Der Graf von Bragelonne. Александр Дюма

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Der Graf von Bragelonne - Александр Дюма

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ein würdiger Cavalier, ein edler Sterblicher, wie Ihr Euch erinnern werdet.«

      »Es ist wahr, ein braver, vortrefflicher Mann, der ein trauriges Leben, aber einen sehr schönen Tod hatte.«

      »Wohl, mein lieber d’Artagnan, begreift: diesem König, diesem Mann von Herz, diesem Freund, meines Geistes, wenn ich so sagen darf, schwur ich in seiner letzten Stunde, treu das Geheimniß über ein vergrabenes Gut zu bewahren, das seinem Sohn zugestellt werden sollte, um ihn bei Gelegenheit zu unterstützen; der junge Mann suchte mich aus; er erzählte mir von seinem Unglück, er wußte nicht, daß ich etwas Anderes für ihn war, als eine lebendige Erinnerung an seinen Vater; ich erfüllte gegen Karl II. nur, was ich Karl l. versprochen hatte. Was liegt mir daran, ob er dankbar oder undankbar ist! Ich habe mir einen Dienst geleistet, indem ich mich von dieser Verantwortlichkeit frei machte, und nicht ihm.«

      »Ich habe immer behauptet, die Uneigennützigkeit sei die schönste Sache der Welt,« sagte d’Artagnan seufzend.

      »Wie! mein lieber Freund, seid Ihr nicht in derselben Lage wie ich? Wenn ich Eure Worte gut begriffen, ließet Ihr Euch durch das Unglück dieses jungen Mannes rühren; das ist noch viel schöner von Euch, als von mir, denn ich hatte eine Pflicht zu erfüllen, während Ihr dem Sohn des Märtyrers durchaus nichts schuldig waret. Ihr hattet ihm nicht den Preis für jenen kostbaren Blutstropfen zu bezahlen, den er vom Boden seines Schaffots auf meine Stirne fallen ließ. Was Euch zu handeln bewog, ist das Herz allein, das Ihr unter Eurem scheinbaren Skepticismus, unter Eurem scharfen Gespötte besitzt; ich vermuthe, Ihr habt das Vermögen eines Dieners, das Eurige Vielleicht eingesetzt, Ihr geiziger Wohlthäter, und man mißkennt Euer Opfer. Was ist daran gelegen! Wollt Ihr Planchet sein Geld zurückgeben? Ich begreife das, mein Freund, denn es geziemt sich nicht, daß ein Edelmann von einem Untergeordneten entlehnt, ohne ihm Kapital und Zinsen heimzubezahlen. Es sei! ich werde la Fère verkaufen, wenn es sein muß, oder wenn es nicht nöthig ist, einen kleinen Pachthof. Ihr bezahlt Planchet und, glaubt mir, es bleibt Korn genug für uns Beide und für Raoul auf meinen Speichern. Auf diese Art, mein Freund, werdet Ihr nur gegen Euch selbst eine Verbindlichkeit haben, und wenn ich Euch gut kenne, wird es keine geringe Befriedigung für Euren Geist sein, daß Ihr Euch sagen könnt: »»Ich habe einen König gemacht.«« Habe ich Recht?«

      »Athos! Athos!« murmelte d’Artagnan träumerisch, »ich sagte Euch schon einmal, am Tag, wo Ihr predigt, werde ich in die Kirche gehen; an dem Tag, wo Ihr mir sagen werdet, es gebe eine Hölle, bekomme ich bange vor dem Rost und dem Schürhaken. Ihr seid besser als ich, oder vielmehr besser als die ganze Welt, und ich kann mir nur ein Verdienst zuerkennen, das, daß ich nicht eifersüchtig bin. Außer diesem Fehler habe ich, Gott soll mich verdammen, wie die Engländer sagen, alle andere.«

      »Ich kenne Niemand, der den Werth von d’Artagnan besäße,« erwiederte Athos. »Doch wir sind nun ganz sachte zu dem Haus gekommen, das ich bewohne; wollt Ihr bei mir eintreten, mein Freund?«

      »Ei! das ist die Taverne zum Hirschhorn, wie mir scheint.« sagte d’Artagnan.

      »Ich gestehe, mein Freund, ich habe sie ein wenig deshalb gewählt. Ich liebe die alten Bekannten, ich setze mich gern an den Platz, wo ich ganz gelähmt von Müdigkeit, ganz von der Verzweiflung ergriffen niedersank, als Ihr am 31. Januar Abends zurückkamet.«

      »Nachdem ich die Wohnung des verkleideten Henkers entdeckt hatte? Ja, das war ein furchtbarer Tag.«

      »Kommt also,« sagte Athos.

      Sie traten in die einst gemeinschaftliche Stube ein. Die Taverne im Allgemeinen und diese Stube insbesondere hatten große Veränderungen erlitten. Der ehemalige Wirth der Musketiere, der für einen Gastgeber ziemlich reich geworden war, hatte seine Schenke geschlossen und aus der erwähnten Stube eine Niederlage für Colonialwaaren gemacht. Das übrige Haus vermiethete er meublirt an Fremde.

      Mit unsäglicher Gemüthsbewegung erkannte d’Artagnan die ganze Ausstattung des Zimmers im ersten Stock wieder: das Täfelwerk, die Tapeten und sogar die Landkarte, welche Porthos mit so viel Liebe in seinen Mußestunden studirte.

      »Es sind elf Jahre,« rief d’Artagnan, »und es ist mir, als wäre es ein Jahrhundert.«

      »Und mir, als wäre es ein Tag,« sprach Athos. »Seht Ihr, welche Freude es mir bereitet, mein Freund, zu denken, daß ich Euch hier habe, daß ich Eure Hand drücke, daß ich weit von mir weg Degen und Dolch werfen, daß ich ohne Mißtrauen diese Flasche Xeres berühren kann. Oh! diese Freude vermöchte ich Euch nur auszudrücken, wenn unsere beiden Freunde hier wären, hier an den zwei Ecken dieses Tisches, und wenn Raoul, mein vielgeliebter Raoul, auf der Schwelle mit seinen großen, so glänzenden und so sanften Augen uns zuschauen würde.«

      »Ja, ja,« sprach d’Artagnan sehr bewegt, »das ist wahr. Ich billige besonders den ersten Theil Eures Gedankens: es ist süß, da zu lächeln, wo wir so mit Recht schauerten, wenn wir bedachten, jeden Augenblick könnte Herr Mordaunt auf der Treppe erscheinen.«

      In diesem Augenblick öffnete sich die Thüre, und d’Artagnan, so brav er war, konnte sich einer leichten Bewegung des Schreckens nicht erwehren.

      Athos begriff ihn und sagte lächelnd:

      »Es ist unser Wirth, der mir einen Brief bringt.«

      »Ja, Mylord,« sagte der gute Bürgersmann, »ich bringe in der That Eurer Herrlichkeit einen Brief.«

      »Ich danke,« sprach Athos und nahm den Brief, ohne ihn anzuschauen. »Sagt mir, mein lieber Wirth, erkennt Ihr diesen Herrn nicht?«

      Der Greis hob den Kopf in die Höhe und schaute d’Artagnan aufmerksam an.

      »Nein,« erwiederte er.

      »Es ist einer von den Freunden, von denen ich gesprochen habe; er wohnte vor elf Jahren mit mir hier!«

      »Oh! es haben so viele Fremde hier gewohnt!«

      »Ja, aber wir haben am 31. Januar 1641 hier gewohnt,« fügte Athos bei, der durch diese Erläuterung das träge Gedächtniß des Wirthes aufzustacheln glaubte.

      »Es ist möglich,« erwiederte der Wirth lächelnd, »doch das ist schon so lange her.«

      Er verbeugte sich und ging hinaus.

      »Ich danke,« sprach d’Artagnan, »verrichtet Thaten, führt Revolutionen aus, versucht es, Euren Namen in Stein oder in Erz mit mächtigen Schwertern zu graben, es gibt etwas, was rebellischer, härter, vergeßlicher ist als das Eisen, das Erz und der Stein, das ist der gealterte Schädel eines Wirthes, der in seinem Gewerbe reich geworden; er erkennt mich nicht mehr! ich hätte ihn wahrhaftig wiedererkannt.«

      Lächelnd entsiegelte Athos den Brief.

      »Ah!« sagte er, »ein Brief von Parry.«

      »Oho!« rief d’Artagnan, »lest, mein Freund, lest, er enthält ohne Zweifel etwas Neues.«

      Athos schüttelte den Kopf und las:

      »Herr Graf,

      »Den König hat es sehr betrübt, daß er Euch heute bei seinem Einzug nicht in seiner Nähe sah; Seine Majestät beauftragt mich, dies Euch zu melden und sie in Euer Gedächtniß zurückzurufen. Seine Majestät wird Eure Ehren diesen Abend zwischen zehn und elf Uhr im Palast von Saint-James erwarten.

      »Ich bin mit aller Ehrfurcht, Herr Graf, Eurer Ehren

      »unterthäniger und gehorsamer Diener

      »Parry.«

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