Jugendgerichtsgesetz. Herbert Diemer

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Jugendgerichtsgesetz - Herbert Diemer Heidelberger Kommentar

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61 (amtl. Begr. BT-Drucks. 17/9389, S. 9, 11 unter Hinweis auch auf die in § 16a genannten Zwecke).

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      Nach dem Grundsatz der Einspurigkeit des Freiheitsentzuges (s. Rn. 5) ist auch die Anordnung der Inanspruchnahme von Hilfe zur Erziehung in Form der Heimerziehung (§ 12 Nr. 2) neben einer Aussetzung der Verhängung der Jugendstrafe (§ 27) ausgeschlossen (BGH NJW 1988, 2251; BGHR JGG § 27 Maßnahmenverbindung 1; OLG Frankfurt NJW 1955, 603; LG Münster MDR 1974, 602; Dallinger/Lackner § 27 Rn. 10; Potrykus NJW 1955, 245; Nothacker S. 248 f., jeweils zur Fürsorgeerziehung nach § 9 Nr. 2; Ostendorf § 27 Rn. 11; Brunner/Dölling § 8 Rn. 2; siehe auch Dallinger/Lackner § 27 Rn. 20), weil auch die Heimerziehung nach § 34 SGB VIII eine freiheitsentziehende Maßnahme darstellt, die anderen Voraussetzungen als die Jugendstrafe folgt (s. § 12 Rn. 5), so dass es bei Entscheidungen nach § 30 zu den Zielkonflikten kommen kann, denen § 8 Abs. 2 entgegenwirken will. Die Aussetzung der Verhängung der Jugendstrafe soll dem Jugendlichen die Chance geben, durch sein Verhalten in der Bewährungszeit zu zeigen, dass die bei ihm vorhandenen und festgestellten schädlichen Neigungen nicht den Umfang haben, der die Verhängung einer Jugendstrafe erfordert. Diese Chance kann der Jugendliche regelmäßig nur nutzen, wenn er sich in Freiheit bewähren kann (BGH NJW 1988, 2251). Ebenso unzulässig ist die Anordnung der Hilfe zur Erziehung in Form der Heimerziehung daher auch, wenn eine Jugendstrafe gem. § 21 zur Bewährung ausgesetzt wird. Mangels einer entsprechenden gesetzlichen Verweisung gilt dies auch für Entscheidungen nach § 61.

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      Eine gleichzeitig bestehende Erziehungsbeistandschaft ruht, wenn der Jugendliche unter Bewährung steht (§ 8 Abs. 2 S. 2), gleichviel, ob es sich dabei um eine jugendrichterlich angeordnete oder um eine solche im Rahmen der öffentlichen Jugendhilfe handelt. Sie lebt wieder auf, wenn die Bewährungsaufsicht wegen des Erlasses der Jugendstrafe oder wegen des Widerrufs der Strafaussetzung beendet ist.

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      Gemäß Abs. 3 sind neben den Rechtsfolgen des § 5, auch wenn sie nach § 8 verbunden sind, alle Nebenstrafen und Nebenfolgen nach dem allgemeinen Strafrecht zulässig, soweit sie nicht durch das JGG ausdrücklich ausgeschlossen sind (z.B. § 6; allg. Meinung, s. statt aller MK-JGG-Laue § 8 Rn. 21 m.w.N.). Die Tatbestandsmerkmale in Abs. 3 „alle nach diesem Gesetz zulässigen Nebenstrafen und Nebenfolgen“ kann nur in Bezug auf § 6 verstanden werden, der die für das JGG unzulässigen benennt (MKStGB-Laue § 6 JGG Rn. 7). Damit sind über die Verweisung in § 2 nach bisher ständiger Rspr. des BGH und absolut h.M. auch die Vorschriften über die Einziehung (§§ 73 ff. StGB) anzuwenden (so eindeutig auch Eisenberg § 6 Rn. 5 unter Hinweis auf § 76 S. 1); ebenso zulässig und, soweit gesetzlich vorgeschrieben, zwingend ist die Einziehung des Wertersatzes gem. § 73c StGB (BGH NJW 2010, 3106 zu § 73a a.F. m. abl. Anm. Eisenberg StV 2010, 578 ff., 580 ff.; BGH 5 StR 475/18, 623/17 und 624/17 = ZJJ 2018, 338 mit abl. Anm. Laue, der abseits geltenden Rechts seinen eigenen rechtspolitischen und kriminologischen Imperativen ensprechend kritisiert, dass der 5. Senat des BGH mit seiner Rechtsprechung „ganz auf der Linie des Gesetzgebers“ liege; BGH NStZ 2019, 221 m. abl. Anm. Eisenberg unter Hinweis auf seine persönlichen gesetzessystematischen Vorstellungen). Nach der bisherigen Rspr. des BGH ist zwingend auch bei Verurteilung nach dem JGG dasjenige einzuziehen, was der Täter durch oder für die Tat erlangt hat (§ 73 StGB) oder, sofern die Einziehung des erlangten Gegenstands nicht möglich ist, die Einziehung eines Geldbetrags auszusprechen, der dem Wert des Erlangten entspricht (§ 73c StGB). Denn wenn die Anordnung solcher Rechtsfolgen nach allgemeinem Strafrecht zwingend ist, so muss der Jugendrichter sie auch gegenüber einem Jugendlichen aussprechen (h.M., statt aller MKStGB-Laue § 6 JGG Rn. 7 m.w.N.). Es stellt daher einen Rechtsfehler dar, wenn sich das Tatgericht, das keine Entscheidung nach § 421 StPO getroffen hat, in den Urteilsgründen nicht mit der Frage einer Einziehungsanordnung befasst, obwohl Anhaltspunkte dafür bestehen, dass deren Voraussetzungen gegeben sind (BGH 2 StR 262/18 = NStZ 2019, 221 f. unter Bestätigung von BGH 1 StR 231/16 = NStZ 2017, 401; wie hier ebenso Köhler NStZ 2018, 730, 732 m.w.N.; Schumann StraFo 2018, 415 ff.; Meier/Rössner/Trüg/Wulf-Rössner Rn. 5; MK-JGG-Laue § 6 Rn. 6 ff.; Schady/Sommerfeld ZJJ 2018, 219 ff., die (S. 226), abgesehen vom ausdrücklichen Wortlaut von § 8 Abs. 3 S. 1 und § 76 Satz 1, u.a. zurecht darauf hinweisen, dass ein pauschales Absehen von bestimmten Maßnahmen der Vermögensabschöpfung unter Rekurs auf den Erziehungsgedanken dem durch die Systematik des JGG belegten Willen des Gesetzgebers widerspricht, wonach ein Ausschluss zwingender strafrechtlicher Regelungen einer ausdrücklichen Rechtsgrundlage im JGG bedarf, S. 226; dies. ZJJ 2019, 235 ff., 237). Das Gleiche gilt für die Einziehung des Wertersatzes gem. § 74c StGB und die Abführung des Mehrerlöses gem. § 8 WiStG (MK-JGG-Laue § 6 Rn. 6 ff., 8; s. auch die soeben zit. Rspr. und Lit.), und zwar ohne Rücksicht darauf, inwieweit der Wert noch im Vermögen des Jugendlichen vorhanden ist (st. Rspr. s. etwa BGH NJW 2010, 3106, 3107, sowie die vorstehend zit. Rspr., jeweils m.w.N.; MüKoStGB-Laue JGG § 6 Rn. 8; a.A. soweit der Wert nicht mehr im Vermögen des Jugendlichen vorhanden ist Eisenberg § 6 Rn. 7; Ostendorf § 6 Rn. 3). Die Einziehung ist nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 76 Satz 1 auch im vereinfachten Jugendverfahren statthaft. Nach einhelliger Rspr. sind auch nach der Neuregelung der Einziehungsvorschriften die mit der Vermögensabschöpfung verbundenen Vermögenseinbußen kein Strafmilderungsgrund (statt aller BGH 5 StR 623/17 und 624/17 m.w.N.).

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      Die Gegenmeinung, wonach die in Rn. 11 genannten Nebenfolgen den Regelungen und Grundsätzen des JGG zuwiderlaufen, und daher über die ausdrückliche Regelung des § 6 hinaus als allenfalls

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