Unternehmenskaufvertrag. Christoph Louven
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Gibt es doch ausnahmsweise Insiderinformationen, die einem potenziellen Erwerber im Rahmen der Due Diligence offengelegt werden sollen, stellt sich zunächst die Frage, ob dies „unbefugt“ im Sinne des Art. 14 MAR geschieht. Da für einen erfolgreichen Verkauf gerade auch die Offenlegung von Insiderinformationen im Rahmen einer Due Diligence unerlässlich ist, weil vermutlich kein Erwerber ohne ihre Kenntnis die Zielgesellschaft kaufen würde, sieht die herrschende Meinung eine Offenlegung im Rahmen der Due Diligence als zulässig an.424 Deshalb kommt es auf eine Abwägung, die bei einer unbefugten Weitergabe im Sinne des Art. 14 MAR nach Art. 10 MAR diese ausnahmsweise rechtfertigen kann,425 regelmäßig nicht an.426 In der Praxis werden in solchen Fällen Vertraulichkeitsvereinbarungen abgeschlossen, in denen sich der potenzielle Erwerber verpflichtet, die ihm zur Verfügung gestellten Insiderinformationen nicht für solche Zwecke zu verwenden, die gegen geltendes (Insiderhandels-)Recht verstoßen.
3.7.5 Vorvertraglicher Auskunftsprozess, begleitende Expertengespräche, Managementpräsentationen und Standortbesichtigungen
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Begleitet wird die Due Diligence regelmäßig von einem vorvertraglichen Auskunftsprozess (Q&A-Process), begleitenden Expertengesprächen (Expert Sessions), Managementpräsentationen (Management Presentations) und – je nach Branche – Standortbesichtigungen (Site Visits).
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Der vorvertragliche Auskunftsprozess (Q&A-Process) soll dem Käufer ermöglichen, parallel zur Durchsicht des Datenraums nach fehlenden Informationen zu fragen. Er ist in der Regel schriftlich und kanalisiert. Direkte Ansprachen der Zielgesellschaft sind unbedingt zu vermeiden. Dies sehen typischerweise auch die Datenraumregeln so vor. Schriftlichkeit hat den Vorteil, dass der Inhalt der Antworten, aus denen der Verkäufer (Erfüllung einer Auskunftspflicht) oder der Käufer (Schadensersatz wegen bedingt vorsätzlich unrichtiger oder unvollständiger Auskünfte) Rechte ableiten mag, dokumentiert ist. Nicht selten begrenzt der Verkäufer die Zahl zugelassener Fragen. Der Verkäufer sollte rechtliche Wertungen vermeiden und allein den Sachverhalt zutreffend und vollständig schildern. Garantieähnliche Antworten oder ausdrückliche Bestätigungen des Vorliegens oder Nicht-Vorliegens bestimmter Umstände sind zu vermeiden.427
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Während der vorvertragliche Auskunftsprozess (Q&A-Process) rein schriftlich und ohne persönliche Kontakte ist, kommt es in den Expertengesprächen (Expert Sessions) zu physischen Treffen oder Telefonkonferenzen bestimmter Fachkräfte der Zielgesellschaft und des Bieters und ggf. der Berater. Wegen der persönlichen Interaktion ist das Risiko spontaner Antworten, die sich später als unzutreffend oder unvollständig erweisen, deutlich größer als im vorvertraglichen Auskunftsprozess (Q&A-Process).428 Sie sind unbedingt zu vermeiden, weil sie das Risiko einer Haftung aus (bedingt) vorsätzlichem Verschulden bei Vertragsverhandlungen begründen. Wenn möglich, sollten die Bieter verpflichtet werden, die Fragen bzw. Themenfelder rechtzeitig vorher und hinreichend spezifisch einzureichen. Der Verkäufer und seine Berater werden versuchen, die Antworten schriftlich vorzubereiten und sich daran im Gespräch eng anzulehnen. Fragen, die spontan nicht zuverlässig beantwortet werden können, sollten unbeantwortet bleiben (unter Hinweis z.B. darauf, dass sie ohne Hinzuziehung von Unterlagen nicht zuverlässig beantwortet werden können) oder es sollte, wenn möglich, versucht werden, diese Klärung während des Expertengesprächs vorzunehmen. Wenn möglich, sollte der Gesprächsinhalt protokolliert werden.
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In der Managementpräsentation (Management Presentation) stellen Führungskräfte der Zielgesellschaft (regelmäßig der Vorstand oder die Geschäftsführung) sich und das Unternehmen (einschließlich der Ziele und Planungen für die nächsten Jahre) vor. Auch hier empfiehlt sich, die Vorstellung auf Basis einer schriftlichen Unterlage (PowerPoint-Präsentation) vorzunehmen und die dort enthaltenen Informationen vorher daraufhin zu prüfen, ob sie sensible Daten enthalten, deren Offenlegung kartell- oder datenschutzrechtlich429 problematisch ist oder der Zielgesellschaft schaden könnte. Bei der sich regelmäßig anschließenden Fragerunde ist darauf zu achten, keine rechtlichen Wertungen abzugeben sowie garantieähnliche Aussagen zu vermeiden. Deshalb ist auch die Teilnahme von Juristen auf Verkäuferseite und ggf. eine selektive Mitschrift zu empfehlen.
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Je nach Branche kommen schließlich Standortbesichtigungen (Site Visits) in Betracht. Sie helfen dem Käufer (und ggf. seinen Beratern), eine bessere Anschauung etwa der Produktionsbedingungen zu bekommen. Der Verkäufer wird darauf achten, dass der Bieter nicht in unkontrollierten unmittelbaren Kontakt mit Mitarbeitern der Zielgesellschaft kommt.
3.7.6 Vendor’s Due Diligence
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Parallel zur Zunahme von Auktionsverfahren erfreuen sich auch Due Diligence-Prüfungen durch den Verkäufer (Vendor’s Due Diligence oder kurz: VDD) wachsender Beliebtheit. Auch für den Verkäufer ist es wichtig, Chancen und Risiken der Gesellschaft richtig einzuschätzen. Bislang unerkannte Risiken kann er auf diese Weise so rechtzeitig erkennen, dass er Lösungen entwickeln und im Transaktionsprozess vorstellen kann. Da er nach herrschender Meinung haftet, wenn er Garantien „ins Blaue hinein“ abgibt, schafft er sich selbst eine Informationsgrundlage, die diese Haftung ausschließen kann. Auch hilft eine Vendor’s Due Diligence mit entsprechenden Berichten für die Bieter, das Auktionsverfahren zu beschleunigen. Vor allem aber430 fließen die Ergebnisse seiner Due Diligence regelmäßig in Berichte ein, die er dem zugelassenen Bieterkreis zur Verfügung stellen kann und die die Wahrscheinlichkeit, dass möglichst viele Bieter möglichst lange im Prozess gehalten werden und sich Wettbewerb machen, deshalb erhöhen, weil der Aufwand der Bieter für die eigene Due Diligence jedenfalls bis zu einem späten Stadium des Bieterverfahrens niedriger gehalten werden kann. Im Vordergrund steht insoweit, eine komprimierte Übersicht über die Chancen und Risiken der Zielgesellschaft in Form eines „komprimierten Datenraums“431 zu gewähren. Da der Bericht nicht an einen bekannten Adressaten gerichtet ist, sondern für eine Mehrzahl sehr unterschiedlicher Bieter (strategische Investoren, Finanzinvestoren), deren Berater und ggf. finanzierende Banken, ist bei der Erstellung des Berichts idealerweise deren Perspektive einzunehmen.
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Gerade die Ergebnisse einer rechtlichen Due Diligence werden oft nicht in einem Due Diligence Report zusammengefasst, in dem die vorgefundenen Sachverhalte auch rechtlich bewertet und mit Handlungsempfehlungen versehen werden, sondern in einem Legal Fact Book, das sich auf die Beschreibung des Sachverhalts rechtlicher Verhältnisse beschränkt. Das ist regelmäßig schon deshalb geboten, weil ein externer Anwalt im Einzelfall in einem Interessenkonflikt zu dem Verkäufer als seinem Mandanten stehen kann, wenn er rechtliche Risiken als solche offen bewertet und in