Florens Abentheuer in Afrika, und ihre Heimkehr nach Paris. Zweiter Band. Julius von Voss

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Florens Abentheuer in Afrika, und ihre Heimkehr nach Paris. Zweiter Band - Julius von Voss

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und Alonzo sagte einem Kammerherrn leise: Die Sultanin habe in der Stille ihrer innern Kammern, Osmann tödten lassen. Zugleich bat er ihn, gegen Niemand davon zu reden. Allerdings erzählten es nun bald Stadt und Land. Coutances verbarg sich eine Zeitlang bei Alonzo, dann bräunte er sich das Gesicht, um den Egyptern ähnlich zu sein, von welchen viele unter den Künstlern und Werkleuten waren, und ging aufs Land. Es rührte ihn innig, wenn er hier durch Alonzos Briefe erfuhr, daß Flore ihn täglich beweinte. Dies ist die Lösung der Räthsel in den vorigen Kapiteln.

      Viertes Kapitel.

      Ein alter Bekannter tritt wieder auf

      Flore weinte also, aber denn doch mit Philosophie, das heißt, sie hörte nach einiger Zeit auf. Die Genugthuung behielt sie sich vor, einst dem Sultan zu erklären, sie habe keinen Theil an dem, was mit Osmann vorgegangen sei, und darauf zu bestehn, daß dem Unglücklichen ein stolzes Monument errichtet werde.

      So vergingen mehrere Wochen, in deren Verlauf sich die Zeichen der Volksgunst abermals erweiterten. Von dem Ungewitter, das ihr vom Lager her drohte, fürchtete die arme Unwissende nichts.

      Sie sollte zuvor aber noch mannichfach überrascht werden. Früher als sie es hatte erwarten können, wurde ihr ein schwarzer Sklavenhändler gemeldet. Sie ließ ihn vor, und es war der ehrliche Musa. Er hatte treulich Florens Auftrag vollzogen, und in Cairo Ring gesucht. Doch war dieser schon seit einiger Zeit von dort entfernt, denn er hatte nach seinem Beruf, den Truppen, die Syrien besuchten, folgen müssen. Und die Nachrichten, welche den Verlust bei dieser Gelegenheit aufzählten, waren noch bei Musas Anwesenheit in Cairo bekannt geworden – dort hatte er das Unglück gehabt, von den Türken gefangen zu werden. Durch einen Griechen, der im Umgang mit vielen Franzosen stand, war es dem Neger möglich geworden, über das alles Kundschaft einzuziehn.

      Flore erschrack gar sehr, da die Gefangenschaft bei den Türken, wie man erfuhr, drückend genug sein sollte, indessen tröstete sie Musa, und sagte: Es findet sich doch auch mancher wackere Muselmann, und wenn man sich auf weitere Kundschaft legt, und Nachricht einzieht, wo er hingekommen ist, so wird er wohl loszukaufen sein. Ich verspreche meiner Bekannten Beistand, denn für mich selbst ist Syrien zu entlegen.

      Jetzt zog der Neger noch einen Brief aus der Tasche. Diesen, sagte er, hat dein Frank in seiner Wohnung zurückgelassen. Er war für dich bestimmt, wenn du etwa nach Cairo zurückkämest, und weil ich davon hörte, mußte ihn mir der Grieche verschaffen.

      Flore griff hastig zu, und ihr Herz erbebte, da sie die wohlbekannte Hand der Aufschrift sah. Mit frohem Zittern erbrach sie das Siegel. Ring schrieb:

      Ich folge den Truppen, welche nach Syrien gehn, und theile ihre vielseitige Gefahr. Sollte das Glück wollen, daß du Verlorne während meiner Abwesenheit in Cairo einträfest, so wäre es dir lieb und nützlich, einen Brief von mir zu finden. Darum schreibe ich diese Zeilen nieder, so geringe auch die Hoffnung ist, daß sie in deine Hand gelangen. Den Schmerz dir zu malen, den ich empfand, da ich von den Pyramiden heimkehrte, und erfahren mußte, dich hätten Mamelukken geraubt, erlasse mir, ich würde nur meine Wunden aufreißen. Glaube auch, daß ich nichts unversucht ließ, deinen Aufenthalt zu erspähn. Doch Kosten, Briefe, da und dorthin, gefährliche Reisen, alles blieb unbelohnt. Kömmst du bei dem allen aber nach der Hauptstadt Egyptens, so erwarte mich aus Syrien. Hörst du von meinem Tode, so weine nach Gebühr, versage aber einem braven Franzosen, der um die Wittwe wirbt, deine Hand nicht, daß dir kein Beschützer mangle, dich ins Vaterland zu führen. Erfährst du etwa, ich sei gefangen, wird wohl nur Paris der Ort sein, wo wir uns wieder treffen. Sorge dann nicht um die Härte meines Schicksals, du weißt, ich habe den Kampf gegen das Leben bestehen gelernt, und es giebt keine Lage, in die ich mich nicht muthig und heiter zu fügen wüßte. Ich werde schon meine Masregeln treffen, daß es mir gelingt, Frankreich wieder zu erreichen. Schließe dich dann an meine Freunde, und suche mit dem ersten Schiffe, das nach Europa segelt, abzugehn. Hier hast du also Weisungen für mehr als einen Fall. Doch ist noch ein anderer übrig. Du könntest, niedlich, angenehm und verständig, Glück in eines vornehmen Muselmannes Harem finden, und dies Glück dir durch die Vorwürfe des Pflichtgefühls, die Erinnerungen der Treue gestört werden. Nein, dringt etwa dennoch dieser Brief zu dir, so glaube, daß ich dich um jeden Preis beruhigt wissen mögte. Der Nothwendigkeit muß man gehorchen. Bist du in einen Harem gesperrt, so verseufze das Leben nicht. Genieße, und denke nicht weiter an mich als an einen Freund, den man doch nie hoffen darf, wieder zu sehen. Ich dagegen liebe sicher keine andre, wenn ich dich nicht wieder finde. Das ist keine Tugend, kein Heroismus von Liebe und Treue, sondern beruht auf einer winzigen Kleinigkeit, mir gefällt keine wie du. Es ist weniger ein Wollen, wie ein Müssen, daß ich, sei es in Afrika, Asia oder Europa, ewig bin

der Deine.Ring.

      Groß-Cairo.

      Flore war von diesem Briefe innig gerührt, noch stärker ward der Zug des Herzens nach ihm, noch lebendiger erwachte Rings Andenken in ihrer Brust. Weit entfernt, aus der einen Wendung des Briefes, eine Befugniß in Darkulla zu bleiben, für ihre Ueberzeugungen zu schmieden, sah sie in der Liebe, von welcher die Wendung ausging, nur ein heiliges Gebot, nach Befreiung zu streben. Wie wenig stand aber da in ihrer Macht? Sie herrschte in dem Inneren von Darkulla. Aber hätte sie es zu fliehen, zu verlassen gesucht, würde der erste Schritt aus dem engen Passe sie entdeckt haben, denn vor demselben lagerten Truppen, die auf alles was aus und einging, genaue Obacht führten. Zu einem solchen Vorhaben, hätten es auch die anderweitigen Schwierigkeiten und Gefahren ausführbar gemacht, konnte immer die gegenwärtige Zeit nicht gewählt werden.

      Sie belohnte unterdessen Musa reichlich, und fragte gleich: in wie fern er würde ausmitteln können, wo Ring gefangen säße? Er antwortete: Schon dachte ich diesen Auftrag zu bekommen, und ließ meine Bekannten in Cairo nach Aleppo Damaskus und Smirna schreiben, denn die Sklaven werden bisweilen weit verführt. Ich denke, wenn ich mit der Caravane nach Fezzan komme, wohin ich bald abgehe, einen Brief dort vorzufinden, der mich benachrichtiget, was die Bekannten erfahren haben.

      „Thue alles was du kannst, ihn loszukaufen, ich gebe dir das nöthige Gold gleich mit, und mehr wie du bedarfst, denn ich kann deiner Redlichkeit trauen.“

      Musa nahm wieder das Wort: Sultanin, auch meine Knechte waren in dieser Zeit nicht müßig, ja noch glücklicher wie ich! Sie haben Mehemeds Fährte so rastlos verfolgt, bis sie ihn selbst erreichten. Eben da er über den Niger kam, denn er ist auch jenseit dieses Stromes gewesen, fingen sie ihn, und trafen mich auf der Reise hieher, da sie ihn zu mir brachten. Noch alle deine Kostbarkeiten fand ich auf seinen Kameelen, diese aber, gehören mir, wie du wohl einsiehst. Nichts veruntreue ich, doch das meinige lasse ich auch nicht gern fahren.

      Behalte alles, rief Flore, ich bedarf dessen jetzt nicht, und kann ich einst Darkulla meiden, gebührt mir für das seinem Volke erwiesene Gute, auch nicht mit leerer Hand zu ziehn. Aber wo ist der betrügerische Mehemed?

      Musa rief nach außerhalb, und zwei Neger brachten Perotti geführt. Hier, redete ihn Musa an, ist die Sultanin, sie wird die Strafe über dich verhängen.

      Perotti blickte auf Floren, ließ einen Ausruf der Verwunderung hören, faßte sich aber schnell, und stimmte Frohlocken an. So hab ichs gewünscht, vorausgesehn, den Plan legte ich an, schrie er, und warf sich vor der Sultanin nieder.

      Sie war sehr befremdet über diese unverschämte Herzhaftigkeit, der Italiener ließ sich aber nicht irre machen, sondern fuhr fort: Bei deiner Liebenswürdigkeit mußte dir in Afrika hohes Glück lächeln, darum kauft ich dich nicht los. Dein Vermögen wollt’ ich dir bewahren, da es ja doch der Sklavenhändler genommen hätte; sieh so ein redlicher Mann bin ich! Auch ist kein Rubin, kein Smaragd abhänden gekommen, was willst du mehr? Daß mich des Musa Knechte festhielten, dafür konnt ich nicht, aber ich wollte eben nach Darkulla kommen, dir deine Schätze auszuhändigen, denn so gebot es meine Gewissenhaftigkeit. Du darfst sie dem Neger nur abnehmen, und kömmst zu deinem Eigenthum. Hast du je eine bewährtere Treue gefunden?

      Flore

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