Jugendgerichtsgesetz. Herbert Diemer

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Jugendgerichtsgesetz - Herbert Diemer Heidelberger Kommentar

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sind freie Rechtsschöpfung und finden im Gesetz keine tragfähige Grundlage. (eingehend dazu Köhler NStZ 2018, 730, 731 ff. m. zahlr. w. N. gegen LG Münster NStZ 2018, 669 m. zust. Anm. Berberich/Singelnstein StV 2019, 505 f.; Schumann StraFo 2018, 415 ff.). Das gilt umso mehr, als das Gesetz selbst die Zulässigkeit dieser Maßnahmen voraussetzt, wie sich aus § 76 Satz 1 ergibt. Auch lässt sich der Ausschluss dieser Nebenfolgen nicht mit deren „vermögensbezogenem Strafcharakter“ (Eisenberg § 6 Rn. 7) begründen, denn das JGG schließt vermögensbezogene Rechtsfolgen nicht grundsätzlich aus (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 4). Dem Jugendlichen dürfen danach auch der Gewinn, den er aus der Tat erlangt, oder das Entgelt, das er für sie erhalten hat, entzogen werden (arg. e. § 15 Abs. 2 Nr. 2). Die Erwägungen in der Entscheidung BGHSt 6, 258 f., 259 zu § 401 Abs. 2 RAbgO, wonach der Wertersatz eine echte Geldstrafe sei, die das JGG nicht kenne, weil es sie für den von ihm verfolgten Strafzweck für ungeeignet hält, und aus diesem übergeordneten Rechtsgedanken heraus die Einziehung des Wertersatzes nach § 401 RAbgO gegen Jugendliche und Heranwachsende, auf die Jugendstrafrecht angewandt wird, unzulässig sei, können nicht verallgemeinert werden. Anders als bei § 401 Abs. 2 RAbgO, droht im Falle der Uneinbringlichkeit des Wertersatzes keine Ersatzfreiheitsstrafe (vgl. BGH NJW 2010, 3106 m.w.N.; s. auch MK-JGG-Laue § 6 Rn. 8 m.w.N.).

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      Der abweichenden Rechtsprechung des 1. Senats des BGH, wonach entgegen den in Rn. 11 f. dargestellten Argumenten die Einziehung von Taterträgen und des Wertes von Taterträgen nach § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB im Ermessen des Tatgerichts stehe (BGH Beschl. v. 11.7.2019 – 1 StR 467/18 = JR 2019, 593 m. zust. Anm. Eisenberg> mit Anfrage beim 2. und 5. Senat, ob an der entgegenstehenden Rechtsauffassung in den Entscheidungen 2 StR 262/18, 5 StR 623/17 und 624/17, sowie 5 StR 95/19 und 5 StR 475/18 festgehalten werde), kann nicht beigetreten werden. Gem. § 2 Abs. 2 gelten die allgemeinen strafrechtlichen Vorschriften, soweit dieses Gesetz (JGG) nichts anderes bestimmt. Das JGG enthält auch nach der Neuregelung der Vermögensabschöpfung keine Sonderregelungen für das Jugendstrafverfahren (vgl. Korte NZWiSt 2018, 231, 232 f.) und für Maßnahmen der Einziehung, wie etwa die Ausnahmevorschrift des § 6 Abs. 1 JGG. Vielmehr hat der Gesetzgeber die Anwendbarkeit des Instituts der Einziehung bzw. der Wertersatzeinziehung für das gesamte Strafrecht angeordnet, was sich für das Jugendstrafrecht mittelbar daraus ergibt, dass er an der Regelung des § 76 Satz 1 JGG über die Voraussetzungen des vereinfachten Jugendverfahrens festgehalten und sie lediglich redaktionell (vgl. BT-Drucks. 18/9525 S. 104) angepasst hat (BGH 5 StR 95/15 Rn. 7 = ZJJ 2019, 285 f.). § 15 Abs. 2 Nr. 2 ist aus teleologischen, systematischen und dogmatischen Gründen wegen der unterschiedlichen Rechtsnatur von Strafe und Zuchtmittel weder unmittelbar noch mangels Regelungslücke analog anwendbar (BGH NJW 2010, 3106; BGH u.v. 8.5.2019 – 5 StR 95/19 = ZJJ 2019, 285 f.; Köhler NStZ 2018, 730, 732 m.w.N.), zumal erzieherische Aspekte und solche der Resozialisierung auch ohne Rückgriff auf § 15 Abs. 2 Nr. 2 angemessen berücksichtigt werden können. So unterbleibt gem. § 459g Abs. 5 StPO die Vollstreckung, soweit der Wert des Erlangten nicht mehr im Vermögen des Betroffenen vorhanden ist oder die Vollstreckung sonst unverhältnismäßig wäre. Danach können alle nach Sachlage in Betracht kommenden Gesichtspunkte, also auch die spezifisch jugendrechtlichen, behandelt werden (s. auch BGH Beschl. v. 6.2.2020 – 5 ARs 20/19, Rn. 25; Köhler NStZ 2018, 732 m.w.N.). Diese Regelung stellt sich in der Bewertung des 5. Senats für den Angeklagten sogar günstiger dar, weil nach § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO eine Vollstreckung der Einziehungsanordnung zwingend zu unterbleiben hat (BGH 5 StR 95/15 Rn. 6 = ZJJ 2019, 285 f. unter Hinw. auf NStZ-RR 2019, 22, 23 und Beschl. v. 22.3.2018 – 3 StR 577/17). Die Auffassung des 1. Senats in der Anfrageentscheidung (1 StR 467/18), wonach die Regelung des § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO entgegen dieser Bewertung des 5. Senats für den Jugendlichen oder Heranwachsenden nicht adäquat und ungünstiger sei (Rn. 22, 23 d. Entscheidung), kann nicht geteilt werden. Zum einen entscheidet über die Wiederaufnahme der Vollstreckung letztlich der Jugendrichter als Vollstreckungsleiter (§§ 82, 110 Abs. 1 JGG, i.V.m. §§ 459g, 450o, 462a StPO), so dass die Entscheidung weiterhin in entsprechend kompetenter Hand bleibt. Zum anderen ist nicht einzusehen, weshalb die drohende Möglichkeit der Wiederaufnahme der Vollstreckung gem. § 459g Abs. 5 Satz 2 StPO eine erzieherisch negative und auch resozialisierungsfeindliche Auswirkung haben soll. Das gilt umso mehr, als das Damoklesschwert des tatsächlichen Eintritts einer verhängten Sanktion im Strafrecht allgemein und speziell im JGG, wie die Vorschriften über die Strafaussetzung zur Bewährung oder §§ 27, 30 zeigen, als ein Grundpfeiler eines erziehungs- und resozialisierungsdeterminierten Systems betrachtet werden kann. Die Anwendung des § 459g ist damit die dogmatisch und systematisch einzig zutreffende und die erzieherisch geeignete Vorgehensweise, denn sie eröffnet eine auch erzieherisch wichtige nachträgliche Reaktion vor allem für die Fälle, in denen es sich entgegen vorheriger Annahme doch nicht um einen vermögenslosen Täter handelt, sich seine Vermögensverhältnisse unverhofft verbessern oder er sich gar durch Vorspiegelung falscher Umstände die Anordnung nach § 459g Abs. 5 Satz 1 erschlichen hat (zu diesen Gründen für eine Wiederaufnahme der Vollstreckung vgl. KK-Appl StPO § 459g Rn. 19). Da somit eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Berücksichtigung spezifisch jugendstrafrechtlichen Belange existiert, ist es nicht geboten, die gesetzliche Systematik zwischen allgemeinem und speziellem Strafrecht durch Richterrecht zu durchbrechen und dem über § 2 Abs. 2 JGG zu beachtenden eindeutig zwingenden Gesetzesbefehl in § 73 Abs. 1, § 73c StGB die Gefolgschaft zu verweigern (so allerdings contra legem Rose NStZ 2019, 648 ff.). Das Wort „kann“ in Abs. 3 kann vor diesem Hintergrund nicht als Ermächtigung für ein Ermessen sondern nur als gesetzliche Befugnis verstanden werden, unter anderem auch auf die Einziehung von Taterträgen zu erkennen, die nach dem JGG nicht ausgeschlossen ist, und deshalb erfolgen muss, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen. Dementsprechend hat der 5. Senat des BGH inzwischen entschieden, dass er an seiner bisherigen Auffassung (s. Rn. 11) festhalte (Beschl. v. 6.2.2020 – 5 ARs 20/19). Zur Zulässigkeit von Nebenfolgen siehe auch § 6 Rn. 3 und 4.

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      Das Fahrverbot (§ 44 StGB) ist auch dann zulässig, wenn nur Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel ausgesprochen werden (arg. e. oben, Abschn. III i.V.m. §§ 2, 6, 76; Warda GA 1965, 68; Lackner JZ 1965, 95; s. auch § 27 Rn. 14). Zur Zulässigkeit des Fahrverbotes neben der Entscheidung nach §

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