Der Dritte Weg in der Retrospektive. Julia Brandt
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Neben Verwaltungsrat und Vollversammlung gibt es den Verbandsausschuss und den Geschäftsführer. Letzterem obliegen die laufenden Geschäfte des Verbandes. Der Verbandsausschuss berät u.a. den Haushalt des Verbandes und kontrolliert den Geschäftsführer.
Anhand dieser Struktur zeigt sich, dass die Kompetenz für das Verfahren des kirchlichen Arbeitsrechts bei den Gremien des VDD lag und liegt. Dort wurden und werden die entsprechenden Beschlüsse der Vollversammlung in Kommissionen und Arbeitsgruppen vorbereitet. Im Hinblick auf die Rolle des Diözesanbischofs als Gesetzgeber114 lässt sich die Frage stellen, woher diese Normsetzungskompetenz der Organe des VDD resultiert. Denn ausdrücklich ist nicht mitgeteilt, dass die Bischöfe dem VDD die Zuständigkeit etwa für die Zentral-KODA-Ordnung übertragen hätten.115 Diese Frage muss man sodann allerdings mit den Strukturen, welche die katholische Kirche besitzt, beantworten: Rechtsträger im Bereich des staatlichen Rechts sind die Bistümer und der VDD als Körperschaften des öffentlichen Rechts. In der Vollversammlung des VDD wird der Diözesanbischof folglich im sozietären Bereich der Kirche normgebend tätig.116
c)Die Rolle des Diözesanbischofs
Dem Diözesanbischof kam lange Zeit eine starke Bedeutung im System des Dritten Weges zu.117 Konkret verfügte der jeweilige Diözesanbischof bis 2012 über ein Notverordnungsrecht118, welches es ihm bei Vorliegen eines unabweisbaren Regelungsbedürfnisses auch ohne KODA Beschluss ermöglichte, eine arbeitsvertragliche Regelung selbst zu erlassen. Das sahen die Rahmenordnung zur Bistums-/Regional-KODA-Ordnung sowie alle Bistums- und Regional-KODA-Ordnungen mit Ausnahme der Ordnung der Bayerischen Regional-KODA vor.119 Im Gegensatz zur heute noch bestehenden Möglichkeit des Einspruchs gegen Beschlüsse der Kommissionen war das Notverordnungsrecht ein echtes Gestaltungsrecht, weil der Bischof auch bei fehlender Kommissionsentscheidung Arbeitsvertragsbedingungen setzen konnte.120 Mit der Novellierung der Rahmen-KODA-Ordnung im November 2012121 wurde dieses Notverordnungsrecht abgeschafft. Damit sollte der Kritik begegnet werden, die in diesem Recht des Bischofs ein der Parität widersprechendes Element sah, da der Bischof nicht neutral, sondern als Dienstgeber handle und so „das Gleichgewicht der Kräfte in den arbeitsrechtlichen Kommissionen grundlegend gestört und der Weg des Konsenses verlassen werde“.122
Für das Arbeitsrechtsregelungsverfahren kommt dem Bischof aber nach wie vor eine bedeutende Rolle zu: Die Beschlüsse der arbeitsrechtlichen Kommissionen bedürfen weiterhin der bischöflichen Inkraftsetzung. Damit ist die kirchenrechtlich begründete Befugnis zur Erfüllung seiner Hirtenaufgabe gesichert.123 Frühere Fassungen der Rahmen-KODA-Ordnung gewährten den Bischöfen in normativer Hinsicht eine relativ große Entscheidungsfreiheit, die von der Arbeitsrechtlichen Kommission gefassten Beschlüsse in Kraft zu setzen oder dies nicht zu tun, allerdings erfolgte die Inkraftsetzung in der Praxis durchgängig.124
Nach dem BAG Urteil 2012125 haben beide Akteure ihre Anforderungen an eine mögliche Weigerung des Bischofs, die Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommissionen in Kraft zu setzen, in ihren Ordnungen erhöht. Diese ist nur noch möglich, wenn der Bischof aus Gründen der Wahrung des kirchlichen Sendungsauftrags handelt. Das Prüfrecht des Bischofs ist also mittlerweile auf eine beschränkte Rechtskontrolle reduziert, ob die Schlüsse zweckmäßig, tarifpolitisch sinnvoll, wirtschaftlich vertretbar oder arbeitsrechtlich angemessen sind, ist nicht Gegenstand der bischöflichen Prüfung.126 Schließlich ist mit Dütz darauf zu verweisen, dass dem Diözesanbischof verschiedene Funktionen zukommen: er ist nach dem CIC Gesetzgeber, er setzt als Organ des KODA-Systems die KODA-Beschlüsse in Kraft, er ist Gesamtverantwortlicher für die Diözese („Hirtenfunktion“) und er hat Arbeitgeberfunktionen.127
2.Entstehung organisierter Caritas
„Der Begriff der Caritas bezeichnet zunächst die christliche Nächstenliebe allgemein, der Begriff des Caritasverbandes die konkrete Organisation, die durch ihre Ziele, Struktur, Mitglieder, Helfer und Aufgaben definiert ist“.128 Für die Entwicklung karitativer Einrichtungen ist charakteristisch, dass sie nur zum geringen Teil von bestehenden kirchlichen Organisationsformen getragen wurden, sondern auf dem Weg freiwilliger Zusammenschlüsse entstanden.129 Dabei kann man im Caritasbereich drei Entwicklungspfade festmachen: die Gründung von Frauenorden und -kongregationen, die Bildung lokaler Caritaskreise und die Anstaltsgründungen.130 Für die karitativen Anstalten bediente man sich unter anderem der Formen des bürgerlichen Rechts, sie wuchsen neben der Amtskirche auf, mit der sie aber personell und ideell verbunden blieben.131 Dem Staat gegenüber waren sie freie Vereinigungen, die sich zunächst selbst aus eigener Kraft finanzierten.132
Der Deutsche Caritasverband wurde unter dem Namen „Charitasverband für das katholische Deutschland“ am 9. November 1897 gegründet und am 31. August 1903 ins Vereinsregister des Amtsgerichtes Freiburg i. Br. eingetragen.133 Er trägt heute den Namen „Deutscher Caritasverband e. V.“ und ist die von den deutschen Bischöfen anerkannte institutionelle Zusammenfassung und Vertretung der katholischen Caritas in Deutschland.134 Er umfasst die Diözesancaritasverbände und deren Untergliederungen, diesen sind zentrale Fachverbände angeschlossen, die sich als Einrichtungen oder Personalverbände zusammengeschlossen haben.135
Bis zur Gründung des DCV gab es eine unübersehbare und unökonomische Vielfalt caritativer Betätigung. Die Förderung der Armenhilfe wurde aber zentral vom deutschen Katholikentag betrieben, dem seit 1849 ein Ausschuss für die Werke der Caritas angehörte.136 Das Forum der Katholikentage nutzte Lorenz Werthmann137, um das Konzept einer caritativen Gesamtorganisation zu realisieren.138 Ziel des DCV, dessen erster Präsident Werthmann wurde, war die Förderung sozial-caritativer Bestrebungen im katholischen Deutschland und die Gründung weiterer Caritasverbände.139 Zu Zeiten Werthmanns hatte es noch keine Diözesancaritasverbände gegeben, Werthmann fasste vielmehr diejenigen Organisationen zusammen, die aus freien Vereinigungen einzelner Katholiken bestanden. Die Zahl der Caritasverbände blieb zunächst gering, denn diese entstanden erst allmählich in der Zeit von 1903-1915.140 Vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs gab es sechs Diözesancaritasverbände und 25 Ortsverbände,141 diesen Zahlen stehen im Jahr 1913 10.827 Einrichtungen der Caritas gegenüber.142 Zu dieser Zeit wurde die katholische Armen- und Anstaltsfürsorge zum großen Teil durch die Orden betrieben, die offene Sozialarbeit durch katholische Vereine mit ehrenamtlichen Mitarbeitern getragen.143
Die Fuldaer Bischofskonferenz erkannte den Caritasverband für das katholische Deutschland 1916 als „die legitime Zusammenfassung der Diözesanverbände zu einer einheitlichen Organisation“ an144 und sicherte ihm ihre Förderung zu.145 Nun wurde für alle Bistümer die Errichtung von Diözesancaritasverbänden vorgeschrieben. Werthmann versuchte während des Ersten Weltkrieges, die Verlegung der Zentrale des Caritasverbandes nach Berlin durchzusetzen, was 1919 zur Bildung einer „Generalvertretung“ in die Reichshauptstadt führte, deren Leitung Benedict Kreutz übernahm.146 Dieser Kontakt zur Politik in der Reichshauptstadt sollte sich, vor allem unter Kreutz, noch als wichtiger Kontakt erweisen.147
Im „Inflationsjahrzehnt“ 1914-1924 gelang es dem Verband sich zu einem Spitzenverband der deutschen Wohlfahrtspflege zu entwickeln, bedingt durch die Anerkennung durch die Bischöfe 1916 und die neue Fürsorgegesetzgebung.148 Im letzten Jahr der Weimarer Republik waren 82.000 hauptamtliche Kräfte in der Caritas tätig.149
Wichtige Organe des DCV waren