Polizeigesetz für Baden-Württemberg. Reiner Belz
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Rechtsschutz durch verwaltungsgerichtliche Klagen wird gewährt durch die Anfechtungsklage, § 42 Abs. 1 VwGO (gerichtet auf die Aufhebung der Polizeiverfügung), die Verpflichtungsklage, § 42 Abs. 1 VwGO (erstrebt wird der Erlass einer abgelehnten oder unterlassenen Polizeiverfügung) oder durch eine Fortsetzungsfeststellungsklage, § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO (ihr Ziel ist die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer erledigten Polizeiverfügung). Diese Klagen sind gem. § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO grundsätzlich gegen den Rechtsträger, dem die Behörde oder Dienststelle angehört, zu richten. Klagegegner bei Polizeiverfügungen der obersten Landespolizeibehörde (§ 107 Abs. 1), der Landespolizeibehörden (§ 107 Abs. 2) und der Polizeidienststellen (§ 115) ist das Land. Bei Verwaltungsakten, die von der Kreispolizeibehörde „Landratsamt“ erlassen werden, gilt dies ebenso (§ 107 Abs. 3, § 15 Abs. 1 Nr. 1 LVG, § 1 Abs. 3 LKrO). Bei Polizeiverfügungen einer Großen Kreisstadt, Verwaltungsgemeinschaft, Gemeinde und eines Stadtkreises als Kreis- bzw. Ortspolizeibehörde sind diese selbst Klagegegner.
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Vorläufiger Rechtsschutz wird durch Einlegung eines Widerspruchs oder Erhebung einer Anfechtungsklage erlangt. Beide haben nach § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung, d. h., die Polizeiverfügung wird in ihrer Vollziehung gehemmt. In den Fällen des § 80 Abs. 2 VwGO wird dieser Grundsatz allerdings durchbrochen, s. u. § 63, RN 11 ff. Nach Art. 80 Abs. 5 VwGO kann jedoch auf Antrag die aufschiebende Wirkung im Falle von § 80 Abs. 2 Nr. 1-3 VwGO ganz oder teilweise angeordnet oder im Falle von § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederhergestellt werden.
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Realakte (tatsächliches oder schlichtes Verwaltungshandeln) sind – im Gegensatz zur Polizeiverfügung – nicht auf die Herbeiführung einer unmittelbaren Rechtsfolge gerichtet, sie zielen auf einen tatsächlichen Erfolg.
Beispiele: Kontrollgänge, Streifenfahrten, Abschleppen eines Kfz., Beseitigung einer Verschmutzung oder eines Hindernisses auf der Straße, Rettung eines Tieres in Not, Errichtung und Führung von Beratungsstellen, Aufklärungsaktionen im Rahmen der vorbeugenden Verbrechensbekämpfung, Hinweise, Warnungen, polizeiliche Beobachtung, Observation, Errichtung eines automatisierten Abrufverfahrens, informelles (informales) Verwaltungshandeln, wie z. B. Absprachen und Kooperation vor einer Großdemonstration zwischen Polizei und Veranstalter (vgl. BVerfG, NJW 1985, 2395, 2399).
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Die Abgrenzung Polizeiverfügung – Realakt ist nicht immer ganz einfach, jedoch geboten, weil die jeweiligen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen und Rechtsschutzmöglichkeiten unterschiedlich sind. Umstritten ist vor allem, ob bestimmte Realakte unausgesprochen einen Verwaltungsakt enthalten.
Beispiele: Die Erteilung einer Auskunft (z. B. nach § 91) soll gleichzeitig die Entscheidung enthalten, dass die Auskunft erteilt wird (vgl. BVerwG 31, 301, 306).
Der Schlag des Polizeibeamten mit der Hiebwaffe oder der Einsatz von Tränengas sollen zugleich die Regelung für die Betroffenen enthalten, die Zwangsanwendung zu dulden (BVerwGE 26, 161, 164).
Derartige Konstruktionen sind jedoch nicht notwendig, weil der Rechtsschutz des Bürgers nicht vom Vorliegen eines Verwaltungsakts abhängt. Die in den obigen Beispielen getroffenen Maßnahmen sollten daher ausschließlich als Realakte angesehen werden (so auch VGH BW, VBlBW 2002, 306, 307). Zur Rechtsnatur der unmittelbaren Ausführung einer Maßnahme s. u. § 8, RN 2, der Maßnahmen zur Datenverarbeitung s. u. § 13, RN 2, der Standardmaßnahmen s. u. Vorbem. § 27, RN 4 und der Zwangsmaßnahmen s. u. § 63, RN 59 ff.
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Was die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen der Realakte anbetrifft, so gilt auch hier der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Allerdings ist die Regelungsdichte für Realakte – in Anbetracht ihrer Vielgestaltigkeit – nicht besonders groß, zumal wesentliche Vorschriften des LVwVfG nicht unmittelbar Anwendung finden (vgl. § 9 LVwVfG). Fehlen spezielle Regelungen, so sind in formeller Hinsicht zumindest die Zuständigkeitsvorschriften einzuhalten; eine Anhörungspflicht entsprechend § 28 Abs. 1 LVwVfG wird diskutiert.
Bei den materiellen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen ist eine Ermächtigungsgrundlage zu fordern (z. B. §§ 3, 1 Abs. 1, § 8 Abs. 1), sofern der Realakt in die Rechte des Bürgers eingreift, wie z. B. die Anwendung unmittelbaren Zwangs oder – je nach Inhalt – eine sog. Gefährderansprache oder ein sog. Gefährderanschreiben (vgl. OVG Lüneburg, DÖV 2006, 122, 123).
Die Gefährderansprache bzw. das Gefährderanschreiben soll polizeibekannte Personen darüber informieren, dass ein polizeiliches Interesse an ihrer Person besteht, die Gefährdungslage bei der Polizei zur Kenntnis und ernst genommen wird. Besteht der Inhalt aus einer Aufforderung oder Anordnung, die darauf abzielt, bestimmte Handlungen zu unterlassen und somit auf die Entscheidungsfreiheit des Betreffenden einwirkt, greift sie in den Schutzbereich zumindest von Art. 2 Abs. 1 GG ein und bedarf somit einer Ermächtigungsgrundlage. Eine solche wurde früher wegen fehlender spezieller Rechtsgrundlage in §§ 3, 1 Abs. 1 PolG gesehen (VGH BW, Urt. v. 7.12.2017 – 1 S 2526/16). Mit dem PolG von 2020 wurde nunmehr eine ausdrückliche Eingriffsgrundlage in § 29 geschaffen.
Außerdem muss ein vorhandenes Ermessen fehlerfrei ausgeübt und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit i. w. S. beachtet werden. Letzteres gilt auch für behördliche Warnungen etwa vor Jugendsekten, vor rechtsextremen Organisationen oder gesundheits- bzw. umweltschädigenden Produkten (BVerfG, NJW 1989, 3269; 2002, 2621, 2626; BVerwG, NJW 1989, 2272; 1991, 1766 und 1770; VGH BW, NVwZ 1989, 279 und 878; NJW 1997, 754, 756; VerfGH Rheinl.-Pfalz, DÖV 2008, 242). Sofern mit dem Realakt kein Rechtseingriff verbunden ist, wie bei einem bloßen Ratschlag, einer Warnung oder Belehrung, wird die Aufgabenzuweisungsnorm des § 1 als ausreichende Grundlage angesehen (VGH BW, NVwZ 1989, 279, 280).
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Rechtsschutz wird bei Realakten durch die Feststellungsklage (§ 43 Abs. 1 VwGO) oder durch die allgemeine Leistungsklage gewährt.
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Polizeiliche Erlaubnisse öffnen den Weg zu Tätigkeiten oder Vorhaben, die Gefahren in sich bergen und deshalb zunächst mit einem Verbot versehen sind. Das Polizeigesetz enthält keine Erlaubnistatbestände, dafür sind sie in umso größerer Zahl im besonderen Polizeirecht zu finden.
Beispiele: Baugenehmigung, § 58 LBO; Gaststättenerlaubnis, § 2 GastG; Fahrerlaubnis, § 2 StVG; wasserrechtliche Erlaubnis, §§ 2, 8 WHG; Sondernutzungserlaubnis, § 16 StrG; waffenrechtliche Erlaubnis, §§ 10 ff. WaffG.
Erlaubnisse sind nur durch oder aufgrund Gesetzes zulässig. Deshalb ist es gestattet, Erlaubnispflichten in