Der Pastor von Ashbourn. Александр Дюма
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Читать онлайн книгу Der Pastor von Ashbourn - Александр Дюма страница 14
Ach! mein lieber Petrus, ein Abend des goldenen Zeitalters wäre nicht friedlicher und lachender gewesen als der, welcher sich meinen Blicken bot, und der von den letzten Strahlen der Sonne vergoldet verfloß! – Die alten Mütter spannen vor ihren Thüren, die Greise plauderten auf Bänken von Stein, von Holz oder Rasen; die Männer im mittleren Alter schoben Kegel oder spielten Siam; endlich tanzten die jungen Leute und die jungen Mädchen bei der Musik einer Violine und einer Flöte unter vier großen Linden, welche den Marktplatz des Dorfes beschatteten. Man errieth, daß es der Abend des Sonnabends , das heißt das Ende des letzten Tages der Woche war; man begriff diese fröhliche Einleitung zu der Ruhe des folgenden Tages, und man fühlte, daß alle diese wackeren Leute, die indessen niemals Horaz gelesen hatten, indem sie bereits die vergangenen Beschwerden vergaßen und sich noch nicht um die kommenden Beschwerden kümmerten, wie jener Fürst der Dichter und jener König der Epikuräer sagten: Valeat res ludicra!
Ich gestehe zu meiner Schande, mein lieber Petrus, daß dieses des Pinsels van Ostade’s und Tenier’s würdige Bild, statt mich zu erfreuen, wie es dasselbe hätte thun sollen, mich unendlich betrübte. Ich hätte Gesang und Geschrei in den Schenken, Wortwechsel und Balgereien an den Straßenecken gewollt; ich hätte diesen unter der Aufsicht ihrer Großeltern tanzenden jungen Leuten und jungen Mädchen verstohlene Gruppen vorgezogen, die sich wie Schatten davon schlichen und heimlicher Weise das Feld erreichten; ich hätte den Reichen sehen mögen, wie er dem Armen das Almosen verweigerte, und den Armen weinend und lästernd; kurz, ich hätte irgend Etwas sehen mögen, was meine Predigt des folgenden Tages rechtfertigte, während ich im Gegentheile, nach welcher Seite ich die Augen auch wenden mochte, nur das friedliche Schauspiel einer rechtschaffenen Bevölkerung fand, die sich ohne Aergerniß belustigte und ihre Spiele nur unterbrach, um mich wohlwollend zu grüßen und mir freundschaftlich zuzulächeln: denn als man mich allein, fremd, durch die Straßen des Dorfes umherirren sah, dachte man sich, daß ich, der junge Pastor, ohne Heerde wäre, der in seinem evangelischen Eifer käme, umsonst das Wort des Herrn auf dem Boden auszusäen, den die Krankheit eines seiner Amtsbrüder brach liegen ließ.
Ich blieb, indem ich hoffte, daß die Dunkelheit, welche sich auf die Erde herab ließ, und welche die Mutter der schlechten Gedanken und das Asyl der schlechten Handlungen, ist, eine Aenderung unter dieser unschuldigen Bevölkerung herbeiführen würde, die nur eine einzige Familie auszumachen schien. Ich irrte mich. Die Dämmerung kam herbei, dann die Nacht, eine finstere Nacht, wie das Laster und das Verbrechen selbst sie hätten verlangen können, wenn sie dieselbe nöthig gehabt hätten; aber bei dem Einbruche der Nacht kehrten Alle nach Haus zurück, indem sie unschuldige Küsse oder freundschaftliche Händedrücke auswechselten. Die Lichter verloschen eines nach dem anderen, das Geräusch hörte allmälig auf, und ich befand mich mit untergeschlagenen Armen, – an eine der Linden gelehnt, welche den fröhlichen Tanz beschirmt hatten, – weit trauriger, weit finsterer, als diese Nacht, die mich umgab, allein auf diesem Marktplatze!
Ich kehrte bestürzt nach Haus zurück!
VI.
Mein erstes Auftreten als Redner
Meine gute Wrthin hatte mich erwartet, obgleich sie nichts von meiner verlängerten Abwesenheit begriff. Sie wollte mich zurückbehalten, um den Thee mit ihr zu trinken; aber ich bat sie um die Erlaubniß, mich in mein Zimmer zurückzuziehen, indem ich die Ermüdung der Reise und das Bedürfniß der Ruhe vorschützte.
Oh! ich war nicht ermüdet, ich hatte keine Lust, zu schlafen, ich versichere es Ihnen, mein lieber Petrus!
Nein, ich wollte allein sein, um meine Predigt zu verbessern.
Ich verwandte die ganze Nacht darauf; während der ganzen Nacht war ich damit beschäftigt, die zu heftigen Stellen zu mildern, die zu lebhaften Farben zu verwischen; dann, als diese Farben verwischt, diese Stellen gemildert waren, sie mit lauter Stimme zu wiederholen und sie meinem Gedächtnisse einzuprägen.
Ach! nach dieser Arbeit schien meine Predigt noch nicht für dieses freundliche und reizende Dorf Ashbourn, sondern für irgend eine verfluchte Stadt gemacht zu sein, wie Babylon oder Gomorrha, wie Karthago oder Sodom, wie London oder Paris.
Ah! welche Wirkung hätte diese unglückselige Predigt in der Sanct Paulskirche oder in Notre Dame hervorgebracht!
Am Ende dieser Nacht, einer der mühseligsten, die ich jemals zugebracht habe, schlief ich vor Müdigkeit erschöpft, vor Schlaf umfallend, in dem Augenblicke ein, wo die ersten Strahlen der Sonne auf dem Rande meines Fensters durch das Laub der Reben und der blühenden Levkojen und Nelken spielten.
Dieser zweistündige Schlaf war ein sehr garstiger Schlaf und brachte mir mehr Ermüdung, als Ruhe. – Endlich schlug die Stunde und fand mich noch über meine Predigt gebückt, die ich mit Noten, Strichen und Parenthesen bedeckte; ich steckte sie in meine Tasche und schlug den Weg nach der Kirche ein. Ich hatte noch ungefähr eine halbe Stunde vor mir; ich trat in die Sakristei, verlangte eine Feder und Tinte, und verwandte diese halbe Stunde dazu, von Neuem alle Härten dieser unglückseligen Predigt durchzufeilen.
Ich hatte nur noch einen Wunsch, nämlich aus ihr etwas Unbedeutendes und Farbloses zu machen; unglücklicher Weise war sie, welche Mühe ich mir auch geben mochte, zu reich an Ideen und zu mächtig in der Form, um zu einer so gänzlichen Nullität zu gelangen.
Endlich kam der schreckliche Augenblick herbei: ich bestieg wankenden Schrittes die Kanzel. Es versteht sich von selbst, daß die Versammlung zahlreich war; das Gerücht, daß ein fremder Pastor, daß ein junger Mann von dem größten Verdienste, kurz daß der Sohn des Pastors Bemrode, an dem ersten Sonntage des Monates Juni in der Kirche von Ashbourn predigen sollte, hatte sich schnell verbreitet, und die Kirche war voll, so voll, daß man durch die offenen Thüren auf dem Vorplatze, wie an den Thüren eines Theaters, eine lange Reihe von Leuten sah, die nicht hatten eintreten können.
Alle Landleute der Umgegend waren, mit ihren Festtagskleidern angethan, mit offenem Munde vor Erwartung und die Augen mit einer verzehrenden Neugierde auf mich geheftet, auf den Beinen.
Besonders nun, mein lieber Petrus, als ich alle diese einfachen Gesichter, alle diese rechtschaffenen Mienen erblickte, sah ich ein, daß sich in dieser ganzen Versammlung vielleicht nicht ein Mann oder eine Frau befände, welche eines einzigen der Vergehen schuldig wären, gegen die ich donnern wollte, und deren entsetzliches Verzeichniß sich wie ein Heer von Gespenstern, die Einen drohend, die Anderen spöttisch, vor mir aufrichteten. Im Voraus glaubte ich das Erstaunen, die Bestürzung, den Schmerz aller dieser wackeren Leute zu sehen, sobald sie bemerkten, daß ich sie so schlecht beurtheilt hatte; im Voraus glaubte ich ihre erzürnten Stimmen mich der Ungerechtigkeit, der Verdrehung, der Bosheit beschuldigen zu hören: im Voraus glaubte ich den, der sich so ungerechter Weise zum Richter aufgeworfen hatte, gerechter Weise gerichtet, und ohne Erbarmen und ohne Mitleid gerichtet zu sehen, weil er selbst ohne Mitleid