Absprachen im Strafprozess. Dirk Sauer

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Absprachen im Strafprozess - Dirk Sauer Praxis der Strafverteidigung

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Strafbefehlsverfahren stelle eine ausdrückliche gesetzlich geregelte Ausnahme dar. Seit Aufnahme der Urteilsabsprache in die StPO besteht dieser Unterschied aber auch nicht mehr. Wer nach wie vor behauptet, der Gesetzgeber habe hier in völlig neuartiger, systemwidriger und letztlich inkonsistenter Weise die Quadratur des Kreises versucht, müsste Gleiches konsequenterweise auch für das Strafbefehlsverfahren behaupten und dessen Unanwendbarkeit ebenfalls propagieren (oder aber erklären, warum ersteres inakzeptabel, letzteres für die Feststellung mit dem Urteil aber akzeptabel ist).

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      Kurz: So, wie sie in das Gesetz Eingang gefunden hat, ist die Urteilsabsprache bei unbefangener Betrachtung nichts weiter als eine Regelung bestimmter, aufeinander abgestimmter Verfahrenshandlungen wie etwa der Einstellungsbeschluss nach § 153a nebst der Einholung der hierfür erforderlichen Zustimmungserklärungen. Nun sind Prozesshandlungen bekanntlich bedingungsfeindlich und normalerweise auch einem Widerruf entzogen, so dass die Verwendung des Begriffs der „Bindungswirkung“ an sich überflüssig gewesen wäre. Sie erklärt sich aber zwanglos aus der geschichtlichen Entwicklung: Der Gesetzgeber hat vor dem Hintergrund der jahrzehntelang ergangenen Rechtsprechung des BGH entschieden.

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      Begrifflich löst sich indes die hier gegebene Darstellung bis zum gewissen Grade vom Gesetz. Soweit dieses nun in § 257c den allgemeinen Begriff der Verständigung auf die Urteilsabsprache einzuengen scheint, sieht man sich auf den ersten Blick gezwungen, einen neuen Oberbegriff für alle verfahrensbeendende Verständigungen zu finden. Wir nehmen uns die Freiheit, die Verständigung, wie das Gesetz sie regelt, als Spezialfall der verfahrensbeendigenden Verständigung allgemein zu betrachten, was dem Gesetz nicht zu entnehmen ist, aber auch nicht im Widerspruch zu den Formulierungen in § 257c steht. Daher wird hier im Folgenden die Urteilsabsprache als Verständigung im Sinne des § 257c bezeichnet, während die Begriffe Verständigung und Absprache in einem allgemeinen Sinne als Synonyme gebraucht werden und einfach wertneutral den Vorgang der kommunikativ zustande gekommenen Übereinstimmung zwischen Verfahrensbeteiligten entweder über ein bestimmtes Verfahrensergebnis oder über einzelne Verfahrensschritte beschreiben.

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      Nach der zuletzt genannten Distinktion richtet sich sodann der Aufbau des Werks im Übrigen: Wir behandeln einverständliche Verfahrensbeendigungen in den Teilen zwei und drei, ihre Folgen in Teil vier sowie konsensuale Verfahrensweisen (Absprachen), die auf andere, nicht verfahrensbeendende Maßnahmenentscheidungen gerichtet sind, in Teil fünf. In Teil sechs folgen einige Praxishinweise.

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      Was aus dem Vorgängerwerk bleibt, ist die Ablehnung des Begriffs „Deal“. Urteile werden im deutschen Strafprozessrecht nach wie vor nicht ausgehandelt, und es werden auch keine vertragsähnlichen Vereinbarungen geschlossen. Vielmehr schlägt das Gericht in einer bestimmten Form eine bestimmte Verfahrensweise vor und die anderen Verfahrensbeteiligten stimmen zu. Begriffe, die an Vertragsmodelle allgemein oder gar an anrüchige, von der Rechtsordnung nicht tolerierte Formen des Leistungsaustauschs erinnern, sollten tunlich vermieden werden.

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      Vollständig erledigt ist die allgemeine Befassung mit dem Phänomen der Urteilsabsprache sowie den schon länger von der StPO geregelten, dieser verwandten Arten konsensualer Verfahrenserledigung, aber auch mit diesen Hinweisen zur Terminologie jedoch noch nicht. Neben der pur rechtsdogmatischen Perspektive sollte sich der in der Praxis handelnde Strafjurist als Bürger eines demokratisch verfassten Rechtsstaats stets auch die Frage nach der ethischen Dimension seines Verhaltens stellen. Dafür spielt nicht alleine das Gesetz eine Rolle, sondern auch das rechtshistorische, rechtskulturelle und rechtsethische Umfeld, in dem sich der Einzelne bewegt. Die Forderung nach anständigem Verhalten aller Beteiligten rechtfertigt den Blick zurück (Wie hat sich die StPO eigentlich zu einer für „abgesprochene“ oder sonst von Konsens getragenen Verfahrensbeendigungen empfängliche Prozessordnung entwickelt?) wie auch nach vorne (Wie ist, speziell aus Sicht des Strafverteidigers einerseits, das Gebundensein an das geltende Recht, andererseits die Verpflichtung, die Interessen des Mandanten zu wahren, im Verhältnis zueinander zu sehen?). Auf diese beiden Gesichtspunkte sei im Folgenden, diesen ersten Teil abschließend, noch eingegangen.

      Teil 1 Grundlagen: Für den Konsens, gegen den „Deal“C › II. Mutmaßliche Ursachen der Stärkung konsensualer Elemente im Strafprozess

II. Mutmaßliche Ursachen der Stärkung konsensualer Elemente im Strafprozess

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      Unter dem Regime

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