Der Pastor von Ashbourn. Александр Дюма
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Читать онлайн книгу Der Pastor von Ashbourn - Александр Дюма страница 13
Ich hatte keine Kraft mehr zu sprechen, aber ich befragte meinen Wirth mit dem Blicke.
Er blieb indessen sitzen, indem er kein Wort sagte und sich hinter dem Ohre kratzte.
– Nun denn? fragte ich ihn endlich, indem ich anfing, einige Besorgnisse über dieses anhaltende Schweigen zu fassen.
– Ei nun! sagte er zu mir, was Sie mir da soeben vorgelesen haben, Herr Bemrode, ist in der That sehr schön.
– Ah! äußerte ich, indem ich wieder Athem schöpfte und meinen Kopf wieder erhob, mit dem ich stolzer Weise nickte.
– Aber. . . wagte mein Kupferschmied zu äußern, der ohne Zweifel zögerte, indem er sich der Anekdote des Apelles und des Schuhflickers erinnerte.
– Aber, begann ich wieder, indem ich ihn unterbrach, aber was?. . .
– Aber ich hielt Sie nicht für so bös, lieber Herr Bemrode . . . Ach! wie streng Sie sind! Wissen Sie, daß Sie uns arme Sünder verteufelt mitnehmen?
– Ich bin nicht bös, mein lieber Wirth, antwortete ich mit Stolz: die Menschen sind es. Da ich nun aber die Menschen kenne, so behandle ich sie nach ihrem Verdienste.
– Ei! mein lieber Herr Bemrode, antwortete mein Wirth, ich bin in meinem Leben nur ein Mal im Schauspiele gewesen; das war im vorigen Jahre, als eine Schauspielertruppe von London nach Nottingham kam. Man spielte ein Stück, dessen Verfasser ich nicht kenne und dessen Titel ich vergessen habe; Alles, was ich mich erinnere, ist, daß darin folgender Grundsatz vorhanden war: »Wenn man allen Denen die Peitsche gäbe, die sie verdienen, welcher Mensch würde da sicher sein, nicht gepeitscht zu werden?«
– Sie behaupten also, mein lieber Wirth, rief ich, ich gestehe es, ein wenig gereizt über diese Anführung aus Hamlet aus, die wie der rauhe Nachtwind, von dem der dänische Prinz spricht, mir das Gesicht zerschnitt; Sie behaupten also, daß die Menschen gut sind, und daß sie weder Laster noch Fehler haben?
– Ich sage nicht, daß die Menschen gut sind, lieber Herr Bemrode, ich sage Ihnen, daß ich sie nicht für so bös hielt . . . ich sage Ihnen, daß Sie Mühe haben werden, Ihre Zuhörer zu überreden, daß Sie das einzige gerechte, rechtschaffene, züchtige, billige und sanfte Wesen sind, das es auf der Welt giebt. Uebrigens sage ich Ihnen nochmals, daß Ihre Predigt sehr schön ist, Herr zukünftiger Pastor… aber ich erwarte Sie morgen bei der Rückkehr von Ashbourn. Auf Wiedersehen und glückliche Reise, lieber Herr Bemrode!
Und indem er hierauf seinen Hut nahm, ging er hinaus und ließ mich unter seinen Kesseln und Kasserolen, mit meiner Predigt in der Hand, allein.
Ich blieb einen Augenblick lang ganz verblüfft über das Urtheil meines Wirthes, des Kupferschmieds; indem ich hierauf endlich den Kopf wieder erhob und ihn schüttelte, schlug ich den Weg nach dem Dorfe ein, wo ich am folgenden Tage meine erste Predigt halten sollte, und wo mir eine so rührende und so väterliche Gastfreundschaft angeboten worden war.
Ich hatte beschlossen, zu Fuß zu gehen, um meinen armen Guineen – welche, trotz meiner Sparsamkeit und meiner Entbehrungen, sichtlich abnahmen – den Preis eines Wagens zu ersparen. Da ich sieben Meilen auf einer wenig besuchten Straße zurückzulegen hatte, so ging daraus hervor, daß mir das Urtheil meines Wirthes wieder einfiel. In dem Maße, als ich mich von ihm entfernte, um mich dem Dorfe zu nähern, wo ich predigen sollte, nahm meine Aufregung gegen den wackern Mann ab, und es schien mir allmählich, daß es seiner Meinung darum, daß sie zu streng war, dennoch nicht an Verstand fehlte. – In der That, mit welchem Rechte wollte ich, ein junger Mann von drei und zwanzig Jahren, und demzufolge jünger als die meisten der Zuhörer, die ich haben würde, sie unter der Last meiner Strenge vernichten, ihnen Laster vorwerfen, die sie vielleicht nicht kannten, Verbrechen, die sie ohne Zweifel nicht begangen hatten? Ich war nicht ihr Pastor; ich hatte nicht unter ihnen gelebt; ich sollte alle diese nach mir gewandten Gesichter zum ersten Male sehen. Setzte ich mich nicht ihrem Urtheile aus, wenn ich mich so zu ihrem Richter aufwarf? Konnte mir meine gründliche Kenntniß der Menschen, eine Kenntniß, die sie nicht im Stande waren zu würdigen, zur Entschuldigung dienen? Es gab dabei in der That gar Vieles zu sagen, was mir mein Wirth, der Kupferschmied, nicht gesagt hatte, zuvörderst, weil ich ihm nicht die Zeit dazu gelassen, und vielleicht auch, weil sein unausgebildeter gesunder Verstand wohl ein Ganzes auffassen , aber nicht eine so große Anzahl einzelner Umstände übersehen konnte. Zuverlässig war meine Predigt darum nicht weniger schön; sie mußte darum nichtsdestoweniger ein herrliches Stück der Beredtsamkeit bleiben; nur fragte ich mich, ob das wohl solche Beredtsamkeit wäre, die man vor alltäglichen und rohen Wesen ausschütten dürfte. Hieß das nicht einen falschen Weg einschlagen, und, wie man im gemeinen Leben sagt, Perlen vor die Säue werfen? – Das waren die Betrachtungen, welche mich auf der ganzen Lange des Weges überfielen, und die, ich wiederhole es, mit jedem Schritte weit dringender wurden.
Unglücklicher Weise hatte ich nicht mehr die Zeit, eine andere Predigt zu verfassen; meine Predigt war für den folgenden Tag angekündigt und erwartet. Ich beschloß daher, die Nacht damit zuzubringen, sie wieder durchzusehen, die Haupthärten derselben zu mildern und die heftigsten Stellen derselben zu streichen. Diese Aenderungen waren mir durch meine eigenen Betrachtungen eingegeben, die in Folge der Bemerkungen meines Wirthes, des Kupferschmieds, gekommen waren, und auch durch den Anblick der Gegend und ihrer Bewohner. – Das Ansehen der Gegend war das einer reizenden, bereits unter den warmen Sonnenstrahlen gelb werdenden Ebene, in welcher sich stellenweise köstliche Baumgruppen befanden, das Ganze von guten Landleuten belebt, die sich den verschiedenen Arbeiten des Ackerbaues hingaben, welche die Jahreszeit erheischte.
Alle diese Leute, welche diese Ebene mit ihren Arbeiten und ihren Gesängen belebten, hatten das Ansehen rechtschaffener Sterblicher, die unfähig waren, an das Böse zu denken und boshaft zu handeln. So daß, als ich aus der Ferne den Kirchthurm des Dorfes sah, wohin ich mich begab, ich mehr als jemals überzeugt war, daß dieses Mal, wie immer, mein Wirth, der Kupferschmied, es war, der Recht hatte, und ich, der Unrecht hatte.
Mit diesem Eindrucke kam ich nach dem Pfarrhause. Die gute Madame Snart erwartete mich unter der Thür, sie führte mich zu ihrem Gatten, der, seit einem Monate auf einem Kanapee liegend, nicht mehr ausging, nicht mehr aufstand, und an einer Lungenschwindsucht dahin starb.
Der Kranke reichte mir die Hand, hieß mich mit erloschener Stimme willkommen und lud mich ein, mich neben sein Kanapee an den für seine Frau und mich gedeckten Tisch zu setzen.
Ich hatte sieben Meilen zu Fuß zurückgelegt; ich war jung, gesund; ich hatte großen Appetit; ich nahm mir nur die Zeit in das kleine, wie eine Brautkammer weiße Zimmer zu gehen, das für mich zurecht gemacht worden war, und nachdem ich meiner Toilette einige Aufmerksamkeit gewidmet, kehrte ich zu meinen beiden Wirthen zurück.
Man sah, daß, ohne reich zu sein, das Haus wohlhabend war. In der That, der Pastor sagte mir, daß seine Pfarre ihm jahrlich neunzig Pfund Sterling eintrüge, was mehr als hinreichend war, um in einem kleinen Dorfe von fünfhundert Seelen zu leben. Alles, Wäsche, Porzellan und Silberzeug war daher auch in dem Innern schön, frisch und glänzend. Eine einzige Magd besorgte die kleine Haushaltung; aber sie war sauber, gut gekleidet, freundlich, gefällig, indem sie in den Augen ihrer Herrschaft ihre Wünsche las und ihnen zuvorkam, bevor sie dieselben ausgedrückt hatte. Mit Ausnahme des Sterbenden, der übrigens, wie alle Brustkranke, seinen Zustand nicht ahnete, und die schönsten Pläne für die Zukunft machte, schien Alles um dieses Kanapee herum gesegnet, auf welchem er mit dem Tode rang. Nur, wenn das Auge auf dem schwermüthigen Gesichte der Frau, auf dem besorgten Blicke der Magd verweilte, sah man ein, daß da auf der einen Seite ein unermeßlicher Schmerz, und auf der andern eine große Furcht herrschte, welche die