Absprachen im Strafprozess. Dirk Sauer

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Absprachen im Strafprozess - Dirk Sauer Praxis der Strafverteidigung

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weiter: Nur wer sich auf dem Boden eines bewusst reflektierten, eigenen Standpunkts bewegt, ist in der Lage, verantwortlich zu entscheiden, inwieweit er gewillt ist, sich auf nicht gesicherter Grundlage an Verständigungen zu beteiligen und wo die Grenzen zu ziehen sind und dies im Übrigen auch dem Mandanten zu vermitteln. Ohnehin können die Akteure nicht jede Verantwortung für ihr Handeln an höhere Autoritäten delegieren: Rechtsanwendung ist immer zugleich auch ein Prozess der Rechtsschöpfung. Schließlich wäre die radikal pragmatische Sichtweise nur völlig überzeugend, wenn der Verteidiger ausschließlich Interessenvertreter wäre, was er aber eben nicht ist.

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      Was in der Literatur aber nach wie vor heftig kritisiert wird, ist zumeist auch kein rechtliches, sondern ein rechtskulturelles Phänomen, zugespitzt: Die Verrohung der Sitten. Diese hat gesellschaftliche wie politische Ursachen und ist daher nicht gut im Wege von Veröffentlichungen in strafrechtlichen Fachpublikationen, sondern durch gesellschaftliches und politisches Engagement am effektivsten zu bekämpfen. Dass kein Praktiker sich an nach geltendem Recht unzulässigen Verfahrensweisen beteiligen darf, auch nicht der Verteidiger und auch dann nicht, wenn das Bestehen auf der Befolgung aller Normen des Strafprozessrechts in der Ausprägung, die sie in der Rechtsprechung des BGH erfahren haben, in der konkreten Verfahrenssituation Mut und Beharrungsvermögen erfordert, liegt allerdings auch auf der Hand. Anlass, Gespräche mit anderen Verfahrensbeteiligten bis hin zu einvernehmlichen Verfahrensbeendigungen generell nur mit schlechtem Gewissen zu führen, besteht aber nicht.

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      Ein Spannungsverhältnis zwischen der strikten Bindung an Recht und Gesetz auf der einen und der Pflicht, die Mandanteninteressen zu wahren, auf der anderen Seite besteht also im Allgemeinen nicht. Im konkreten Fall kann es allenfalls dann anders aussehen, wenn der Verteidigung von Seiten der Strafverfolgungsbehörden „Angebote“ gemacht werden, die für den Mandanten in jeder Hinsicht günstig, aber rechtlich nicht vertretbar sind. Auch hier ist aber das richtige Verhalten meist unschwer zu bestimmen: Entweder droht aufgrund der Rechtswidrigkeit des „Deals“ die Revision oder der Verteidiger begibt sich selbst in die Gefahr standes- oder strafrechtlicher Verfolgung. Die verbleibenden Fälle, in denen der Verteidiger tatsächlich entscheiden muss, ob das mit derartigen Gefahren verbundene „Geschenk“ einer abwegig milden Rechtsfolge angenommen werden soll oder nicht, dürften allenfalls vereinzelt auftreten. Sie stellen die Verteidigung dann aber auch im Grunde nicht vor Rechtsprobleme: Der schlichte Rat an den Mandanten, beispielsweise einer ihn eindeutig unangemessen begünstigenden Verfahrenseinstellung nach § 153a – innerhalb des Anwendungsbereichs der Vorschrift – zuzustimmen, stellt für sich genommen kein rechtswidriges Verhalten dar.

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