Der Graf von Bragelonne. Александр Дюма
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Читать онлайн книгу Der Graf von Bragelonne - Александр Дюма страница 17
»Aber, Sire, Blois ist nur fünf Tagereisen von Paris entfernt.«
»Ei!« sagte der König, »das ist es, zwei Jahre Aufenthalt im Tag.«
»Ah! wahrhaftig, Ihr findet? Das ist seltsam, ich bemerke es nicht.«
»Seht, meine Tante,« fuhr Ludwig XIV. fort, indem er sich immer mehr Mazarin näherte, unter dem Vorwand, seinen Gesichtspunkt zu wählen, »schaut neben diesem gealterten Plunder, neben diesen anmaßenden Frisuren dieses einfache weiße Kleid an. Es ist ohne Zweifel eines von den Ehrenfräulein meiner Mutter, obgleich ich es nicht kenne. Seht diese einfache Tournüre, diese anmuthige Haltung! Das lasse ich mir gefallen! das ist eine Frau, während alle die Andern nur Kleider sind.«
»Mein lieber Neffe,« entgegnete Madame lachend, »diesmal hat Euch Eure Wahrsagekunst getäuscht. Die Person, welche Ihr so lobt, ist keine Pariserin, sondern eine Blaisoise.«
»Ah! meine Tante!« rief der König mit einer Miene des Zweifels.
»Nähert Euch, Louise,« sprach Madame.
Und das Mädchen, das uns schon unter diesem Namen erschienen ist, näherte sich schüchtern, erröthend und beinahe gebeugt unter dem königlichen Blick.
»Mademoiselle Louise Fransoise de la Beaume-Leblanc, Tochter des Marquis de La Vallière,« sprach Madame mit ceremoniösem Tone zum König.
Und die Vorgestellte verbeugte sich mit so viel Anmuth unter der tiefen Schüchternheit, die ihr die Gegenwart des Königs einflößte, daß dieser, sie anschauend, einige Worte des Gesprächs von Monsieur und dem Cardinal verlor.
»Stieftochter,« fuhr Madame fort, »von Herrn von Saint-Remy, der bei der Bereitung des vortrefflichen getrüffelten Truthahns, den Eure Majestät so sehr lobte, präsidirte.«
Es gab keine Anmuth, keine Schönheit, keine Jugend, die einer solchen Vorstellung widerstehen konnte. Der König lächelte. Mochten die Worte von Madame ein Scherz oder eine Naivetät sein, es war jedenfalls die unbarmherzige Aufopferung Alles dessen, was Ludwig reizend und poetisch an dem Mädchen gefunden hatte.
Fräulein de la Vallière war für Madame und durch den Gegenschlag für den König im Augenblick nur die Stieftochter eines Mannes, der ein erhabenes Talent für getrüffelte wälsche Hühner besaß.
Doch die Fürsten sind einmal so beschaffen. Die Götter waren auch so im Olymp. Diana und Venus mußten wohl die schöne Alkmene und die arme Jo mißhandeln, wenn man sich aus Zerstreuung herabließ, zwischen Nektar und Ambrosia von den sterblichen Schönheiten bei der Tafel von Jupiter zu sprechen.
Zum Glück War Louise so tief gebückt, daß sie die Worte von Madame nicht hörte, daß sie das Lächeln des Königs nicht sah. Wenn dieses arme Kind, das genug guten Geschmack besaß, um allein unter allen seinen Gefährtinnen auf den Einfall zu kommen, sich weiß zu kleiden, wenn dieses für alle Schmerzen so leicht Zugängliche Herz von den grausamen Worten von Madame, von dem selbstsüchtigen und kalten Lächeln des Königs berührt worden wäre, die Unglückliche würde auf der Stelle gestorben sein.
Und Montalais selbst, das Mädchen mit den geistreichen Ideen, hätte es nicht versucht, sie zum Leben zurückzurufen, denn die Lächerlichkeit tödtet Alles, selbst die Schönheit.
Doch Louise, der die Ohren summten, deren Augen verschleiert waren, hörte, wie gesagt, zum Glück nichts, sah nichts, und der König, dessen Aufmerksamkeit beständig auf die Unterhaltung des Cardinals mit seinem Oheim gerichtet war, beeilte sich, zu diesen zurückzukehren.
Er kam gerade in dem Augenblick, wo Mazarin mit den Worten endigte:
»Marie reist mit ihren Schwestern in dieser Stunde nach Brouage ab. Ich lasse sie dem User der Loire folgen, das dem entgegengesetzt ist, welchem wir folgen, und wenn ich ihre Reise gut berechne, so werden sie nach den Befehlen, die ich gegeben habe, morgen auf der Höhe voll Blois sein.«
Diese Worte wurden mit dem Takt, der Maßhaltung, der Sicherheit rücksichtlich des Tons, der Absicht und des Gewichts gesprochen, welche del Signor Giulio Mazarini den ersten Komödianten der Welt machten.
Folge hiervon war, daß sie gerade in das Herz von Ludwig XlV. trafen, und daß der Cardinal, als er sich auf das einfache Geräusch der Tritte Seiner Majestät, welche sich eben näherte, umwandte, auf dem Antlitz seines Zöglings die unmittelbare Wirkung wahrnahm, die eine einfache Röthe den Augen Seiner Eminenz verrieth. Was war es aber auch, ein so einfaches Geheimniß zu ergründen, für denjenigen, dessen Schlauheit seit zwanzig Jahren alle Diplomaten Europas überlistet hatte?
Es schien von nun an, sobald er diese letzten Worte gehört, als hätte der König einen vergifteten Pfeil ins Herz bekommen. Er hielt es nicht mehr am Platze aus, er ließ einen unsichern, todten Blick auf dieser ganzen Versammlung umherschweifen. Er befragte mehr als zwanzigmal mit dem Auge die Königin Mutter, die sich dem Vergnügen der Unterhaltung mit ihrer Schwägerin hingab und überdies, durch den Blick von Mazarin zurückgehalten, die in den Mienen ihres Sohnes enthaltenen Bitten nicht zu verstehen schien.
Von diesem Augenblick an wurde Alles, Musik, Blumen, Lichter, Schönheiten, verhaßt und albern für Ludwig XIV. Nachdem er sich hundertmal auf die Lippen gebissen, seine Arme und seine Beine gereckt hatte, wie das wohlerzogene Kind, das, weil es nicht zu gähnen wagt, alle Arten, seine Langweile kundzugeben, erschöpft; nachdem er abermals vergebens Mutter und Minister angefleht hatte, wandte er ein verzweifeltes Auge nach der Thüre, das heißt nach der Freiheit.
An dieser Thüre sah er, umrahmt von der Vertiefung, an die sie sich anlehnte, kräftig hervortretend, eine stolze Gestalt mit braunem Gesicht, einer Adlernase, einem harten, aber funkelnden Auge, grauen, langen Haaren und schwarzem Schnurrbart, einen wahren Typus militärischer Schönheit, dessen Ringkragen, mehr funkelnd als ein Spiegel, alle Lichtstrahlen, die sich auf ihm concentrirten, brach und in Blitzen, zurücksandte. Dieser Officier hatte einen grauen Hut mit rother Feder auf dem Kopf, ein Beweis, daß er im Dienst hierher berufen war, und nicht für sein Vergnügen: wäre er für sein Vergnügen erschienen, wäre er Höfling gewesen, statt Soldat zu sein, so hätte er, da man sein Vergnügen immer um einen gewissen Preis bezahlen muß, seinen Hut in der Hand gehabt.
Was noch mehr bewies, daß dieser Officier im Dienst war und eine Aufgabe, an die er gewöhnt, erfüllte, ist der Umstand, daß er mit gekreuzten Armen, mit einer merkwürdigen Gleichgültigkeit und einer erhabenen Apathie die Freuden und die Langweile dieses Festes überwachte. Er schien besonders wie ein Philosoph – alle alte Soldaten sind Philosophen – unendlich viel besser die Langweile, als die Freuden zu verstehen; doch die eine nahm er hin, während er der anderen gar wohl zu entbehren wußte.
Er lehnte also, wie gesagt, am geschnitzten Simswerk der Thüre, als die traurigen und müden Augen des Königs zufällig den seinigen begegneten.
Es war, wie es scheint, nicht das erste Mal, daß die Augen des Officiers diesen Augen begegneten, und er kannte aus dem Grund den Styl und den Gedanken derselben, denn sobald er seinen Blick auf die Physiognomie des Königs geheftet und durch die Physiognomie gelesen hatte, was in seinem Herzen vorging, nämlich welcher Berg er, welcher Ueberdruß es bedrückte, wie der schüchterne Entschluß, wegzugehen, sich in der Tiefe dieses Herzens regte, begriff er, man müsse dem König einen Dienst leisten, ohne daß er es verlange, ihm einen Dienst leisten beinahe wider seinen Willen, und er rief kühn, als ob er die Cavalerie an einem Schlachttage befehligte, mit schallender Stimme:
»Der Dienst des Königs!«
Bei diesen Worten, welche die Wirkung des Donners machten, der mit seinem