Zwangsvollstreckungsrecht, eBook. Alexander Bruns

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Zwangsvollstreckungsrecht, eBook - Alexander Bruns

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      Die Zwangsvollstreckung findet statt aus „Prozessvergleichen“[20], d.h. aus Vergleichen, die zur ganzen oder teilweisen Beilegung eines Rechtsstreits zwischen den Parteien (oder einer der Parteien und einem Dritten) vor einem deutschen Gericht oder vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle abgeschlossen sind (§ 794 Abs. 1 Nr. 1; §§ 118 Abs. 1 S. 3, 492 Abs. 3, 797a)[21]. Er ist einmal materiellrechtlicher Vergleich im Sinne von § 779 BGB[22] und zum anderen auch Prozesshandlung, deren Voraussetzungen – insbesondere Anwaltszwang gemäß § 78[23] – vorliegen müssen. Der Prozessvergleich ist zur Zwangsvollstreckung geeigneter Vollstreckungstitel wie jeder Titel nur dann, wenn er hinreichend bestimmt ist[24], und setzt Beurkundung im Gerichtsprotokoll über eine mündliche Verhandlung voraus[25]. In Bezug genommene Schriftstücke sind dem Protokoll nach § 160 Abs. 5 beizufügen[26]; das auf Tonträger aufgenommene Protokoll ist den Beteiligten nochmals vorzuspielen, von ihnen zu genehmigen, und dieses Vorgehen ist außerdem im Protokoll zu vermerken (§ 162)[27]. Bei formellen Mängeln kann die getroffene Vereinbarung gleichwohl als außergerichtlicher Vergleich Bestand haben[28].

      16.11

      Ein Vergleich kann nicht nur im ordentlichen zivilprozessualen Erkenntnisverfahren, sondern auch in der Zwangsvollstreckung, im Arrestprozess[29], im strafrechtlichen Privatklageverfahren[30], im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit[31], auch im Eheverfahren über Streitpunkte, über die Ehegatten disponieren können[32], geschlossen werden. Auch andere Prozessordnungen sehen die Zulässigkeit von Prozessvergleichen vor (z.B. § 54 Abs. 3 ArbGG, § 106 VwGO), die Zwangsvollstreckung aus ihnen erfolgt aber nur dann durch die Vollstreckungsorgane der Zivilgerichtsbarkeit, wenn sie ihnen ausdrücklich durch Rechtsvorschrift übertragen ist (s. Rn. 2.32; 2.33).

      16.12

      In den Vergleich können auch Dritte (= Nichtparteien) einbezogen werden. Der Dritte kann dann aus dem Vergleich, auch wenn er ihm nicht selbst beigetreten ist, vollstrecken[33]. Auch eine Zwangsvollstreckung gegen den beigetretenen Dritten aus dem Vergleich ist möglich[34]; Anwaltszwang besteht für den Beitretenden nicht[35]. Ferner kann sich der Prozessvergleich auf nicht streitbefangene Fragen erstrecken, wenn die Parteien von deren Regelung die Regelung des Streitgegenstandes abhängig machen[36].

      16.13

      Der gerichtliche Vergleich hat grundsätzlich alle Vollstreckungswirkungen eines gerichtlichen Urteils[37]. Es liegt deshalb beim Vergleich sowenig wie beim Urteil in der Hand der Parteien, durch nachträgliche außergerichtliche Vereinbarung dem Titel einen anderen außerprozessualen Anspruch unterzulegen[38]. Da dem Vergleich keine materielle Rechtskraft zukommt, kann er nicht die Abgabe einer Willenserklärung ersetzen (§ 894). Hat sich daher der Schuldner im Vergleich zur Abgabe einer Willenserklärung verpflichtet, dann ist die Erfüllung dieser Verpflichtung nach den Vorschriften über die Erzwingung von Handlungen zu vollstrecken[39]. Zweckmäßig ist daher die Abgabe der Willenserklärung im Vergleich selbst.

      16.14

      Einwendungen gegen das gültige Zustandekommen des Prozessvergleichs sind in dem bis zum Abschluss des Vergleichs anhängigen Prozess zu erheben[40], wobei die Zwangsvollstreckung in Analogie zu §§ 707, 719, 769 vorläufig eingestellt werden kann (s. Rn. 14.28); auch der Anspruch auf Rückerstattung auf Grund des Vergleichs erbrachter Leistungen ist grundsätzlich im festzusetzenden Ursprungsverfahren zu verfolgen[41]. Die Einwendung kann aber auch durch Vollstreckungsgegenklage geltend gemacht werden[42]. Nicht die Fortsetzung des Prozesses, sondern nur die Erhebung einer neuen Klage, bei Vollstreckung einer Vollstreckungsgegenklage, kommt in Betracht, wenn der Grund der Einwendung nach Vergleichsschluss entstanden ist (z.B. bei Rücktritt, Wegfall der Geschäftsgrundlage, vertraglicher Aufhebung[43]). Die Vollstreckungsgegenklage ist auch dann statthaft, wenn ein Streit über die Auslegung des Prozessvergleichs entstanden ist[44]. Abänderungsklage nach § 323a ist der richtige Rechtsbehelf, wenn der Schuldner sich zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen verpflichtet hat und Tatsachen vorliegen, die eine Abänderung des Titels rechtfertigen, wobei es hinsichtlich Voraussetzungen und Umfang der Abänderung auf das materielle Recht ankommt (§ 323a Abs. 2)[45]. Die Abänderung kann – wegen der fehlenden Rechtskraft des Vergleichs entgegen § 323 Abs. 3 – vor die Zeit der Klageerhebung zurückwirken[46]; kondizieren kann der Gläubiger erst, wenn er den Vergleich als causa beseitigt hat[47].

      16.15

      Auch der Prozessvergleich bedarf zur Vollstreckung der Vollstreckungsklausel (§§ 795, 724, 797a)[48].

      16.16

      Beim Räumungsvergleich ist die Möglichkeit des Vollstreckungsschutzes durch Räumungsfrist zu beachten (§ 794a); s. noch Rn. 10.3, 39.13.

      16.17

      Einen Vollstreckungstitel bilden ferner die sog. vollstreckbaren Urkunden (§ 794 Abs. 1 Nr. 5).

      Der Regelung liegt der Gedanke zu Grunde, dass es dem Schuldner freisteht, sich der Zwangsvollstreckung in sein Vermögen zu unterwerfen und damit gewissermaßen die vollstreckungsrechtlichen Wirkungen eines Urteils vorwegzunehmen. So ersparen sich „versierte“ Gläubiger (Banken usw.) künftige Prozesse, die von den Schuldnern doch vielfach nur geführt werden, um den Zahlungszeitpunkt hinauszuzögern. Die Initiative – nämlich gegen den Titel vorzugehen – liegt nunmehr beim Schuldner (§§ 797 Abs. 3 und 4, 732, 767). Während normalerweise das Erkenntnisverfahren der Vollstreckung vorausgeht, dient hier das nachträgliche Erkenntnisverfahren (§§ 797 Abs. 4, 767) der Kontrolle ungerechtfertigter Vollstreckung (s. hierzu Rn. 1.1 ff.). Es versteht sich von selbst, dass Vollstreckungsunterwerfungen nicht ungefährlich sind und nur gegenüber seriösen Gläubigern erfolgen sollten[49].

      16.18

      Eine vollstreckbare Urkunde liegt nur dann vor, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind:

      16.19

      Die Urkunde muss

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