Polizeigesetz für Baden-Württemberg. Reiner Belz

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Polizeigesetz  für Baden-Württemberg - Reiner Belz Polizeirecht kommentiert

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21a

      Wird eine Betätigung oder ein Vorhaben ohne die vorgeschriebene Erlaubnis ausgeführt, etwa weil eine solche nicht erteilt oder aufgehoben wurde, führt dies zur formellen Rechtswidrigkeit. Materielle Rechtswidrigkeit besteht, wenn die Betätigung oder das Vorhaben nicht erlaubnisfähig ist, eine beantragte Erlaubnis also versagt werden müsste.

      Die Rechtsfolgen bei fehlender Erlaubnis werden zumeist spezialgesetzlich geregelt. Fehlt es hieran, kommt ein Einschreiten aufgrund der Generalklausel in Betracht, da es gilt, einen (weiteren) Verstoß gegen Normen des Verwaltungsrechts abzuwehren, der häufig auch straf- oder ordnungswidrigkeitenrechtlich bewehrt ist.

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      Verwaltungsrechtliche Verträge (§ 54 ff. LVwVfG) auf dem Gebiet des allgemeinen Polizeirechts zwischen der Polizei und dem Bürger kommen in der Praxis nicht allzu häufig vor. Anders im Bereich des besonderen Polizeirechts. Hier gelangt dieses Handlungsinstrument, insbesondere für Polizeibehörden, häufig zu zweckmäßigeren Lösungen bei der Gefahrenabwehr als der Erlass einer Polizeiverfügung.

      Beispiele: Anstatt gegen ein illegal errichtetes Wochenendhaus im Wege der Abbruchsanordnung (§ 65 Abs. 1 Satz 1 LBO) vorzugehen, wird ein verwaltungsrechtlicher Vertrag geschlossen, mit welchem dem Eigentümer eine zeitlich begrenzte Nutzung gestattet wird, er sich aber andererseits verpflichtet, zu einem genau fixierten Termin das Gebäude abzubrechen. Außerdem unterwirft er sich der sofortigen Vollstreckung nach § 61 LVwVfG.

      Gegen den Halter mehrerer Hunde, die durch ihr Gebell die Nachbarschaft nerven, ergeht kein Verbot der Hundehaltung (§§ 3, 1 Abs. 1), vielmehr wird ein Vertrag geschlossen, nachdem der vorhandene Zustand bis zu einem überschaubaren Zeitpunkt geduldet wird und der Hundehalter sich verpflichtet, dann unwiderruflich die Hundehaltung dort aufzugeben. Gleichzeitig unterwirft er sich der sofortigen Vollstreckung.

      In beiden Fällen wird der beabsichtigte Erfolg (Beseitigung der Gefahr) in einem überschaubaren Zeitraum erreicht, während der Erlass einer Verfügung möglicherweise jahrelange Prozesse zur Folge hätte.

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      Dass eine Polizeiverfügung grundsätzlich durch einen verwaltungsrechtlichen Vertrag ersetzt werden kann, ergibt sich aus § 54 Satz 2 LVwVfG. Hierbei sollte nicht der Eindruck entstehen, der verwaltungsrechtliche Vertrag erlaube der Polizei rechtlich sonst unzulässige „Mauscheleien“, denn hinsichtlich der Zulässigkeit und des Inhalts eines derartigen Vertrages gilt der Vorrang des Gesetzes uneingeschränkt (§ 54 Satz 1 LVwVfG).

       a) Entschließungs- und Auswahlermessen

      Nach § 3 hat die Polizei diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen. Im Anwendungsbereich der Generalklausel gilt also das Opportunitätsprinzip. Ob und in welchem Umfang dieses Prinzip auch für andere Ermächtigungsgrundlagen gilt, ist aus Wortlaut und Sinn der jeweils anzuwendenden Vorschrift zu ermitteln. Ermessen wird z. B. eingeräumt bei den Standardmaßnahmen und bei den Ermächtigungen zur Datenverarbeitung und zur Zwangsanwendung. Auch im besonderen Polizeirecht gilt überwiegend das Opportunitätsprinzip.

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      Ermessen bedeutet, dass die Polizei bei Vorliegen der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale nicht an eine vorgegebene Rechtsfolge gebunden ist, sondern diese selbst aufgrund von Zweckmäßigkeitserwägungen bestimmen kann. Sie kann entscheiden, ob sie überhaupt einschreiten will – Entschließungsermessen – und, falls diese Entscheidung positiv ausfällt, kann sie entscheiden, welche von mehreren rechtlich zulässigen Maßnahmen sie ergreifen will und/oder gegen welchen von mehreren möglichen Störern vorgegangen wird – Auswahlermessen. § 3 umfasst, trotz des nicht ganz eindeutigen Wortlauts, nach einhelliger Auffassung beide Arten des Ermessens. Die Einräumung eines polizeilichen Ermessensspielraumes hat den Sinn, den Zweck des Gesetzes, dem jeweiligen Einzelfall angepasst, möglichst optimal zu realisieren.

      Beispiel: Obwohl die rechtlichen Voraussetzungen für ein Abschleppen von Fahrzeugen, die vorschriftswidrig vor einem Jugendzentrum abgestellt sind, vorliegen, ergreift die Polizei dieses Mittel nicht. Vielmehr werden die Fahrer durch Öffentlichkeitsarbeit, Hinweiszettel an den Fahrzeugen und durch Mitarbeit der Veranstalter auf die für die Umgebung entstehenden Probleme aufmerksam gemacht. Diese Maßnahme kann zu einer Sensibilisierung und damit langfristig zu einem größeren Erfolg führen.

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      Die Bedeutung des Ermessens für die Polizeipraxis relativiert sich in vielen Fällen. Manchmal ist das Entschließungsermessen so weit reduziert, dass eine Pflicht zum Tätigwerden besteht (s. u. RN 33). Beim Auswahlermessen ist zu beachten, dass dieses nur eine Wahlmöglichkeit unter verschiedenen rechtmäßigen Rechtsfolgen verleiht. Häufig besteht aber keine Wahlmöglichkeit, weil bei Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit i. w. S. nur noch eine Rechtsfolge verbleibt, die geeignet, das mildeste Mittel und angemessen ist.

      Beispiel: Kommen als tatbestandsmäßig zulässige und geeignete Mittel zur Beseitigung von Gefahren, die von jugendlichen Fußballrowdys ausgehen, die Beschlagnahme von gefährlichen Gegenständen und die Zurückschickung in Betracht, scheidet Letztere im Hinblick auf § 5 Abs. 1 aus und somit besteht keine Wahlmöglichkeit.

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      Im Gegensatz zum Opportunitätsprinzip steht das Legalitätsprinzip. Dieses gilt bei der Verfolgung von Straftaten und verpflichtet die Polizei, Straftaten zu erforschen und entsprechende Anordnungen zu treffen. Dagegen findet das Opportunitätsprinzip bei der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten Anwendung (§§ 47, 53 OWiG).

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      Ermessen ist immer ein pflichtgemäßes, d. h. rechtlich gebundenes Ermessen. Das kommt auch in § 40 LVwVfG zum Ausdruck: Das Ermessen ist entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und es sind die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Polizeiliches Handeln, das hiergegen verstößt, ist ermessensfehlerhaft und damit grundsätzlich rechtswidrig. Insoweit unterliegen Ermessensakte auch der gerichtlichen Kontrolle (vgl. § 114 VwGO). Anders liegt der Fall bei der Beurteilung der Zweckmäßigkeit polizeilicher Maßnahmen. Deren Überprüfung kann nur in einem Verwaltungsverfahren (vgl. z. B. § 68 VwGO) verlangt werden. Außerdem hat die Unzweckmäßigkeit einer Maßnahme keine Folgen für deren Rechtmäßigkeit.

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      Ein

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