Jugendgerichtsgesetz. Herbert Diemer

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Jugendgerichtsgesetz - Herbert Diemer Heidelberger Kommentar

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milderen Regelung (keine Registereintragung) auch im Jugendverfahren, LG Itzehoe StV 1993, 537 m. zust. Anm. Ostendorf; aus Gründen des Vorranges des Erziehungsgedankens a.A. § 47 Rn. 5 und KK-Diemer § 153a, Rn. 7. – § 257c StPO: Das seit dem 4.8.2009 geltende Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren vom 29.7.2009 hat Absprachen im Jugendstrafrecht zwar nicht ausdrücklich ausgeschlossen, aber in den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 16/11736, 8) auf besondere Ausnahmen beschränkt („in geeigneten Fällen“); Knauer ZJJ 2010, 15–20; Nowak JR 2010, 248–256; Zieger/Nöding Rn. 221f, ausführlich § 5 Rn. 26 u. 27. – § 258 StPO: Letzes Wort für Erziehungsberechtigte (Vormund), BGH Beschl. v. 26.4.2017 – 4 StR 645/16. – § 267 Abs. 3 S. 1 StPO: Aus § 54 ergibt sich eine erweiterte Begründungspflicht. Bei der Verhängung von Jugendstrafe ist eine besonders sorgfältige Sanktionsbegründung erforderlich, OLG Jena NStZ-RR 1998, 199, OLG Celle Beschl. v. 24.8.2016 – 2 Ss 94/16, speziell zu den Darstellungserfordernissen bei § 27. – § 302 StPO: Die Rechtsmittelrücknahme von jugendlichen und heranwachsenden Angeklagten ist nach allgemeinem Strafverfahrensrecht zu beurteilen. Verminderte Schuldfähigkeit gem. §§ 20, 21 StGB muss die prozessuale Fähigkeit, sich sachgerecht zu verteidigen und die Bedeutung einer Rechtsmittelrücknahme zu erfassen, nicht in Frage stellen, BGH NStZ-RR 1998, 60. Unwiderruflicher und unanfechtbarer Rechtsmittelverzicht eines Heranwachsenden, auf den Jugendstrafrecht angewendet worden ist, BGH Beschl. v. 20.12.2016, – 2 StR 432/16 – juris. – § 337 StPO: Es ist rechtsfehlerhaft, wenn das LG in einem Jugendstrafverfahren eine Jugendstrafe verhängt, obwohl die Anordnung einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt in Betracht gekommen wäre (BGH NStZ-RR 2009, 277). Bei fehlender Therapiemotivation muss geprüft werden, ob eine konkrete Aussicht besteht, mit therapeutischen Bemühungen eine positive Beeinflussung zu erreichen. – § 396 StPO: Entsprechende Anwendung der Grundsätze für die Zulassung der Nebenklage bzw. deren Widerruf im Strafverfahren gegen Jugendliche nach § 80 Abs. 3 S. 1, OLG Celle StraFo 2017, 283 mit ablehnender Anmerkung Eisenberg. – § 432 StPO: Aus erzieherischen Gründen können die notwendigen Auslagen der Nebenklage einem verurteilten Jugendlichen auferlegt werden, BGH StraFo 2019, 73 m. ablehnender Anmerkung (Kölbel/Bannenberg).

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      Auch ohne ausdrückliche (den §§ 79–81a vergleichbare) Bestimmungen können Vorschriften des allgemeinen Rechts schon deswegen unanwendbar sein, weil sie den Grundsätzen des Jugendgerichtsgesetzes widersprechen oder nicht zu einem jugendgemäßen Ergebnis führen würden (OLG Stuttgart StV 1987, 309 unter Hinweis auf Brunner 8. Aufl., § 2 Rn. 2). So verneinte das AG Saalfeld die Anwendbarkeit des § 31 BtMG im Jugendstrafverfahren (AG Saalfeld StV 2007, 16). Über den Erziehungsgedanken bzw. das allgemeine Gesetzesziel eines jugendgemäßen Präventionsstrafrechts (Ostendorf § 2 Rn. 4) wird also die Vorrangstellung des JGG gegenüber dem allgemeinen Recht gesichert. Mit Hilfe des Erziehungsaspektes dürfen freilich rechtsstaatliche Prinzipien nicht eingeschränkt werden. Hier findet der Vorrang des JGG seine eindeutige Grenze. So steht auch dem jugendlichen Angeklagten das Recht zu, sich effektiv gegen den Schuldvorwurf zu verteidigen, ohne befürchten zu müssen, dass ihm daraus Nachteile erwachsen. Die erzieherisch gemeinte Berücksichtigung, der Angeklagte habe jegliche Verantwortung abgelehnt, sich selbst noch 2 Jahre nach der Tat vollkommen uneinsichtig und ohne erkennbare Emotionen gezeigt, ist insoweit unzulässig (BGH NStZ 2010, 88).

      Zum Erziehungsaspekt: Schlüchter Plädoyer für den Erziehungsgedanken, 1994, Streng Erziehungsgedanke im Jugendstrafrecht, ZStW 106 (1994), 61 ff., Ostendorf StV 1998, 297 ff.; Peterich DVJJ-J 1998, 10; Winkler Erziehung sinnlos? Zum sozialpädagogischen Umgang mit jungen Mehrfachauffälligen, in: BMJ (Hrsg.), 2009, 135–151. In seinem Gutachten zum 64. Deutschen Juristentag, 2002 plädiert H. J. Albrecht dafür, das Erziehungsprinzip als Grundlage und Erklärung des Jugendstrafrechts aufzugeben; vgl. auch Kurzberg Jugendstrafe aufgrund schwerer Kriminalität, 2009, 252 und § 18 Rn. 10 sowie § 21 Rn. 1, § 38 Rn. 16.

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      Vom allgemeinen jugendstrafrechtlichen Gesetzesziel her und unter dem Gesichtspunkt des Persönlichkeitsschutzes verbietet es sich, einen zur Tatzeit Jugendlichen durch öffentliche Zustellung nach § 40 Abs. 2 StPO zur Berufungsverhandlung zu laden (OLG Stuttgart StV 1987, 309; § 48 Rn. 13; a.A. für die Berufungsverhandlung LG Zweibrücken MDR 1991, 985). Kriminologisch geht es darum, Abstempelung und Ausgrenzung junger Menschen zu vermeiden. Da der Tatzeitpunkt maßgebend ist, ändert sich das Ergebnis nicht, wenn der Angeklagte, der im Ausgangsfall nach Unterbrechung der Untersuchungshaft in seine Heimat Türkei geflohen war, inzwischen über 21 Jahre alt geworden ist. (Insoweit zu § 40 Abs. 3 StPO fehlerhaft: KG ZJJ 2006, 200, 303 mit abl. Anm. Eisenberg/Haeseler JR 2006, 303).

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      Umstritten ist, ob unter dem Aspekt des Erziehungsgedankens die dem verurteilten jugendlichen Angeklagten entstandenen Verteidigungskosten (Wahlverteidigergebühren) nach § 74 der Staatskasse auferlegt werden können. Diese Frage ist vom OLG Frankfurt NStZ 1984, 138 bejaht worden. Nach anderer Auffassung soll dieses Ergebnis nur gelten, wenn ausdrücklich ausgesprochen worden ist, dass auch die notwendigen Auslagen dem verurteilten jungen Angeklagten nicht auferlegt werden (OLG München NStZ 1984, 138). Der BGH hat auch diese Möglichkeit ausdrücklich verneint. Es gebe keine Vorschrift, die es gestatten würde, den Angeklagten auch im Fall seiner Verurteilung von der Tragung seiner notwendigen Auslagen zu befreien. § 74 käme schon deswegen nicht in Betracht, weil es an einer Bestimmung fehle, wer die Kosten der Wahlverteidigung anstelle des Angeklagten zu tragen hätte. Sie der Staatskasse aufzubürden, überschreite die Grenzen zulässiger Gesetzesauslegung. Auch würde die Wortlautgrenze entgegenstehen. Hätte der Gesetzgeber etwas anderes gewollt, wäre eine ausdrückliche gesetzliche Regelung erforderlich gewesen (BGHSt 36, 27; zu den Konsequenzen aus dieser Entscheidung: Zieger StV 1990, 323 ff.; § 74 Rn. 28 m.w.N.).

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      Die erweiterten Befugnisse des Verletzten, die der Gesetzgeber in den §§ 406d–406l StPO durch das Opferschutzgesetz vom 18.12.1986 geschaffen hat, um die Rechtsstellung als selbstständiger Prozessbeteiligter zu sichern, können ebenfalls mit der Zielrichtung des Jugendstrafrechts kollidieren. Hier ist dem Jugendstrafrecht eine Vorrangstellung einzuräumen (Schaal/Eisenberg NStZ 1988, 50). Zur Problematik der durch das 2. JuMoG vom 22.12.2006 zugelassenen Nebenklage gegenüber Jugendlichen und die Ausweitung durch das Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens vom 10.12.2019

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