Denkwürdigkeiten eines Fechtmeisters. Александр Дюма

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Denkwürdigkeiten eines Fechtmeisters - Александр Дюма

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style="font-size:15px;">      – So lasse ich mir’s gefallen.

      – Und ohne Zweifel, fragte ich, irgend ein Fürst?

      – Nein, so hohe Ansprüche mache ich nicht, ganz einfach ein Graf.

      – Ach! – Rosa, Rosa, rief ich aus, komm nicht nach Petersburg, Du würdest Deinen August vergessen.

      – Sie beschuldigen mich, bevor Sie mich angehört haben, und das ist nicht recht von Ihnen, antwortete Louise mir; deshalb ist es, warum ich Ihnen alles sagen wollte; aber Sie würden kein Franzose sein, wenn Sie nicht so urtheilten.

      – Glücklicher Weise macht Ihre Vorliebe für die Russen mich glauben, daß Sie ein wenig ungerecht gegen Ihre Landsleute sind.

      – Ich bin gegen niemand ungerecht, mein Herr, ich vergleiche, das ist alles. Jedes Volk hat seine Fehler, die es selbst nicht bemerkt, weil sie unzertrennlich von seiner Natur sind, die aber anderen Völkern in die Augen springen. Unser Hauptfehler ist die Flatterhaftigkeit. Ein Russe, der den Besuch eines unserer Landsleute empfangen hat, sagt niemals zu einem anderen Russen: Eben ist ein Franzose weggegangen. – Er sagt: Es ist ein Narr gekommen. – Und er hat nicht nöthig zu sagen, welcher Nation dieser Narr angehört, man weiß, daß das ein Franzose ist.

      – Und die Russen sind ohne Fehler?

      – Gewiß nicht; aber es kommt denen nicht zu, sie zu sehen, die kommen, um ihre Gastfreundschaft zu verlangen.

      – Danke für die Lektion.

      – Ei, mein Gott! es ist keine Lektion, es ist ein Rath: Sie kommen in der Absicht hierher, um hier zu bleiben, nicht wahr? Machen Sie sich deshalb Freunde, und keine Feinde.

      – Sie haben immer recht.

      – Bin ich nicht auch, wie Sie gewesen? hatte ich nicht geschworen, daß niemals einer dieser, vor dem Czar so unterwürfigen, und gegen die niedriger als sie stehenden so unverschämten großen Herrn etwas für mich sein würde? Nun denn! ich habe gegen meinen Schwur gefehlt, schwören Sie deshalb nicht, wenn Sie nicht, wie ich, dagegen fehlen wollen.

      – Und nach dem Charakter, den ich an Ihnen erkenne, obgleich ich nur seit gestern. Ihre Bekanntschaft gemacht, sagte ich zu Louisen, muß der Kampf lange gedauert haben.

      – Ja, er hat lange gedauert, und er wäre beinahe tragisch geworden.

      – Sie hoffen, daß die Neugierde bei mir den Sieg über die Eifersucht davon trägt.

      – Ich hoffe nichts; ich wünsche nur, daß Sie die Wahrheit wissen, das ist alles.

      – Reden Sie denn, ich höre Ihnen zu.

      – Ich war, wie die Aufschrift von Rosas Brief Ihnen hat sagen müssen, bei Madame Xavier, der berühmtesten Modehändlerin von St. Petersburg, und wo dem zu Folge sich der ganze Adel der Hauptstadt damals versah. Wegen meiner Jugend, wegen dem, was man meine Schönheit nannte, und vor allem wegen meiner Eigenschaft als Französin, fehlte es mir nicht, wie Sie wohl denken können, an Komplimenten und Deklarationen. Inzwischen schwöre ich Ihnen, obgleich diese Deklarationen und diese Komplimente zuweilen von den glänzendsten Versprechungen begleitet waren, daß keine irgend einen Eindruck auf mich machte, und alle verbrannt wurden. Auf diese Weise verflossen achtzehn Monate.

      Es ist ohngefähr zwei Jahre her, daß ein mit vier Pferden bespannter Wagen vor dem Laden hielt; zwei junge Mädchen, ein junger Officier und eine Frau von fünf und vierzig bis fünfzig Jahren stiegen aus demselben. Der junge Mann war Lieutenant bei der Rittergarde, demzufolge blieb er in St. Petersburg, aber seine Mutter und seine beiden Schwestern wohnten in Moskau, sie kamen, um die drei Sommer-Monate mit ihrem Sohne und ihrem Bruder zuzubringen, und ihr erster Besuch bei ihrer Ankunft war bei Madame Ravier, der großen Anordnerin des Geschmackes: eine elegante Frau konnte sich in der That nicht ohne ihre Hilfe in den Gesellschaften zeigen. Die beiden jungen Mädchen waren liebenswürdig; was den jungen Mann anbetrifft, so bemerkte ich ihn kaum, obgleich er sich während eines kurzen Besuches viel mit mir zu beschäftigen schien. Als ihre Ankäufe gemacht waren, gab die Mutter ihre Adresse: An die Gräfin Waninkoff, Hotel Waninkoff, an dem Fontanka-Kanale.

      Am anderen Tage kam der junge Mann allein; er wünschte zu wissen, ob wir uns mit den Aufträgen seiner Mutter und seiner Schwestern beschäftigt hätten, und wandte sich an mich, um die Farbe einer Bandschleife zu verändern.

      Am Abende empfing ich einen Alexis Waninkoff unterzeichneten Brief; es war, wie alle Briefe dieser Art, eine Liebes-Erklärung, inzwischen überraschte mich eine Sache wie ein Zartgefühl: es war durchaus keine Versprechung darin gemacht; man sprach davon, mein Herz zu erlangen, aber nicht es zu erkaufen.

      Es gibt gewisse Stellungen, in denen man nicht ohne lächerlich zu werden, eine zu strenge Tugend zeigen kann; wenn ich ein junges Mädchen aus der vornehmen Welt gewesen wäre, so hätte ich dem Grafen Alexis seinen Brief zurückgesandt, ohne ihn zu lesen; ich war eine arme Grisette, und verbrannte ihn deshalb, nachdem ich ihn gelesen hatte.

      Am anderen Tage kam der Graf wieder; seine Schwestern und seine Mutter wünschten Hauben, deren freie Auswahl sie ihm überließen. Als er eintrat, benutzte ich einen Vorwand, um in das Zimmer der Madame Ravier zu gehen, und erschien nicht eher wieder in dem Laden, als bis er denselben verlassen hatte.

      Am Abende empfing ich einen zweiten Brief Derjenige, welcher mir schriebe, sagte er, hätte noch eine Hoffnung, nämlich, daß ich den ersten Brief nicht erhalten habe. Wie der am Tage vorher, blieb er ohne Antwort.

      Am anderen Tage empfing ich einen dritten. Der Ton dieses war dermaßen von den beiden anderen verschieden, daß er mich überraschte. Er war von der ersten bis zur letzten Zeile von einem Ausdrucke der Schwermuth durchdrungen, welche nicht, wie ich erwartet hatte, dem Zorne eines Kindes glich, dem man ein Spielwerk verweigert; sondern der Entmuthigung eines Mannes, der seine letzte Hoffnung verliert. Wenn ich auf diesen Brief nicht antwortete, wäre er entschlossen, vom Kaiser einen Urlaub zu erbitten, und vier Monate mit seiner Mutter und seinen Schwestern in Moskau zuzubringen. Mein Schweigen ließ ihm die Freiheit zu thun, was er für gut fände. Sechs Wochen nachher empfing ich einen von Moskau datirten Brief, er enthielt folgende wenigen Worte:

      »Ich stehe auf dem Punkte, eine unsinnige Verpflichtung einzugehen, welche mich mir selbst entzieht und die nicht allein meine Zukunft, sondern auch noch mein Leben in Gefahr bringt. Schreiben Sie mir, daß Sie mich vielleicht später lieben würden, damit ein Schimmer von Hoffnung mich an das Leben fesselt, und ich bleibe frei.«

      Ich glaubte, daß er dieses Billet nur deshalb geschrieben hätte, um mich zu erschrecken, und, wie die Briefe, ließ ich es ohne Antwort.

      Nach Verlauf von vier Monaten empfing ich folgenden Brief:

      »Ich komme im Augenblicke an. Der erste Gedanke meiner Rückkehr ist an Sie. Ich liebe Sie so sehr, und mehr vielleicht, als in dem Augenblicke, wo ich abgereiset bin. Jetzt können Sie mir das Leben nicht mehr retten, aber Sie können machen, daß es noch Werth für mich hat.«

      Diese lange Beharrlichkeit, das in diesen beiden letzten Billeten verborgene Geheimniß, der Ton von Trauer, der in ihnen herrschte, bestimmten mich, ihm zu antworten, nicht durch einen Brief, wie ihn der Graf vielleicht gewünscht hätte, der zum mindesten durch einige Worte des Trostes, und inzwischen schloß ich ihn, indem ich ihm sagte, daß ich ihn nicht liebe, und daß ich ihn niemals lieben würde.

      – Das scheint Ihnen sonderbar, und ich sehe, daß Sie lächeln: so viel Tugend scheint Ihnen bei einem armen Mädchen lächerlich. Beruhigen. Sie sich, es war nicht aus Tugend allein, es war aus Erziehung.

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