Der Graf von Bragelonne. Александр Дюма
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Der Graf von Bragelonne - Александр Дюма страница 77
»Oh! theurer, lieber Freund,« sagte Athos, dem die unmerkliche Bitterkeit von d’Artagnan nicht entgangen war, »verzeiht. Sollte ich, ohne es zu wollen, meinen besten Kameraden verletzt haben?«
»Ihr seid ein Narr, Athos, und zum Beweis werde ich Euch bis ins Schloß, das heißt, bis an die Thüre begleiten, das ist ein Spaziergang für mich,«
»Ihr geht mit mir hinein, mein Freund, ich will Seiner Majestät sagen . . . «
»Laßt das!« unterbrach ihn d’Artagnan mit einer Mischung von wahrem und falschem Stolz; »wenn es etwas Schlimmeres gibt, als selbst zu lügen, so ist es, durch Andere lügen zu lassen. Brechen wir auf, mein Freund, der Spaziergang wird herrlich sein; ich zeige Euch im Vorübergehen das Haus von Herrn Monk, der mich bei sich aufgenommen hat. Meiner Treue, ein schönes Haus! Wißt Ihr, in England General sein trägt mehr ein, als in Frankreich Marschall sein.«
Athos ließ sich ganz traurig über diese Heiterkeit, welche d’Artagnan heuchelte, wegführen.
Die ganze Stadt war in freudiger Aufregung; die zwei Freunde stießen sich jeden Augenblick an Enthusiasten, welche sie in ihrer Trunkenheit aufforderten: Es lebe König Karl! zu rufen. D’Artagnan antwortete durch ein Knurren und Athos durch ein Lächeln. Sie kamen so bis zu dem Hause von Monk, an welchem man wirklich vorüber mußte, um zum Palast von Saint-James zu gelangen.
Athos und d’Artagnan sprachen wenig unter Weges, gerade weil sie, wenn sie gesprochen hätten, sich zu viel zu sagen gehabt haben würden. Athos dachte, wenn er spräche, würde es den Anschein haben, als offenbarte er Freude, und diese Freude könnte d’Artagnan verletzen. Dieser befürchtete seinerseits, wenn er spräche, eine gewisse Bitterkeit durchblicken zu lassen, welche ihn für Athos lästig machen könnte. Es fand ein seltsamer Wetteifer des Stillschweigens zwischen der Zufriedenheit und der bösen Laune statt. D’Artagnan gab zuerst dem Jucken nach, das er gewöhnlich an seiner Zungenspitze fühlte.
»Athos,« sagte er, »Ihr erinnert Euch der Stelle in den Denkwürdigkeiten von d’Aubigné, wo der treue Diener, ein Gascogner wie ich, arm wie ich und, ich hatte beinahe gesagt, brav wie ich, von den Knausereien von Heinrich IV. erzählt? Mein Vater sagte mir immer, wie ich mich erinnere, Herr d’Aubigné sei ein Lügner; doch seht selbst, wie alle Prinzen, welche vom großen Heinrich abstammen, diesen nachahmten.«
»Ach! geht doch, d’Artagnan, die Könige von Frankreich geizig? Ihr seid ein Narr, mein Freund.«
»Oh! Ihr gesteht nie die Fehler Anderer zu, Ihr, der Ihr vollkommen seid. Doch in der That, Heinrich IV. war geizig. Ludwig XIII., sein Sohn, war es ebenfalls; nicht wahr, wir wissen etwas davon zu erzählen? Gaston trieb diesen Fehler bis zum Uebermaß und zog sich in dieser Hinsicht den Haß von Allem zu, was ihn umgab. Henriette, die arme Frau! hat wohl daran gethan, geizig zu sein, sie, die nicht jeden Tag aß, sie, die sich nicht jedes Jahr wärmte, und sie hat dadurch ein Beispiel ihrem Sohn Karl II., dem Enkel des großen Heinrich IV., gegeben, der geizig ist wie seine Mutter und wie sein Großvater. Sprecht, habe ich die Genealogie der Geizigen gut aufgesagt?«
»D’Artagnan, mein Freund,» rief Athos, »Ihr seid sehr hart gegen das Adlergeschlecht, das man die Bourbonen nennt.«
»Und ich vergaß das Schönste! . . . den andern Enkel des Bearners, Ludwig XIV., meinen Exherrn. Doch der ist hoffentlich geizig, da er seinem Bruder Karl nicht eine Million leihen wollte! Ah! ich sehe, Ihr ärgert Euch. Zum Glück sind wir bei meinem Haus, oder vielmehr bei dem von meinem Freunde Monk.«
»Lieber d’Artagnan, Ihr ärgert mich nicht, Ihr betrübt mich: es ist in der That grausam, einen Mann von Verdienst neben der Stellung zu sehen, die seine Verdienste ihm hätten verschaffen müssen; mir scheint, Euer Name, theurer Freund, ist so strahlend als die schönsten Namen des Kriegs und der Diplomatie. Sagt mir, ob die Luynes, ob die Bellegarde, ob die Bassompierre wie wir Glück und Ehre verdienten; Ihr habt Recht, hundertmal Recht, mein Freund.«
D’Artagnan seufzte und ging seinem Freund unter die Vorhalle des Hauses von Monk voran, der mitten in der City wohnte.
»Erlaubt,« sprach er, »ich lasse meine Börse zu Hause; denn wenn unter dem Gedränge die geschickten Spitzbuben von London, die man sogar in Paris so sehr rühmt, mir den Rest meiner armseligen Thaler stehlen würden, so könnte ich nicht mehr nach Frankreich zurückkehren. So zufrieden ich aber von Frankreich weggegangen bin, so freudetrunken kehre ich dahin zurück, insofern sich alle meine früheren Vorurtheile gegen Frankreich in Begleitung von vielen andern wieder in mir festgestellt haben.«
Athos antwortete nichts.
»Habt also einen Augenblick Geduld, und ich folge Euch,« sagte d’Artagnan; »ich weiß wohl, daß es Euch drängt, dorthin zu gehen, um Eure Belohnung in Empfang zu nehmen; doch glaubt mir, es drängt mich nicht minder, mich an Eurer Freude, wenn auch nur von ferne, zu weiden . . . Erwartet mich also.«
D’Artagnan schritt durch das Vorhaus, als ein Mensch, halb Diener, halb Soldat, der bei Monk die Functionen eines Portier und einer Wache versah, unsern Musketier anhielt und in englischer Sprache zu ihm sagte:
»Verzeiht, Mylord d’Artagnan.«
»Nun, was gibt es?« fragte dieser; »verabschiedet mich der General auch vollends? Es fehlte mir nur noch, daß ich von ihm ausgetrieben würde!«
Französisch gesprochen, brachten diese Worte nicht den geringsten Eindruck auf denjenigen hervor, an den sie gerichtet waren, denn dieser sprach nur ein mit dem rauhsten Schottisch vermischtes Englisch. Doch Athos wurde schmerzlich davon ergriffen, denn d’Artagnan fing an auszusehen, als ob er Recht hätte.
Der Engländer zeigte d’Artagnan einen Brief und sprach:
»From the general.«
»Gut, das ist es; mein Abschied,« sagte der Gascogner. »Soll ich es lesen, Athos?«
»Ihr täuscht Euch nothwendig, oder ich kenne keine ehrlichen Leute mehr außer Euch und mir,« erwiederte Athos.
D’Artagnan zuckte die Achseln und entsiegelte den Brief, während der Engländer ihm ganz unempfindlich, damit er durch das Licht beim Lesen unterstützt würde, eine Laterne vorhielt.
»Nun! was habt Ihr?« fragte Athos, als er die plötzliche Veränderung in den Gesichtszügen des Lesers wahrnahm.
»Nehmt und lest selbst,« sprach der Musketier.
Athos nahm das Papier und las:
»Herr d’Artagnan, der König bedauert es sehr lebhaft, daß Ihr nicht mit seinem Zuge nach Saint Pauls gekommen seid. Seine Majestät sagt, Ihr habet ihr gefehlt, wie Ihr auch mir gefehlt habt, lieber Kapitän. Es gibt nur ein Mittel, dies Alles gut zu machen. Seine Majestät erwartet mich um neun Uhr im Palast von Saint James; wollt Ihr Euch zugleich mit mir dort einfinden? Seine allergnädigste Majestät bestimmt Euch diese Stunde zur Audienz, die sie Euch bewilligt.«
Der Brief war von Monk.
XIX.
Die Audienz
»Nun?« rief Athos mit einem sanften Vorwurf, als d’Artagnan den von Monk an ihn gerichteten Brief gelesen hatte.
»Nun!« erwiederte d’Artagnan roth vor Vergnügen und ein wenig vor Scham, »das ist eine Artigkeit, welche zu nichts verbindet . . . doch es ist am Ende eine Artigkeit.
»Ich