Leos Hände. Andrea Lepri
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Als ich mich beruhigt hatte, bellte ich ihn an, als ob ich sagen wollte:
„Entschuldige, aber das war zu viel für mich.“
„Lass nur, ich bin es längst gewohnt…das passiert allen, die mich zum ersten Mal sehen“ antwortete er mit Achselzucken und einer Handbewegung von oben nach unten, dann reichte er mir die Hand und ich gab ihm die Pfote.
„Freut mich“ stellten wir uns gegenseitig mit leichtem Kopfnicken vor, danach reckte er sich und zog sich rasch eine Hose und ein Jeanshemd an.
„Bist du schon lange hier?“ fragte ich ihn mit einem anderem Gebell.
Er drehte das Handgelenk abermals ums Handgelenk, dann schlug er sie gegen das Gitter und schüttelte den Kopf, um mir klar zu machen, dass flüchten aussichtlos war. Ich seufzte und legte mich enttäuscht hin. Ich fragte mich, was Steve an meiner Stelle wohl gemacht hätte, doch für ihn wäre es anders gewesen. Er war ein Mensch, ein intelligenter Mensch, und außerdem hatte er Hände. Was hätte ich den tun können, mit meinen elenden Pfoten? Alsbald fand ich mich damit ab. So vergingen mehrere höllische Wochen, in denen ich jede Art von Missbrauch erdulden sah und selber erdulden musste; im Namen der Wissenschaft, sagten unsere Folterer.
Kapitel 12
Der Plan
Im illegalen Laboratorium, wo ich gefangen war, wurden Produkte zur besseren Lebensqualität für Tiere erprobt. Es handelte sich dabei vor allem um Schönheitsprodukte für ein besseres Aussehen. Wie alle anderen genötigten Gäste, wurde auch ich als Versuchskaninchen eingesetzt, um Kräuterzahnpasta, Kosmetika, Nagellacke, Kleider und weiß Gott was noch zu testen. Einmal hatten sie mich sogar schlimmer zugerichtet als das Kaninchen, sie hatten mich ganz blond gemacht, mit dunkelblauen Streifen, außerdem hatte ich ständig Wimperntusche an den Augen! Der Schimpanse, Opfer einer definitiven Enthaarungsbehandlung, hatte eine rosa Haut wie ein neugeborenes Kind. Der Schildkröte wurde ein ultraleichter, vergoldeter Panzer aus Kohlenstofffaser aufgesetzt. Jetzt rannte sie zwar wie eine Rakete, aber ohne die Wachstumsringe auf ihrem Rücken konnte man ihr Alter nicht mehr berechnen. Außerdem hatten sie ihr mit einem Lifting alle ihre hässlichen Falten am Hals entfernt und ihr die Augen vergrößert, sodass sie nun wie eine Eule aussah: würde man sie länger anstarren, würde man sogar die Gefahr laufen, hypnotisiert zu werden. Trotz allem, schien da jemand zu sein, der alle diese Kuren zu schätzen wusste: ein Pit Bull-Männchen mit zweideutigem Namen zeigte stolz seine neue „Frisur“ und eine Art dauerhaften Lippenstift, den sie ihm aufgetragen hatten. Ihr hättet ihn sehen sollen, wie er schwänzelnd auf den Fersen spazierte, um sich die Krallen zu schonen. Der Laborleiter war ein Verrückter, der vor seinem Ausschluss aus der Fakultät für Veterinärwissenschaften nur einige wenige Prüfungen abgelegt hatte. Er war überzeugt, dass ein schönes, für jede Gelegenheit gestriegeltes Tier die neue und unumstrittene Erwerbsquelle sein würde. So mietete er sich ein baufälliges Gebäude, heuerte einige Stümper für die Beschaffung des Rohmaterials an und widmete sich den Versuchen. In Kürze würde er die vorgenommenen Tests abgeschlossen haben und bald eine neue Linie innovativer Produkte für Tiere jeder Art auf den Markt bringen. Wahrscheinlich würden sie uns dann alle beseitigen, weil sie es sich nicht leisten konnten, Spuren ihrer absurden Experimente zu hinterlassen. Dies gilt vor allem für die misslungenen Tests, wie beispielsweise beim Hamster, dem sie anstelle des Fells Federn transplantiert haben und der nun täglich verzweifelt versucht zu fliegen. Jedes Tier wurde isoliert gehalten, nur ich und der Schimpanse, der Giotto hieß und in seiner Freizeit wirklich schöne Bilder malte, konnten allmählich Freundschaft schließen. Tagelang bemühten wir uns, irgendwie miteinander zu kommunizieren. In echt war es anfänglich gar nicht einfach, denn Giotto war lange davon überzeugt, ich sei ein „Silberreiniger“ und nicht ein „Polizeibeamter“. Angesichts unserer Lage wussten wir, dass es keine Zeit zu verlieren gab und so heckten wir einen Fluchtplan aus. Dafür mussten wir allerdings zuerst eine Reihe von Problemen lösen. Erstens mussten wir die Käfige öffnen. Er wäre bestimmt dazu in der Lage gewesen, denn er hatte ja nicht nur zwei sondern sogar vier Hände, aber die Türe des Raums mit den Käfigen hatte keinen Innengriff. Also musste ich einen Weg finden, damit Giotto aus dem Dachfenster hätte klettern können. Dann wäre mein Komplize um das Gebäude herumgegangen und hätte mir die Türe von außen geöffnet, sodass wir nun endlich schnell hätten entkommen konnten.
Kapitel 13
Vorbereitung auf die Flucht
Aus verständlichen Gründen der Geheimhaltung und der Sicherheit war das Personal unserer „Beauty Farm“, -entschuldigt meine poetische Freiheit-, auf ein Minimum reduziert. Besonders am Sonntag war nur eine Person als Wächter anwesend. Mit einer Karte in der Hand, auf die er die Testergebnisse notierte, schlich er um die Käfige herum, reichte uns das Fressen und sorgte schließlich dafür, dass wir unsere physiologische Bedürfnisse verrichten konnten. Die Zeit drängte, wir wussten, dass sie bald alle Experimente abgeschlossen haben würden, und so beschlossen wir, dass der Zeitpunkt für einen Fluchtversuch günstig wäre, logischerweise gerade an einem Sonntag. Erst vor wenigen Tagen ist einer neuer Wächter als Urlaubsvertretung für den anderen aufgetaucht. Es war schon bald Morgen und er musste bestimmt sehr müde sein, denn in jener Nacht hatten wir alle möglichen Tricks angestellt, damit er durch das ständige Hin - und Herlaufen zwischen seinem Standpunkt und den Käfigen bald erschöpft sein würde. Nachdem ich ziemlich lange verzweifelt gebellt und gejault hatte, kam er endlich zu mir, um nachzuschauen, was los war. Giotto und ich bemerkten sofort, dass er seinen Schlüsselbund wie gewohnt mit sich trug, und dass der Schlüsselanhänger wie immer aus der Hosentasche baumelte, damit er in sofort griffbereit hätte.
«Also, was zum Teufel hast du denn heute Abend? Kannst du nicht einmal zehn Minuten lang still sein?» fragte er genervt, während er sich gähnend das Gesicht rieb. Wimmernd erhob ich meine rechte Hinterpfote, um die Geste meines Bedürfnisses nachzuahmen.
«Schon wieder? Ok, ok, ist schon gut, ich habe verstanden! Hab bloß ein wenig Geduld» meinte er und ging weg.
Nach wenigen Minuten kam er mit dem Halsband in der Hand zurück und reckte es mir mit ausgestrecktem Arm in den Käfig. Gehorsam wie selten in meinem Leben, streckte ich meinen Hals und ließ es mir umhängen. Er schob den Riegel. Giotto blinzelte mir zu, zum Zeichen des richtigen Augenblicks, und sobald ich aus dem Käfig war drehte ich mich um und sprang in einer Art falschen Festrausches und schwanzwedelnd wie ein Verrückter auf den Wächter los. Meine Pfoten schlugen auf seine Brust und drängten seinen Rücken gegen das Gitter von Giotto’s Käfig. Ich leckte ihm übers Gesicht, obwohl es mich natürlich sehr anekelte, denn er war voller Pickel.
«Hei, was hast du denn? Ah ah ah … es reicht, du kitzelst mich, es reicht jetzt!» schrie er und versuchte mich wegzuschubsen, während Giotto die Hand ausstreckte, um ihm die Schlüssel aus der Tasche zu ziehen. Sein Käfig war der einzige mit einem Schloss, weil er natürlich in der Lage gewesen wäre einen einfachen Riegel aufzuschieben. Er erkannte sofort den richtigen Schlüssel mit dem orangen Gummiteil, steckte ihn in das Schloss und öffnete es, um den