht in das Verfahrens- und Sanktionenrecht an (Ostendorf in: BMJ (Hrsg.), Jugendstrafrechtsreform durch die Praxis, 1989, 331). Die Schaffung neuer Sondervorschriften im JGG würde die Anwendung des allgemeinen, mitunter nicht jugendgemäßen Strafrechts zurückdrängen. Denkbar wäre eine Heraufsetzung der Strafmündigkeitsgrenze von 14 auf 16 oder gar 18 Jahre. Nach dem 1973 vorgelegten Diskussionsentwurf eines Jugendhilfegesetzes sollte ausgehend von der Überlegung, dass eine Unterscheidung zwischen Jugendverwahrlosung (Dissozialität) und Jugendkriminalität (Delinquenz) angesichts vergleichbarer Entstehungszusammenhänge nicht gerechtfertigt erscheint, bei den unter 16-Jährigen auf den Einsatz von (Jugend-)Strafrecht zu Gunsten eines ausschließlich am Erziehungsgedanken orientierten neuen und erweiterten Jugendhilfegesetzes verzichtet werden. Auch bei Straftaten in der Altersgruppe der 16- bis unter 18-Jährigen war nur ausnahmsweise die Anwendung des JGG vorgesehen, und zwar bei bevorstehender oder inzwischen erreichter Volljährigkeit, bei Verfehlungen, die nach dem allgemeinen Strafrecht mit Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren bedroht sind, und schließlich bei der Anordnung der Aufnahme in ein sozialtherapeutisches Jugendzentrum auf Grund schwerer oder häufig wiederholter strafbarer Verhaltensweisen (§ 11 DE-JHG 1973). Der Diskussionsentwurf, der auf den von Karl Peters 1965 auf dem Jugendgerichtstag in Münster unterbreiteten Vorschlägen für ein erweitertes Jugendhilferecht und der von der Arbeiterwohlfahrt 1970 erarbeiteten Stellungnahme beruhte, wurde 1974 durch einen Referentenentwurf abgelöst, der das strafrechtsersetzende Konzept schon nicht mehr weiterverfolgte (vgl. allgemein zu den Möglichkeiten der Jugendhilfe zur Einschränkung jugendstrafrechtlicher Konfliktlösungen: Müller-Dietz in: FS Pongratz, 1986, S. 102). Das Bundesministerium der Justiz hat auf eine Große Anfrage zur Reform des Jugendgerichtsverfahrens im Dezember 1986 erklärt, dass an eine Anhebung der Strafmündigkeitsgrenze auf die Vollendung des 16. Lebensjahres nicht gedacht sei (BT-Drucks. 10/6739, 28).

      5

      

      Denkbar wäre auch eine Heraufsetzung der Bestrafungsmündigkeitsgrenze auf 16 Jahre. Bestrafungsmündigkeit ist der gegenüber der Strafmündigkeit engere Begriff, der festlegt, von welchem Alter an Jugendstrafe verhängt und vollzogen werden darf. Die Konferenz der Jugendminister und -senatoren hatte 1980 beschlossen, wenn schon nicht die Strafmündigkeits- so doch wenigstens die Bestrafungsmündigkeitsgrenze anzuheben, um 14- und 15-Jährige aus dem Vollzug herauszunehmen – eine Forderung, die von der Konferenz der Justizminister und -senatoren 1981 einstimmig abgelehnt worden ist. Eine auch als Folge dieser Kontroverse vom Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit in Auftrag gegebene Studie zur tatsächlichen Situation der genannten Altersgruppe im Strafvollzug führte zu folgendem Ergebnis:

      6

      „Wollte man die Gruppe der 14- bis 16-Jährigen aus dem Strafvollzug herausnehmen, so wäre es notwendig, zeitlich und lokal vor den Mauern ein Angebot an sozialen Diensten zur Verfügung zu stellen, das mit nichtrepressiven Methoden den Jugendlichen reale Lebensmöglichkeiten eröffnet und gleichzeitig zum Abbau überindividueller kriminogener bzw. kriminalisierender Strukturen beiträgt. Bleiben Alternativen hinter diesen grob skizzierten Minimalforderungen zurück, so werden nach unserer Ansicht die 14- bis 15-jährigen Strafgefangenen die jüngsten und zugleich hoffnungslosesten Rekrutierungsjahrgänge für den Fortbestand gesellschaftlich produzierter Abweichungen bleiben“ (P.A. Albrecht/Schüler-Springorum (Hrsg.), Jugendstrafe an 14- und 15-Jährigen, 1983, S. 16).

      7

      

      Der Gesetzgeber hat bisher nur zögerlich reagiert, immerhin aber im 1. JGG-ÄndG 1990 den Ausbau informeller Erledigungsmöglichkeiten und die Ersetzung stationärer Sanktionen durch neue ambulante Maßnahmen ermöglicht. Die Schaffung eines eigenständigen Jugendkonfliktrechts und eines Jungtäterstrafrechtes für die Altersgruppe von 18-25 (oder 27) Jahren (dazu Asbrock ZRP 1977, 191) werden auf der Gesetzgebungsebene gegenwärtig aber nicht diskutiert. Zu neueren Reformvorschlägen vgl. die Ergebnisse des Regensburger Jugendgerichtstages (DVJJ-J 1992, 271; zur DVJJ-Kommission 1992, 4) und AWO 1993 (NK 1994, 28 – Frommel/Maelicke) sowie das Gutachten von H. J. Albrecht zum 64. DJT 2002 und die Vorschläge der Zweiten Jugendstrafrechtsreform-Kommission der DVJJ, DVJJ-Extra Nr. 5, 2002.

      In der 17. Legislaturperiode sind die seit dem 1.1.2011 geltende Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und das Gesetz zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung vom 5.12.2012 (in Kraft seit 1.6.2013) verabschiedet worden. Wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, sind auch die Erhöhung der Jugendstrafe auf 15 Jahre für Heranwachsende bei Mord wegen der besonderen Schwere der Schuld, der „Warnschussarrest“ (Jugendarrest neben der Aussetzung der Verhängung oder Vollstreckung der Jugendstrafe zur Bewährung) und die Vorbewährung im Gesetz zur Erweiterung der jugendgerichtlichen Handlungsmöglichkeiten vom 4.9.2012 verankert worden (zu verfassungsrechtlichen und systematischen Bedenken sowie zu Lösungsmöglichkeiten Radtke ZStW 2009, 416–449 sowie einerseits Müller-Piepenkötter/Kubink ZRP 2008, 176–180 und andererseits Verrel/Käufl NStZ 2008, 177–181 sowie Breymann/Sonnen NStZ 2005, 669–673).

      8

      

      Da

Скачать книгу