Denkwürdigkeiten eines Fechtmeisters. Александр Дюма
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– Nehmen Sie, mein Herr, sagt er zu dem jungen Lieutenant, hier ist die Bestallung zum Hauptmann, die ich so eben von Ihro Majestät für Sie erlangt habe.
Am andern Tage war Zoritsch nach der Stadt Schklow verbannt, welche ein großmüthiger Nebenbuhler zu seiner Herrschaft machen ließ.
Was ihn anbelangt, so träumte er eins um das andere von der Herzogswürde von Kurland und dem Throne von Polen, dann wollte er nichts von alle dem, indem er sich damit begnügte, Königen Feste und Königinnen Paläste zu geben. Welche Krone hätte ihn außerdem mächtiger und glänzender gemacht, als er war? Verehrten ihn die Hofleute nicht wie einen Kaiser? Hatte er nicht an seiner linken Hand, denn seine rechte behielt er bloß, um seinen Säbel besser halten zu können, eben so viel Diamanten, als deren an der Krone waren? Hatte er nicht Couriere, welche von der Wolga Störe, von Astrachan Wasser-Melonen, aus der Krimm Trauben, Sträuße überall her, wo es schöne Blumen gab, holten, und gab er nicht unter andern seiner Gebieterin jedes Neujahr einen Teller Kirschen, der ihm zehn Tausend Rubel kostete?3
Bald Engel, bald Teufel, schuf oder zerstörte er ohne Unterlaß, oder, wenn er weder das eine noch das andere that, verwirrte, aber belebte er alles; nichts war etwas, als bis es nicht mehr da war, und wenn es wieder erschien, so kehrte alles vor ihm in das Nichts zurück. Der Fürst von Leiningen sagte, daß in ihm etwas riesenhaftes, romantisches und barbarisches läge, und der Fürst von Leiningen hatte recht.
Sein Tod wurde sonderbar, wie sein Leben und sein Ende unerwartet, wie sein Anfang. Er hatte ein Jahr lang in Petersburg in Mitte von Festen und Gelagen zugebracht, indem er dachte, daß er für seinen Ruhm und den Elisabeths dadurch genug gethan habe, daß er die Gränzen Rußlands bis über den Kaukasus hinaus ausgedehnt, als er plötzlich erfuhr, daß der alte Repnin, der seine Abwesenheit benutzt, um die Türken zu schlagen und sie zu zwingen um Frieden zu bitten, mehr in zwei Monaten gethan hätte, als er in drei Jahren.
Nun hatte er keine Ruhe mehr: er war freilich krank, aber was liegt daran, er muß abreisen. Was die Krankheit anbelangte, so wird er mit ihr kämpfen und sie wird ihn tödten. Er langt in Jassy, seiner Hauptstadt, an, und geht nach Otschakow, seiner Eroberung, ab. Nachdem er einige Werste gefahren, erstickt ihn die Luft seines Wagens; man breitet seinen Mantel auf dem Boden aus, er steigt aus, legt sich darauf, und verscheidet an dem Rande eines Weges.
Katharina wäre beinahe über seinen Tod gestorben! Alles, selbst das Leben, schien gemeinschaftlich unter diesen beiden großen Herzen, sie wurde drei Mal ohnmächtig, beweinte ihn lange Zeit, und betrauerte ihn immer.
Der Taurische Palast, welchen in dem Augenblicke, wo ich ihn besuchte, der Großfürst Michael inne hatte, diente eine Zeitlang der Königin Louise zur Wohnung, dieser modernen Amazone, die einen Augenblick lang hoffte, ihren Besieger zu besiegen; denn als Napoleon sie das erste Mal erblickte, hatte er zu ihr gesagt: »Madame, ich wußte wohl, daß Sie die schönste Königin wären, aber ich wußte nicht, daß Sie auch die schönste Frau sind.« Unglücklicher Weise war die Galanterie des Korsischen Heros nicht von langer Dauer. Eines Tages spielte die Königin Louise mit einer Rose:
– Geben Sie mir diese Rose, sagte Napoleon.
– Geben Sie mir Magdeburg, antwortete die Königin.
– Ach! meiner Treue! rief der Kaiser aus, das würde zu theuer sein.
Die Königin warf die in ihren Händen befindliche Rose vor Aerger weg, aber sie bekam Magdeburg nicht.
Den Taurischen Palast verlassend, setzte ich meinen Ausflug fort, indem ich über die Brücke von Troitskoi fuhr, um die Hütte Peter 1, dieses plumpe kaiserliche Kleinod zu besuchen, von dem ich am Tage zuvor nur die Hülle gesehen hatte.
Die volksthümliche Ehrfurcht hat dieses Denkmal in seiner ganzen ersten Reinheit bewahrt, und das Speisezimmer, der Salon und das Schlafgemach scheinen noch die Rückkehr des Czar zu erwarten. In dem Hofe steht die kleine Barke, welche ganz von dem Zimmermanne von Saardam erbauet ist, und deren er sich bediente, um sich auf der Newa nach den verschiedenen Punkten der entstehenden Stadt zu fahren, wo seine Gegenwart nothwendig war.
Neben dieser Wohnung von einem Tage befindet sich seine ewige Wohnung. Sein Körper, wie der seiner Nachfolger, ruht in der, in der Mitte der Festung gelegenen Kirche St. Peter und St. Paul. Diese Kirche, deren goldener Pfeil eine zu hohe Idee gibt, ist klein, wenig regelmäßig, und von einem schlechten Geschmacke; ihr einziger Werth besteht in dem Todten-Schatze, den sie einschließt. Das Grab des Czars befindet sich neben, der rechten Seitenthür; von dem Gewölbe hängen mehr als sieben Hundert, den Türken, Schweden und Persern genommene Fahnen herab.
Ich kam über die Tiuzschhoff-Brücke auf die Insel Wasiliefsko. Die Hauptsehenswürdigkeiten dieses Theiles der Stadt sind die Börse und die Akademien. Ich begnügte mich, vor diesen Denkmählern vorüberzugehen, und indem ich die Isaaks-Brücke und die Auferstehungs-Straße einschlug, befand ich mich bald an dem Fontanka-Kanale, dessen Kai entlang ich bis zur katholischen Kirche ging; dort verweilte ich: ich wollte das Grab Moreaus sehen. Es ist eine einfache, dem Hochaltare gegenüber, und in Mitte des Chores liegende Steinplatte.
Da ich einmal an den Kirchen war; so wollte ich auch noch sogleich die von Kasan sehen, welche für St. Petersburg das ist, was Notre-Dame für Paris. Ich trat in dieselbe durch ihre doppelte, nach dem Muster der St. Peterskirche in Rom erbaute Säulenhalle ein. Hier erreicht gegen die Gewohnheit der Ruf die Wirklichkeit nicht. An dem Aeußeren ist alles Gips und Backstein, im Inneren ist alles Bronze, Marmor und Granit, die Thüren sind von Erz oder massivem Silber, der Fußboden von Jaspis und die Wände von Marmor.
Ich hatte nun genug Denkmähler für einen einzigen Tag, und ließ mich demnach zu der berühmten Madame Xavier fahren, um meiner schönen Landsmännin den Brief zu übergeben, mit dem ich für die beauftragt war. Seit sechs Monaten bewohnte sie das Haus nicht mehr, und ihre frühere Herrin benachrichtigte mich mit einem sehr spöttelnden Tone, daß sie sich für ihre eigene Rechnung zwischen dem Kanale der Moika und dem Magazine Orgelots niedergelassen habe, das war leicht zu finden: Orgelot ist der Schweizer von St. Petersburg.
Zehn Minuten nachher war ich vor dem bezeichneten Hause. Da ich bei einem Restaurateur gegen über, den ich an seinem Namen für einen Landsmann erkannt hatte, zu Mittag zu essen gedachte, so schickte ich meine Droschke fort, und trat in den Laden, indem ich nach Mademoiselle Louise Dupuy frug.
Eine Demoiselle erkundigte sich, ob es für den Ankauf von Waaren, oder für Privat-Angelegenheiten sei; ich antwortete ihr, daß es Privat- Angelegenheiten wären.
Sogleich stand sie auf, und führte mich in ihr Zimmer.
IV
Ich wurde in ein kleines, ganz mit asiatischen Stoffen behangenes Boudoir geführt, wo ich meine schöne Landsmännin halb liegend und in einem Romane lesend antraf. Bei meinem Anblicke stand sie auf, und bei dem ersten Worte, das aus meinem Munde kam rief sie aus: – Ah! Sie sind Franzose?
Ich entschuldigte mich, sie in der Mittagsruhe zu stören, aber gestern erst angekommen sey es, mir wohl noch erlaubt, mit einigen Gebräuchen der Stadt, in welcher ich mich befände, unbekannt zu seyn, hierauf überreichte ich ihr meinen Brief.
– Von meiner Schwester! rief sie aus; ach! die gute Rolle, was ich entzückt bin Nachricht von ihr zu haben,
3
Potemkin hatte in seinem Gefolge einen Officier Namens Faucher, den er immerwährend zu solchen Sendungen verwandte, und der beständig als Courier reitete. Dieser Officier hatte sich in der Ahnung, daß er auf irgend einer seiner Reifen den Hals brechen würde, im voraus folgende Grabschrift gemacht:
Ci git Faucher, Hier liegt Faucher,
Fouette, Cocher. Klatsche, Kutscher.