Handbuch des Verwaltungsrechts. Группа авторов
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6. Zwischenfazit
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Stand der Integration
In den ersten dreißig Jahren wird vor allem durch die Rechtsprechung des EuGH der Charakter der EWG als supranationaler Rechtsgemeinschaft entscheidend geprägt. Der Gerichtshof entwickelt grundlegende rechtsstaatliche Anforderungen an das Verwaltungshandeln. Die Komitologie als Mittel zur Bewältigung des Dualismus von Gemeinschaftsinteresse und mitgliedstaatlichen Interessen und Agenturen als Mittel zum Informationsaustausch, zur Koordination mitgliedstaatlicher Politik in spezifischen Bereichen und zur Beschaffung von Entscheidungsgrundlagen für die Kommission werden erprobt und bewähren sich. Erste Formen der Verwaltungskooperation zeichnen sich ab.
III. Die Einheitliche Europäische Akte
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Einheitliche Europäische Akte
Mit der Einheitlichen Europäischen Akte[64] von 1987 erlangte die EWG neue Dynamik. Anders als noch in den Römischen Verträgen wird in der Präambel nicht nur der Wille zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit ausgesprochen, sondern es werden auch Demokratie und Menschenrechte als Grundlage des gemeinsamen Handelns festgelegt und die Absicht bekundet, die Gemeinschaften in eine Europäische Union umzuwandeln.
1. Änderungen im Überblick
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Die Änderungen
In den Bereichen des gemeinsamen Zolltarifs, des freien Dienstleistungs- und Kapitalverkehrs sowie See- und Luftverkehrs wird die bis dahin erforderliche Einstimmigkeit im Rat zu einer qualifizierten Mehrheit abgesenkt. Als neue Politikbereiche mit qualifizierter Mehrheitsentscheidung wird eine Kompetenz für den Binnenmarkt als Ganzes einschließlich einer Kompetenz zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten (Art. 100a) eingefügt. Im Abschnitt über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt finden die Strukturfonds ihren Niederschlag (Art. 130a-130e). Ein Abschnitt „Forschung und Entwicklung“ (Art. 130f-130q) und ein Abschnitt „Umwelt“ (Art. 130r-130t) werden eingefügt. Die Mitwirkungsbefugnisse der in Europäisches Parlament umbenannten Versammlung werden ausgeweitet. Der Europäische Rat wird eingerichtet und die Europäische Politische Zusammenarbeit wird vereinbart. Zudem einigen sich die Mitgliedstaaten auf eine Europäische Zusammenarbeit in der Außenpolitik.
2. Neue Prinzipien
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Nachhaltigkeits-, Vorsorge- und Subsidiaritätsprinzip
In den die Umweltpolitik betreffenden Kompetenzen (Art. 130r) deutet sich in der Zielbestimmung, die Umwelt zu erhalten sowie eine umsichtige und rationelle Verwendung der natürlichen Ressourcen zu gewährleisten, der Gedanke der Nachhaltigkeit an. Ausdrücklich genannt wird das Vorsorgeprinzip.[65] Bemerkenswert ist, dass in diesem Zusammenhang erstmals das Subsidiaritätsprinzip als Modus der Kompetenzverteilung[66] verwendet wird.
a) Komitologie
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Vertragsgrundlage für die Komitologie
Das Komitologieverfahren findet in Art. 145 EWGV Aufnahme in den Vertrag. Auf dieser Grundlage ergeht der erste Komitologie-Beschluss, in dem die verschiedenen Verfahren (Beratungs-, Verwaltungs- und Regelungsverfahren) ausformuliert werden.[67] Die Wahl des Verfahrens erfolgt in dem jeweiligen Beschluss zur Übertragung der Durchführungsbefugnisse. Allgemeine Regeln hierfür enthält der erste Komitologie-Beschluss nicht.
b) Agenturen
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Neue Agenturen
Auf der Grundlage der neuen Kompetenz für die Umweltpolitik errichtete die Europäische Gemeinschaft 1990 die Europäische Umweltagentur (Kopenhagen, Dänemark), die auch das Europäische Umweltinformations- und Umweltbeobachtungsnetz koordiniert.[68] Als weitere Agenturen werden die Europäische Stiftung für Berufsbildung[69] zur Unterstützung der Berufsbildung in Nicht-Mitgliedstaaten sowie die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen- und Drogensucht[70] eingerichtet.
4. Andere Kooperationsformen
Im Zuge der Binnenmarktinitiative werden bestehende Strukturen reformiert und neue Kooperationsformen entwickelt.
a) Strukturfondsförderung
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Strukturfondsförderung
Mit dem neu eingefügten Titel V „Wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt“ setzt die Gemeinschaft sich das Ziel, die bestehenden Förderinstrumente zu koordinieren (Art. 130d).[71] Dies war notwendig geworden mit Blick auf den Beitritt von zwei weiteren förderungsbedürftigen Staaten, Portugal und Spanien (1986), sowie wenige Jahre zuvor Griechenland (1981). Auf dieser Grundlage ergeht 1988 die erste Strukturfondsverordnung.[72] In ihr werden die Förderziele der jeweiligen Fonds festgelegt und verdeutlicht, dass es sich um die Unterstützung von nationalen Förderprogrammen handelt (Prinzip der Komplementarität, Art. 4 Abs. 1 S. 1). Zudem wird das Prinzip der Partnerschaft verankert, wonach eine enge Konzertierung zwischen der Kommission, dem jeweiligen Mitgliedstaat und von ihm bezeichneten Behörden stattfindet. Die Partnerschaft erstreckt sich auf die Vorbereitung, Finanzierung, Begleitung und Bewertung der Aktionen. Geregelt werden auch die Interventionsformen, deren Mittel im Einvernehmen mit der Kommission über zwischengeschaltete mitgliedstaatliche Stellen verwaltet werden. Die Kontrolle der ordnungsgemäßen Durchführung, die bei den Mitgliedstaaten liegt, erfolgt zum einen gemäß der Haushaltsordnung, zum anderen nach spezifischen Durchführungsvorschriften.
b) Transnationaler Verwaltungsakt
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Transnationaler Verwaltungsakt
Eine sowohl horizontale als auch vertikale komplexe Kooperation ergibt sich aus der Notwendigkeit, für solche Produkte Warenverkehrsfreiheit herzustellen, die aufgrund ihrer besonderen Gefährlichkeit in den Mitgliedstaaten einer Zulassungsentscheidung bedürfen, da diese stets nur eine auf den jeweiligen Mitgliedstaat begrenzte Wirkung hat. Demzufolge müssten die Antragsteller in sämtlichen Mitgliedstaaten Zulassungsanträge stellen. Eine Lösung kann die gemeinschaftsweite Zulassung durch die Kommission sein (sog. Direktvollzug).[73] Dies ist jedoch nur in den Fällen sinnvoll, in denen eine Zulassung gemeinschaftsweit gewollt ist. In den anderen Fällen ist es notwendig, durch die gemeinschaftsrechtliche Verpflichtung zur Kooperation eine transnationale Wirkung herbeizuführen.[74] Ein komplexes Verfahren zur Herstellung einer transnationalen Wirkung findet sich etwa in der Richtlinie zum Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln.[75] Hier entscheidet ein Mitgliedstaat mit zunächst nur nationaler Wirkung. Jedoch sind Verfahren in anderen Mitgliedstaaten auszusetzen und nach Erlass der sog. Referenzentscheidung als Anerkennungsverfahren mit einem modifizierten Prüfungsmaßstab fortzuführen.[76]