Unternehmenskaufvertrag. Christoph Louven
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– ausdrücklich auf den möglicherweise für den Dritten nicht passenden Zweck des Berichts, den der (ursprüngliche) Adressat festgelegt hat und der die Ziele und Zwecke des Dritten nicht erfüllen muss, hinzuweisen und sich dies bestätigen zu lassen,
– verbunden mit dem Hinweis darauf, dass der Bericht deshalb keine eigene Due Diligence des Dritten ersetzen kann und für den Dritten möglicherweise wesentliche Aspekte bestimmungsgemäß nicht zum Gegenstand hat (Zweck war die Prüfung aus der Perspektive des Käufers und Mandanten und dessen mit der Transaktion verfolgten Ziele).
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Außerdem wird er jedwede Verpflichtung, Änderungen, Klarstellungen, Fehlerbereinigungen oder Aktualisierungen des offengelegten Berichts, die im Bericht an den Adressaten zwischenzeitlich vorgenommen wurden, auch gegenüber dem Dritten „nachzuziehen“ oder den Dritten darüber zu informieren, ausschließen.
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Schließlich wird er auf die im Verhältnis zum ursprünglichen Adressaten aufgenommenen Beschränkungen und Qualifikationen des Berichts hinweisen und sich bestätigen lassen, dass sie auch im Verhältnis zum Dritten zu beachten sind.
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Ergänzt werden diese Regelungen regelmäßig durch die Vereinbarung eines Haftungshöchstbetrags und andere Haftungsbegrenzungen (z.B. Ausschluss von Folgeschäden, etwa entgangenem Gewinn, Verjährungsregelung). Solche Haftungsbegrenzungen sind richtigerweise in den Grenzen des § 276 Abs. 3 BGB wirksam.357 Sollten die Bestimmungen des Reliance-Letters nicht ausgehandelt, sondern AGB sein, ist beim Reliance-Letter die Haftungsübernahme Hauptleistungspflicht und damit einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle entzogen.358 Beschränkungen aus oder analog § 51a BRAO sind bei Reliance-Letters von Anwaltskanzleien nicht einschlägig, weil kein Mandatsverhältnis begründet wird und es an der für eine Analogie erforderlichen Vergleichbarkeit fehlt.359
3.7.4 Grenzen und Anforderungen aus vertraglichen oder gesetzlichen Verpflichtungen zu Vertraulichkeit und Offenlegungs- oder Weitergabeverboten im Rahmen der Due Diligence
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Vertragliche und gesetzliche Verpflichtungen zur Vertraulichkeit sowie gesetzliche Offenlegungs- oder Weitergabeverbote im Rahmen der Due Diligence spielen im heutigen M&A-Markt eine noch prominentere Rolle als früher. Dies gilt insbesondere (seit der Geltung der Datenschutz-Grundverordnung) für Verbote, die aus dem Datenschutzrecht folgen, und für Grenzen, die das Kartellrecht fordert. Auch das Verfahren, in dem M&A-Transaktionen durchgeführt werden, ist Gegenstand von Compliance-Anforderungen.360 Verstöße dagegen können sanktioniert werden.
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Pflichten zur Vertraulichkeit, zum Datenschutz und zur Beachtung der kapitalmarkt- und kartellrechtlichen Grenzen werden auf unterschiedlichen Ebenen und in unterschiedlicher Hinsicht relevant:
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So müssen sich zum einen die Vorstandsmitglieder oder Geschäftsführer der Zielgesellschaft die Frage stellen, ob sie überhaupt eine Due Diligence zulassen dürfen und wenn, unter welchen Voraussetzungen bei einer Due Diligence vertrauliche Informationen des Unternehmens, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, offengelegt werden dürfen.
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Sie müssen sich weiter fragen, ob sie auch Informationen offenlegen dürfen, deren Offenlegung gegenüber Dritten aufgrund vertraglicher Vertraulichkeitsverpflichtungen oder in bestimmten Branchen bestehender gesetzlicher Vorschriften, insbesondere nach § 203 StGB oder Insiderrecht (MAR), verboten ist.
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Des Weiteren ist darauf zu achten, dass durch die Due Diligence keine personenbezogenen Daten unbefugt übermittelt werden.
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Schließlich ist sicherzustellen, dass keine wettbewerblich sensiblen Informationen in unzulässiger Weise offengelegt werden.
(a) Pflicht zur Vertraulichkeit aufgrund von Vertraulichkeitsvereinbarungen
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Ist die Zielgesellschaft eine Aktiengesellschaft, so ist deren Vorstand verpflichtet, über vertrauliche Angaben und Geheimnisse, namentlich Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, Stillschweigen zu bewahren. Allerdings gilt dies nicht absolut. Eine Offenlegung im Interesse der Gesellschaft ist zulässig. Ein solches Interesse kann in der Stabilität des Aktionärskreises oder der Gewinnung eines finanzkräftigen Aktionärs liegen.361 Sie erfordert zudem den Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung (entweder der Aktiengesellschaft mit dem Bieter oder zugunsten der Aktiengesellschaft als Drittberechtigter im Sinne von § 328 BGB, wenn Verkäufer und Bieter Vertragsparteien sind) und setzt die Unumgänglichkeit einer Due Diligence für das Zustandekommen der Transaktion voraus.362 Die Vertraulichkeitsvereinbarung muss nicht mit einer Vertragsstrafe bewehrt sein.363
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Unterliegen Informationen, die die Aktiengesellschaft offenlegen will, vertraglichen Vertraulichkeitsverpflichtungen, muss der Vorstand (i) nach Prüfung der Vertraulichkeitsverpflichtungen zu dem Ergebnis kommen, deren Auslegung lasse die Offenlegung im Rahmen der Transaktion und bei Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung mit den Kaufinteressenten, die eine enge Zweckbindung (nur Nutzung für die Bewertung der Transaktion) vorsieht, zu,364 (ii) die Zustimmung der Dritten einholen (in der Praxis dürfte dies angesichts der Vertraulichkeit der Transaktion gar nicht oder allenfalls punktuell möglich sein, gerade bei hoch sensiblen Daten eines Wettbewerbers scheidet dessen Ansprache regelmäßig aus) oder (iii) in einer sorgfältig begründeten und dokumentierten Abwägungsentscheidung zu dem Ergebnis gekommen sein, dass die mit der Transaktion verbundenen Chancen und Vorteile die mit der Offenlegung verbundenen Risiken und Nachteile (Vertragskündigungen, Schadensersatzansprüche) überwiegen. Zusätzlich muss er angemessene Maßnahmen eingeleitet haben, um die mit der Offenlegung verbundenen Nachteile und Risiken zu minimieren. Darunter fallen die (partielle) Schwärzung von Dokumenten, Anonymisierungen, die Aggregierung von Informationen, der Abschluss von Vertraulichkeitsvereinbarungen, die dem Dritten verbieten, die Informationen für andere Zwecke zu nutzen als die Bewertung der Transaktion, eine gestufte Due Diligence und Zugangsbeschränkungen zum Datenraum. Dadurch kann der Vorstand eine eigene Haftung vermeiden.
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Daran, dass die Offenlegung u.U. eine Vertragsverletzung darstellt und den geschützten Vertragspartnern Kündigungsrechte oder Schadensersatzansprüche gegen die Zielgesellschaft eröffnet, ändert dies freilich nichts. Diese Folgen darf der Vorstand unter den oben genannten Voraussetzungen allerdings in Kauf nehmen, ohne seine Organpflichten verletzt zu haben. Ausschließen lassen sich Schadensersatzansprüche oder Kündigungsrechte der Vertragsparteien sicher nur dadurch, dass die Zielgesellschaft eine Befreiung durch den Vertragspartner erlangt. U. U. kann es auch ausnahmsweise ausreichen (das ist letztlich aber eine Frage der Auslegung der Vertraulichkeitsverpflichtung, die selten eindeutige Befunde ergeben wird),