Unternehmenskaufvertrag. Christoph Louven
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Weitere Voraussetzung des Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO ist, die Interessen des Verkäufers und Kaufinteressenten einerseits und die Interessen der Betroffenen am Schutz ihrer informationellen Selbstbestimmung andererseits ins Verhältnis zu stellen und zu einem schonenden Ausgleich zu bringen.387 Die dafür erforderliche Abwägung hat im Einzelfall zu erfolgen, pauschalierende Aussagen verbieten sich.388
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Es ist dann zu prüfen, ob es Beschäftigtendaten von Beschäftigten in herausgehobener Position gibt, für die ein hohes Informationsinteresse des Kaufinteressenten besteht.389 Dies wird für die Mitglieder des Geschäftsleitungsorgans, also Vorstände und Geschäftsführer der Zielgesellschaft etwa im Hinblick auf deren Namen, Qualifikation, Vergütung, die Konditionen der Anstellungsverträge, insbesondere in Bezug auf die Existenz von Change-of-Control-Klauseln, Kündigungsmöglichkeiten, Pensionszusagen oder Wettbewerbsverboten, vertreten390 und soll auch bereits in einer sehr frühen Phase der Transaktion und im Hinblick auf eine Vielzahl von Interessenten gelten.391 Denn die Qualität des Managements, seine Qualifikationen und ggf. bestehende individuelle Sondervereinbarungen werden als maßgeblich, insbesondere auch für den wirtschaftlichen Erfolg und damit auch den Wert der Zielgesellschaft, angesehen.392 Oft haben Vorstände und Geschäftsführer aber auch schon ein hohes Eigeninteresse an der Mitteilung zumindest ihrer Namen393 und möglicherweise im Einzelfall auch an der Mitteilung weiterer Details ihrer Anstellungsverhältnisse. Dies soll für leitende Angestellte und Schlüsselmitarbeiter der Zielgesellschaft (etwa Know-how-Träger) nicht ohne Weiteres gelten und eher bei „kleinen Targets“ anzunehmen sein.394 Das überzeugt nicht. Denn gerade bei mittleren und großen Zielgesellschaften sind regelmäßig gerade auch die Führungskräfte auf der Ebene unterhalb des Vorstands oder der Geschäftsführung wesentliche Träger des Unternehmenserfolgs. Auch bei ihnen sollte daher ein hohes Informationsinteresse datenschutzrechtlich anerkannt werden.395 Die Offenlegung von einzelnen personenbezogenen Daten nachgeordneter „normaler“ Mitarbeiter dürfte regelmäßig seltener gerechtfertigt sein. So dürfen etwa jedenfalls die Anzahl von Mitarbeitern in bestimmten Abteilungen oder die Höhe der Gehälter, die für bestimmte Personen gezahlt werden, tendenziell nur in aggregierter Form offen gelegt werden.396 Zum Teil wird darüber hinaus angenommen, dass grundsätzlich sämtliche Informationen über nachgeordnete „normale“ Mitarbeiter nur in anonymisierter Form offengelegt werden dürften, weil ihre namentliche Offenlegung für die Unternehmensbewertung nicht erforderlich sei.397 Ausnahmsweise dürfe der Name eines individuellen Know-how-Trägers oder Vertriebsmitarbeiters von so herausgehobenem Interesse für den Kaufinteressenten sein, dass die Offenlegung seines Namens zulässig sei.398 Arbeitsverträge dürfen nur in Gestalt eines Standardarbeitsvertrags zur Verfügung gestellt werden. Die Offenlegung der gesamten Personalakte oder von Auszügen aus ihr ohne Einwilligung des Betroffenen dürfte eine „rote Linie“ darstellen, deren Überschreitung nur in absoluten Ausnahmefällen gerechtfertigt sein kann.399 Kundenverträge oder sonstige Verträge der Zielgesellschaft mit natürlichen Personen unterliegen, wenn sie in anonymisierter Form (also etwa durch Schwärzung der personenbezogenen Daten) in einer Weise offengelegt werden, dass eine Zuordnung zu einer natürlichen Person nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand an Zeit und Arbeitskraft möglich ist, nicht der DSGVO.400 Eine Offenlegung von Listen mit natürlichen Personen, die Kunden oder sonstige Vertragspartner der Zielgesellschaft sind, mit deren Klarnamen ist regelmäßig unzulässig.401 Müssen im Rahmen der Due Diligence z.B. Kundendaten mit Kundendatenbanken des Kaufinteressenten abgeglichen werden, um mögliche positive Effekte des Erwerbs prüfen zu können, soll das bei hoher Übernahmewahrscheinlichkeit zulässig sein.402 Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, kann ein Datenabgleich durch einen Treuhänder in Betracht kommen.403 Ob und inwieweit ein Dienstleister mit dem Betrieb des virtuellen Datenraums beauftragt werden darf, hängt davon ab, in welchem Land der Dienstleister seine Dienste anbietet. Werden personenbezogene Daten an einen in einem Drittstaat tätigen Anbieter übermittelt, sind die Anforderungen der Art. 44ff. DSGVO zu beachten.404 Im Regelfall sollte das Land allerdings innerhalb der EU liegen. Bei konkreten Zweifeln mögen der Verkäufer und die Zielgesellschaft dies rechtzeitig vorher gemeinsam mit dem Datenraumbetreiber sicherstellen. Liegt das Land innerhalb der EU, sind für die Zulässigkeit der Datenverarbeitung wiederum die Anforderungen des Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO zu beachten; zudem sollte der Dienstleister zumindest verpflichtet werden, das Datenschutzrecht einschließlich der Anforderungen an die Sicherheit der Verarbeitung des Art. 32 DSGVO zu beachten sowie Vertraulichkeit sicherzustellen.405 Der vorzugswürdige Weg ist freilich der Abschluss eines Auftragsverarbeitungsvertrags im Sinne des Art. 28 DSGVO unter Beachtung von dessen Anforderungen.406
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Sind personenbezogene Daten datenschutzrechtlich konform im virtuellen Datenraum hochgeladen worden, kommt eine Offenlegung gegenüber Kaufinteressenten durch Öffnung des Datenraums ebenfalls nur unter Beachtung der datenschutzrechtlichen Anforderungen in Betracht. Jede Offenlegung personenbezogener Daten gegenüber Kaufinteressenten muss danach entweder aufgrund einer Einwilligung erfolgen oder den Anforderungen der DSGVO, insbesondere deren Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO, genügen.
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Eine Einwilligung von natürlichen Personen als Kunden, Lieferanten oder sonstigen Vertragspartnern oder von Beschäftigten der Zielgesellschaft wird regelmäßig nicht vorliegen. Die betroffenen Personen im Kontext der geplanten Transaktion um eine Einwilligung zu bitten, kollidiert mit dem Interesse des Verkäufers und der Zielgesellschaft an Vertraulichkeit. Auch stellt es regelmäßig eine große praktische Herausforderung