Jugendgerichtsgesetz. Herbert Diemer

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Jugendgerichtsgesetz - Herbert Diemer Heidelberger Kommentar

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unterschiedlicher Begründung: Stree Deliktsfolgen, S. 191, 195; Miehe/Schaffstein ZfStW 1981, 596 f.; Ostendorf § 10 Rn. 5; Streng Jugendstrafrecht, Rn. 346; Dallinger/Lackner § 10 Rn. 30, jeweils mit zahlreichen m.w.N.). Erziehungsmaßregeln nach dem JGG sind als Erziehungshilfen im Sinne der subsidiären staatlichen Erziehungsaufgabe zu qualifizieren, weil sie einer Fehlhaltung des Jugendlichen begegnen und abhelfen wollen, die sich gegebenenfalls trotz der elterlichen Erziehungsbemühungen eingestellt hat (BVerfG EzSt JGG § 10 Nr. 1). Das Weisungsrecht gemäß § 10 ist Ausfluss der Befugnis und der Pflicht des Staates, Straftaten zu verfolgen und mit geeigneten Maßnahmen – hier Erziehungsmaßregeln – weiteren Rechtsbrüchen vorzubeugen; diese Beschränkung ihrer Erziehungsgewalt müssen die Eltern als verantwortlich lebendes Glied der Gemeinschaft (BVerfGE 7, 323) hinnehmen (Stree Deliktsfolgen, S. 194 f.). Art. 6 GG setzt die Zulässigkeit strafrechtlicher Verbrechensbekämpfung, die hier eben durch Erziehung geschehen soll, voraus; die Rechte der Betroffenen und ihrer Eltern werden durch die allgemeinen (verfassungs-) rechtlichen Anforderungen an die Zulässigkeit jugendrichterlicher Weisungen gewahrt (Miehe/Schaffstein ZfStW 1981, 597 f.). Zum Verhältnis des elterlichen Erziehungsrechts und der staatlichen Strafrechtspflege s. auch VerfGH Rheinland-Pfalz ZJJ 2012, 445.

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      Nach dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung ist die Zustimmung der Erziehungsberechtigten grundsätzlich keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für eine richterliche Weisung nach § 10 Abs. 1 (anders § 10 Abs. 2, siehe Rn. 59). Diese kann daher auch grundsätzlich gegen deren Willen angeordnet werden. Die vereinzelten abweichenden Meinungen (Böhm/Feuerhelm S. 181 ff.) möchten dies aus Zweckmäßigkeitsgründen verneinen oder gar von einer Prüfung abhängig machen, ob die Voraussetzungen für das „Eingreifen des staatlichen Wächteramts“ vorliegen und die Eltern zur Erziehung des Delinquenten willens und fähig sind (Wedler NStZ 2012, S. 293 ff.). Es versteht sich von selbst, dass richterliche Weisungen, die von den Erziehungsberechtigten mit Zustimmung aufgenommen und unter Umständen unterstützt werden, mehr Erfolg versprechen können, als solche, die ihnen widerstreben. Daher kann es zweckmäßig sein, sich unter Umständen der Zustimmung der Eltern zu vergewissern. Die Rechtmäßigkeit einer gegen oder ohne ausdrückliche Zustimmung der Erziehungsberechtigten angeordnete Weisung nach § 10 Abs. 1 wird jedoch davon nicht berührt. Die Versagung deren Einverständnisses kann deswegen – abgesehen von dessen rechtlicher Belanglosigkeit – grundsätzlich auch nicht mangels Zweckmäßigkeit zur Unzulässigkeit einer Weisung nach § 10 Abs. 1 führen. Würde man der gegenteiligen Ansicht folgen, so könnte sich der Richter, wollte er die strafbare Handlung nicht folgenlos lassen, allein deshalb gezwungen sehen, auf Zuchtmittel oder gar Strafe zurückzugreifen, weil die Erziehungsberechtigten beharrlich ihre Zustimmung zu seinen Weisungen versagen und käme die Rechtspflege bei einfacheren Verfehlungen zum Erliegen, wollte man den Richter rechtlich verpflichtet sehen, bei Weisungen von „größerem Gewicht“ (so Eisenberg § 10 Rn. 12) oder mit weniger geringfügiger zeitlicher Beanspruchung sich der Zustimmung der Eltern zu vergewissern oder gar deren erzieherisches Programm zu eruieren (so offenbar Böhm/Feuerhelm S. 182).

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      Die richterlichen Weisungen müssen die weiteren Vorschriften des JGG, des StGB sowie andere einfache Gesetze beachten; sie dürfen diese nicht umgehen oder deren spezielle Auswirkungen erzeugen.

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      So ist der Richter insbesondere an die zeitlichen Grenzen des § 11 Abs. 1 gebunden. Bei Soldaten hat er gemäß § 112a Nr. 3 die Besonderheiten des Wehrdienstes zu beachten. Er darf als gesetzlicher Richter auch sein Weisungsrecht nicht dadurch delegieren, dass er den Betroffenen generell den Weisungen einer anderen Person (Bewährungs-, Betreuungshelfer, s. hierzu Rn. 40) unterstellt und dieser Auswahl und Anordnung der Weisungen überlässt. Eine solche Delegation ist nur in § 53 mit der Überweisung an das Familiengericht vorgesehen.

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      Weiterhin darf der Richter den Betroffenen zur Erfüllung einer nach anderen Gesetzen bestehenden Pflicht dann nicht gem. § 10 anweisen, wenn die Nichterfüllung dieser Pflicht in dem zu Grunde liegenden Gesetz selbst strafbewehrt ist, weil es sonst im Hinblick auf § 11 Abs. 3 zu einer gesetzlich nicht vorgesehenen Doppelbestrafung führen kann. Aus diesen Gründen wäre die Weisung, die Pflichten im Rahmen eines zivilen Ersatzdienstes zu erfüllen und dort nicht zu fehlen, im Hinblick auf § 52 ZDG unzulässig (anders für entsprechende Weisungen im Rahmen der Strafaussetzung zur Bewährung nach Erwachsenenstrafrecht: OLG Hamburg NJW 1969, 1780 ff.; OLG Hamm StV 1981, 75; BayObLGSt 1970, 122, weil hier die Weisung ein Minus zur Strafvollstreckung sei, die dazu diene, den Verurteilten vor dem Strafvollzug zu bewahren). Unzulässig wäre auch die Weisung, die Verfahrenskosten zu tragen (BGHSt 9, 365 ff. für Weisung nach § 56c StGB); dies ist in § 74 JGG und, im Falle der Auferlegung der Kosten und Auslagen, nach den Vorschriften der StPO abschließend geregelt. Anderenfalls wäre auch, abgesehen von der erzieherischen Zweifelhaftigkeit einer derartigen Anordnung (BGH 9, 365 ff.), die Nichtzahlungsfolge mit sachlich-rechtlichen Nachteilen bedroht (hier § 11 Abs. 3), die sonst im Strafrecht nicht mit bloßer Kostensäumnis verbunden zu sein pflegen (BGHSt 9, 367; a.A. für das JGG: Meyer NJW 1957, 371, der die Kostentragungspflicht mit der im Rahmen des § 10 allerdings systemwidrigen „Denkzettel“-Funktion begründen will).

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      Rechtsfolgen, insbesondere Maßregeln der Besserung und Sicherung, die durch Gesetz abschließend geregelt sind, dürfen nicht durch eine inhaltlich gleiche Weisung angeordnet werden (OLG Hamm NJW 1955, 34; BayObLG NJW 1980, 2424; SK-Horn § 56c Rn. 7; Peters JZ 57, 65; im Erg. ebenso LK-Hubrach § 56c Rn. 30 ff.; van Els NJW 1968, 2156 f.; Baumann GA 1958, S. 293 ff., 297 f.; a.A. Dallinger/Lackner § 10 Rn. 19; wie hier auch Bruns GA 1959, 222 ff., der prägnant darauf hinweist, dass es etwa nicht rechtens sein könne, de facto eine Freiheitsstrafe durch die Weisung „für eine bestimmte Zeit am Leben der Gefängnisinsassen teilzunehmen“ (S. 223), auszusprechen. Wo die Voraussetzungen der spezialgesetzlich geregelten Maßregeln der Besserung und Sicherung vorliegen, müssen diese angeordnet (Bruns GA 1959, 224; Mrozynski JR 1983; 401) und dürfen nicht im Wege der Weisung mit ihren anderen, in der Spezialnorm nicht vorgesehenen und mitunter weitergehenden Rechtsfolgen eingeführt werden.

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      Schon gar nicht dürfen die gesetzlichen Voraussetzungen von Maßregeln der Besserung und Sicherung umgangen

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