Jugendgerichtsgesetz. Herbert Diemer

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Jugendgerichtsgesetz - Herbert Diemer Heidelberger Kommentar

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Jugendhilferecht (SGB VIII) gewährte und im Einzelnen geregelte Hilfe zur Erziehung anzunehmen (BT-Drucks. 11/5948, S. 212). Von diesen Erziehungsmaßregeln sind die familienrichterlichen Maßnahmen (§ 34 Abs. 3; § 1631 Abs. 2, §§ 1666, 1800, 1915 BGB) zu unterscheiden, die unabhängig von § 9 bei Vorliegen ihrer materiellrechtlichen Voraussetzungen durch das Familiengericht getroffen werden, vom Jugendrichter als solchem nur in den Fällen des § 3 S. 2.

II. Zweck

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      Die Erziehungsmaßregeln des § 9 verfolgen den ausschließlichen Zweck, die durch die Tat erkennbar gewordenen Erziehungsmängel zu beseitigen, um einer erneuten Straffälligkeit des Täters entgegenzuwirken (s. § 5 Rn. 4; § 10 Rn. 5; BVerfG NStZ 1987, 275 f.; zur Erziehung im Jugendstrafrecht allgemein vgl. etwa Walter Beiträge zur Erziehung im Jugendkriminalrecht, 1989, dort insb. Viehmann Anmerkungen zum Erziehungsgedanken im Jugendstrafrecht, S. 111–134; zur Auswirkung des Erziehungsgedankens auf die Höhe der Strafe: Pfeiffer StV 1991, 363, 367 ff.; Streng Der Erziehungsgedanke im Jugendstrafrecht, ZStW 106 (1994), S. 61 ff.; v. Hasseln DRiZ 1996, 142 ff.; Kaiser ZRP 1997, 451 ff.). Bei ihrer Anordnung und Auswahl dürfen daher – entsprechend der klaren Differenzierung in § 5 Abs. 1 und 2 (s. § 5 Rn. 6–14) – nur erzieherische Gesichtspunkte, nicht aber Vergeltung, Sühne und Schutz der Allgemeinheit berücksichtigt werden (s. § 5 Rn. 6, 7; § 10 Rn. 5; allg.M.); für die Verwirklichung der zuletzt genannten Strafzwecke stellt das Gesetz ausdrücklich die Rechtsfolgen des § 5 Abs. 2 zur Verfügung, die erforderlichenfalls gemäß § 8 mit den Erziehungsmaßregeln zu verbinden sind. Zu unterscheiden ist auch zwischen der gesetzlichen Zielsetzung der Maßregeln und deren tatsächlicher Auswirkung in der Person des Betroffenen. Dass eine Maßregel nach § 9 von dem Verurteilten subjektiv als Sühne oder Vergeltung empfunden werden mag, steht der gesetzlichen Bindung des nach § 9 maßregelnden Richters an ausschließlich erzieherischen Gesichtspunkten ebenso wenig entgegen, wie der Umstand, dass auch den Erziehungsmaßregeln wie jeder strafrechtlichen Maßnahme eine Beeinträchtigung der persönlichen Freiheits- und Interessensphäre innewohnt. Diese in der Natur der Sache liegenden Auswirkungen in der Person des Betroffenen ändern nichts an den gesetzlichen Vorgaben, die bei der Rechtsanwendung zu beachten sind. Die Rechtsfolgendifferenzierung des § 5 (Schriftlicher Bericht, BT-Drucks. I/4437, S. 3 f.; Göbel JZ 1954, 15 f.) ist deshalb kein „gesetzgeberischer Etikettenschwindel“ (Ostendorf Rn. 4 vor § 9), sondern vielmehr sachgerecht, ratione legis geboten und gerade wegen des Eingriffscharakters jeder jugendstrafrechtlichen Folge als deren gesetzliche Voraussetzung streng zu beachten (s. auch Itzel Weisungen und Auflagen nach dem JGG, 1987).

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      Die Erziehungsmaßregeln des § 9 haben ihren Grund und ihre Grenze in der zur Beurteilung stehenden Straftat (§ 5 Abs. 1) und dem allgemeinen jugendstrafrechtlichen Zweck, den Täter vor einer erneuten Straffälligkeit abzuhalten (s. § 10 Rn. 22–24; BVerfG NStZ 1987, 275). § 9 bietet keine Rechtsgrundlage für eine darüber hinausgehende allgemeine Erziehung des Jugendlichen (s. § 10 Rn. 23, h.M.). Bei Anordnung und Auswahl der Erziehungsmaßregeln ist also stets deren Verhältnis zu Tat und Schuld zu wahren (§ 10 Rn. 22, 24). So wäre etwa die jugendrichterliche Anordnung von Heimerziehung (§ 34 SGB VIII) wegen einer erstmaligen fahrlässigen Trunkenheitsfahrt nicht tat- und schuldangemessen und deshalb auch dann jedenfalls strafrechtlich unzulässig, wenn der jugendliche Täter völlig verwahrlost und dem Alkohol ergeben ist.

III. Voraussetzungen

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      Es muss die strafrechtliche Verantwortlichkeit im Sinne von § 3 S. 1 festgestellt sein. Bestehen hieran Zweifel oder liegt sie nicht vor, so kann der Jugendrichter nur nach § 3 S. 2 verfahren.

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      Durch die Tat muss die Erziehungsbedürftigkeit des Täters hinsichtlich seines Verhältnisses zu strafrechtlich relevantem Verhalten zum Ausdruck gekommen sein. Erziehungsbedürftigkeit in diesem Sinne liegt vor, wenn Umstände in der Persönlichkeit des Täters erkannt sind, die eine Erziehung oder Nacherziehung mit den Mitteln des Jugendstrafrechts (§ 5) erforderlich erscheinen lassen, um ihn von erneuter Straffälligkeit abzuhalten. Erziehungsbedürftigkeit in diesem strafrechtlichen Sinne ist nicht gegeben, wenn andere Ursachen als Erziehungsmängel in die – in solchen Fällen regelmäßig spontane – Straffälligkeit geführt haben (Dallinger/Lackner § 9 Rn. 3).

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      Der Täter muss weiterhin erziehungsfähig sein, und zwar mit den hierfür vorgesehenen Maßregeln des JGG. Erziehungsfähigkeit in diesem Sinne ist gegeben, wenn Umstände in der Persönlichkeit und im Lebensumfeld des Täters vorliegen, auf Grund derer die Anordnung von Erziehungsmaßregeln des § 9 hinsichtlich einer positiven Spezialprävention Erfolg erwarten lässt. Ist ein derartiger Erziehungserfolg mit den Erziehungsmaßregeln des JGG von vorneherein nicht zu erwarten, kommt deren Anordnung aus Rechtsgründen nicht in Betracht (Dallinger/Lackner § 9 Rn. 4).

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