Jugendgerichtsgesetz. Herbert Diemer

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Jugendgerichtsgesetz - Herbert Diemer Heidelberger Kommentar

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      Die Weisungen müssen schließlich so bestimmt sein, dass sie sowohl dem Betroffenen, als auch den mit der Überwachung Beauftragten verständlich und Missverständnisse ausgeschlossen sind (Nothacker S. 196 unter Hinweis auf das Gebot der Gesetzesbestimmtheit und der „erzieherischen Klarheit“).

V. Der Weisungskatalog (Absatz 1 Satz 3 Nrn. 1–9)

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      Die in Abs. 1 Satz 2 Nr. 1–9 normierten einzelnen Weisungen sind eine nicht abschließende gesetzliche Ausgestaltung von Satz 1. Sie bringen einmal das Verständnis des Gesetzgebers von zulässigen Weisungen zum Ausdruck, zum anderen handelt es sich dabei um eine gesetzliche Begrenzung des Ermessens. Der Richter ist zwar, wie das Wort „insbesondere“ zum Ausdruck bringt, auf den Katalog nicht beschränkt, hat ihn aber bei der pflichtgemäßen Ausübung des ihm gewährten Ermessens nicht nur vorrangig zu prüfen sondern auch dessen für Art und Eingriffsgehalt von Weisungen richtungweisenden Gehalt bei der Auswahl der von ihm erwogenen Weisungen zu berücksichtigen. Die unter den Nr. 1–9 näher geregelten Weisungen haben damit nicht nur Beispielsqualität im Sinne eines unverbindlichen Katalogs bisher möglicherweise bewährter Maßnahmen, der dem Richter das Herausfinden angemessener Weisungen erleichtern, ihm aber im Übrigen sein „weites Feld“ für „schöpferische Phantasie und erzieherische Befähigung“ belassen soll. Die Ausgestaltung des § 10 zeigt vielmehr, dass der Gesetzgeber gerade keine sozialtherapeutische Generalklausel schaffen wollte, im Rahmen derer der Zweck die Mittel heilige (so aber Schaffstein/Beulke/Swoboda Rn. 307). Die Gesetzmäßigkeit der Weisung steht vor der Zweckmäßigkeit, ist eine vorrangig zu prüfende Rechtsfrage (Bruns GA 1959, 193 ff., 227; vgl. auch Albrecht Jugendstrafrecht, S. 160). Die gesetzlich normierten Weisungen sind kraft ihrer expliziten Regelung zunächst einmal das, was als Rechtsfolge jugendlicher Straftaten bestimmt und vorhersehbar ist. Der Jugendliche muss sich darauf verlassen können, dass diese gesetzlich normierten Rechtsfolgen zunächst wenigstens geprüft werden, ihr Eintritt nicht dem subjektiven Befinden des jeweils zuständigen Richters überlassen bleibt, und er nicht zum Objekt pädagogischen Zweckmäßigkeitsdenkens wird. Das Gebot der Gesetzmäßigkeit staatlichen Handelns wie auch das rechtsstaatliche Gebot der Rechtssicherheit erfordern es daher, dass zunächst die Weisungen nach den § 10 Abs. 1 S. 3 Nr. 1–9 geprüft und erst dann darüber hinausgehende, nicht ausdrücklich gesetzlich geregelte Maßnahmen in Betracht gezogen werden, wenn es im konkreten Einzelfall geboten ist (a.A. Eisenberg § 10 Rn. 15). Darüber hinaus ist auch der Jugendrichter nicht befugt, Weisungen zu „erfinden“, die dem Charakter der in § 10 Abs. 1 S. 3 Nr. 1–9 geregelten Eingriffe zuwiderlaufen oder ihnen gar widersprechen. So wäre etwa eine Weisung, eine bisher innegehaltene Ausbildungs- oder Arbeitsstelle entgegen Nr. 3 aufzugeben, rechtswidrig (s. unter Rn. 31). Der Täter muss sich insbesondere auch darauf verlassen können, dass die richterlichen Weisungen im Ausmaß ihres Eingriffs nicht über das der Nr. 1–9 hinausgehen. Nur ein solchermaßen rechtlich begrenztes und überprüfbares Ermessen bewahrt den Jugendlichen vor dem Verlust seiner Stellung als Subjekt staatlicher Rechtspflege (so mit zutreffender Begründung schon Blau MDR 1958, 731 ff., 733 f.) und das jugendstrafrechtliche Judizieren vor dem Verlust an juristischer Substanz (Bruns GA 1959, 193 ff., 223).

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      Zu solchen Weisungen gehören Verbote vornehmlich für den Aufenthalt an Orten, die Ausgangspunkte für die konkrete Straftat waren oder erfahrungsgemäß für Straftaten ähnlicher Art in Betracht kommen, wenn zu besorgen ist, dass der Täter durch das Aufsuchen solcher Lokalitäten erneut zu Straftaten verleitet wird. In Betracht kommt hiernach auch das Gebot, sich für bestimmte Zeit an einem bestimmten Ort aufzuhalten; dabei darf die Weisung aber kein Verhalten anordnen, das in anderen speziellen Gesetzen abschließend geregelt ist (s. Rn. 20) und insbesondere nicht einer spezialgesetzlich anderweitig geregelten Freiheitsentziehung (etwa der Unterbringung) gleichkommen (s. oben Rn. 16–19).

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      Die Weisung, bei einer Familie oder in einem Heim zu wohnen ist auch nach der Änderung der §§ 9 und 12 durch das KJHG vom 26.6.1990 von der Erziehungsmaßregel des § 9 Nr. 2 zu unterscheiden, deren Eingriffsgehalt sie nicht erreichen darf, wenn die Anlasstat nur Weisungen nach § 10 erfordert, nicht aber die verschärften Erziehungsmaßregeln nach § 12. Sie betrifft Heimeinweisungen, die nicht der Art und dem Umfang der Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht gemäß § 34 SGB VIII gleichkommen. Der Gesetzgeber hat auch nach der Änderung der genannten Vorschriften durch das KJHG die Wendung in § 10 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 „oder in einem Heim zu wohnen“ entgegen der Stellungnahme des Bundesrates (BT-Drucks. 11/5948, S. 84) ausdrücklich beibehalten, weil er auch andere Heimeinweisungen, die derjenigen nach § 34 SGB VIII nicht gleichkommen, nach wie vor nicht als erzieherisch verfehlt betrachtet hat und dies ausdrücklich klarstellen wollte (BT-Drucks. 11/6002 zu S. 84). In Betracht kommen somit Anordnungen, etwa in einem Wohnheim (Studenten-, Schwesternwohnheim und dergl.) Aufenthalt zu nehmen. Derartige Weisungen sind damit – anders als die Heimerziehung nach § 12 Nr. 2 – auch gegen Heranwachsende zulässig (§ 105 Abs. 1). Eine Weisung nach § 10 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 darf indessen nach dem oben Gesagten (Rn. 16 f.) nicht dazu führen, dass sie in ihrer Wirkung der spezialgesetzlich geregelten Unterbringung gleichkommt. Der Betroffene darf nicht zwangsweise in einem Heim festgehalten werden. Bei der Anordnung ist auf das religiöse und weltanschauliche Bekenntnis des Betroffenen Rücksicht zu nehmen. Die Weisung ist auch bei Heranwachsenden anwendbar (§ 105 Abs. 1), solange damit nicht faktisch eine nach dem Gesetz für Heranwachsende nicht mehr vorgesehene (§ 105 Abs. 1; § 7 Abs. 1 Nr. 2, § 27 KJHG) Inanspruchnahme von Hilfe zur Erziehung durch die öffentliche Jugendhilfe i.S.v. § 9 Nr. 2, § 12 angeordnet wird.

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