Der Pastor von Ashbourn. Александр Дюма

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Der Pastor von Ashbourn - Александр Дюма

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Augen und ihre durchfurchten Wangen bezeugten das Vorüberkommen von Thränen, wie auf der Oberfläche der Erde nach einem Gewitter die ausgehöhlte Schlucht das Vorüberkommen eines Waldstromes anzeigt.

      Und dennoch fühlte man unter diesem entstellten Gesichte ein ruhiges Herz und ein reines Gewissen. Sie lächelte mir traurig zu, und indem sie mich willkommen hieß, sagte sie zu mir:

      – Herr Bemrode, ich erwartete Sie. Ich weiß, was Sie herführt, und wünsche, daß dieses Haus, in welchem ich Sie vor drei Monaten empfangen habe, und in welchem ich Sie heute empfange, das Ihrige wird.

      Dieser Wunsch war mit so vieler Einfachheit und einer so sympathetischen Stimme ausgesprochen, daß kein Zweifel über seine Aufrichtigkeit zu erheben war.

      Ich stieg aus und dankte ihr; dann, während der Kutscher das Pferd in den Stall führte und die Carriole unter den Schoppen schob, sagte sie zu mir:

      – Kommen Sie, lieber Herr Bemrode; das erste Mal, wo Sie mir die Artigkeit erzeigt haben, zu uns zu kommen, war ich in meinem Hause, und Sie waren unser Gast; heute, wo Sie Aussichten zu haben scheinen, der Nachfolger meines armen Gatten zu werden, sind Sie in Ihrem Hause, und ich bin Ihre Dienerin … Kommen Sie, ich will Sie das Pfarrhaus in allen seinen Theilen sehen lassen.

      Und auf der Stelle ließ sie mich, indem sie mir vorausging, den Hof überschreiten, den Garten besuchen, in die Keller hinunter, auf den Speicher hinauf gehen, und indem Sie mich in dieses Zimmer zurückführte, in welchem bei dem ersten Male, wo ich gekommen war, der würdige Herr Snart auf einem Kanapee lag, in der Erwartung des kalten und letzten Bettes im Grabe, sagte sie zu mir:

      – Das ist Ihre zukünftige Wohnung, denn ich habe die Hoffnung, daß die Pfarre Ihnen gegeben werden wird, lieber Herr Bemrode. Ich habe in ihr fünfundzwanzig Jahre glücklich mit dem Manne gelebt, den der Herr zu sich gerufen hat, und mit dem er mich, wie ich hoffe, in seiner Barmherzigkeit bald wieder vereinigen wird . . .

      – Fünfundzwanzig Jahre! rief ich aus; aber das ist ein ganzes Leben . . . Sagen Sie mir, wie schwer es Ihnen werden muß, ein so lange von Ihnen bewohntes Haus zu verlassen! . . .

      – Indem er es zuerst verließ, lieber Herr Bemrode, hat der Mann, der hier fünfundzwanzig Jahre mit mir zugebracht hatte, das Signal zum Aufbruche gegeben. Sicher, wie ich bin, irgend eines Tages mich wieder mit ihm im Himmel zu vereinigen, liegt mir wenig an dem Orte, wo ich den Augenblick der Wiedervereinigung erwarten werde. . . Aber folgen Sie mir hierher, sagte sie zu mir, es bleibt Ihnen ein letztes Zimmer zu besuchen übrig.

      Sie ging voraus, wie sie es bis dahin gethan hatte, und führte mich in ein Schlafzimmer.

      – Sie sind jung, begann sie wieder, und im Alter, eine Gefährtin zu haben. Nehmen Sie diese Gefährtin, sittsam, liebend, von einem dem Ihrigen gleichen Stande; nehmen Sie dieselbe aus Liebe, wie Herr Snart mich genommen hat, und nicht aus Berechnung . . . und Ihre fünfundzwanzig Jahre der Wonne und der Glückseligkeit werden verfließen, wie die unsrigen verflossen sind.

      Ich blickte diese würdige Frau mit einem mit Achtung gemischten Erstaunen an. – Fünfundzwanzig Jahre der Wonne und der Glückseligkeit! Niemals hat weder bei den Alten, noch bei den Neueren ein menschliches Wesen seinem Gott für fünfundzwanzig Jahre des Glückes danken können.

      – Liebe Frau, fragte ich sie, sind Sie denn während fünfundzwanzig Jahren wahrhaft glücklich gewesen?. . . Hat während fünfundzwanzig Jahren – das heißt während einer längeren Dauer der Zeit, als die, welche ich bereits auf der Erde zugebracht habe – keine Betrübniß, kein Schmerz, keine Thräne diese Wonne und diese Glückseligkeit verfinstert, für welche Sie so eben Gott danken?

      Indem ich mich nun nach diesen mit einer einfachen Papiertapete bedeckten Wänden kehrte, rief ich aus:

      – O gesegnete Mauern! die ihr ein solches Wunder habt geschehen sehen, möchtet ihr eines Tages mein Haupt beschirmen können, wie ihr das dieser beiden Gatten beschirmt habt, und möchte ich späterhin sagen können, wie mir heute diese in Trauer gekleidete Wittwe sagt: »Habe Dank, mein Gott! für diese fünfundzwanzig Jahre des Glücks, ohne Störung und ohne Wolke, welche Du Deinem Diener bewilligt hast!«

      Madame Snart lächelte, und indem sie schwermüthig den Kopf schüttelte, sagte sie zu mir:

      – Lieber Herr Bemrode, es wäre nicht die Wahrheit, wenn Sie darunter verständen, daß diese lange Periode meines Lebens, wie Sie so eben sagten, ungestört und ungetrübt verflossen sei . . . Nur, da nach meiner Meinung das wahre Unglück in der Schuld und in der Sünde liegt, so sage ich, daß Gott uns gestattet hat, fünfundzwanzig Jahre in der Reinheit der Seele und der Heiterkeit des Gewissens zu leben . . . Ein Glück ohne Störung und ohne Wolke! O nein! im Gegentheil, und ich hoffe, daß meine Schmerzen mir angerechnet werden! . . . Nein! . . . Hier habe ich sehr gelitten; hier habe ich gar viele Thränen vergossen . . . und wenn das Herz bräche, lieber Herr Bemrode, hier würde mein Herz gebrochen sein; denn hier hat die Wittwe nicht allein ihren Gatten verloren, sondern die Mutter hat auch noch ihre Kinder sterben sehen! . . . Ich hatte drei Töchter, lieber Herr, drei Engel auf Erden, drei Engel im Himmel, jung, schön, rein! Der Thautropfen, welcher am Morgen an der Spitze des Weidenblattes zittert, war nicht klarer als ihr Blick; der blaue Maihimmel war nicht reiner als ihr Herz. Eines Tages kam eine Mutter mit ihrem kranken Kinde in ihren Armen, auf der Schwelle des Pfarrhauses, um Almosen zu bitten; die jüngste unserer drei Töchter drückte ein Geldstück in die fieberhafte Hand des Kindes; das Kind hatte die Blattern: meine Tochter brachte den Tod für sich und für ihre Schwestern zurück . . . Sehen Sie, dort . . . dort, Herr Bemrode, unter diesen Ringen, welche an der Decke die Vorhänge von drei Betten zurückhielten, dort war in fünf Tagen Alles vorbei . . . Ich war Mutter von drei Kindern; nach Verlauf von fünf Tagen war ich keine Mutter mehr. Drei kalte und gefühllose Leichen hatten nach einander meine geliebten Kinder ersetzt! Die letzte, welche starb, war die älteste; weit stärker, kämpfte sie länger . . . Sie war vor Kurzem fünfzehn Jahre alt geworden. Sie starb, indem sie zu mir sagte, »Sei ruhig, Mutter, ich sehe bereits im Himmel und sehe noch auf der Erde . . . Auf der Erde bist Du, welche weint, aber im Himmel sitzen meine beiden Schwestern zur Rechten Gottes und sie machen mir ein Zeichen, daß es neben ihnen einen Platz für mich giebt . . . Sei ruhig, meine Mutter, wir werden den Herrn für Dich und für unseren Vater bitten, und wir werden uns dort oben wiedersehen. Dort oben ist die wahre Heimath. Der Mensch ist nur ein Fremdling auf der Erde!« Und nach diesen Worten verschied das arme Kind oder schlief vielmehr ein, denn einen ganzen Tag lang wollte ich nicht glauben, daß sie gestorben wäre, indem ich bei ihr wachte und zu den Besuchenden sagte: » Geht leise! macht keinen Lärm« . . . so ruhig und lächelnd war ihr Gesicht geblieben! Endlich verließ sie als die Letzte dieses Zimmer, wie ihre beiden Schwestern es bereits verlassen hatten . . . Dieses Zimmer, das so viele Todte gesehen und so vieles Schluchzen gehört hat! Dieses Zimmer ist daher auch das einzige des ganzen Hauses, das ich bedauern werde.

      – O, liebe Madame Snart, flüsterte ich leise; o, möge Gott mich beschützen, und ich verspreche Ihnen, daß Sie es nicht bedauern werden.

      – Ja, fuhr sie fort, ohne mich zu verstehen, ja, ich werde es bedauern, denn dort in diesem Zimmer, an der Wand, sind nicht allein die drei Plätze, an welche ihre drei Betten, weiß wie jungfräuliche Schleier, gelehnt waren, sondern ich sehe auch noch durch das Fenster dieses Zimmers die Bäume, welche ihr Vater an dem Tage der Geburt einer jeden von ihnen gepflanzt hatte. . . Ach, armer Vater! als er sie pflanzte, hatte er nicht bedacht, daß die Trauerweiden Kirchhofsbäume, Schmuck der Gräber sind! Welcher Vater oder welche Mutter vermag in der That auch zu glauben, wenn er sein neugeborenes Kind umarmt, daß dieses Kind eines Tages sterben würde? . . . O doch, doch, Herr Bemrode! ich habe sehr gelitten, fuhr die arme Wittwe fort, indem sie in Schluchzen ausbrach; denn ich habe zugleich alles das gelitten, was eine Gattin, und alles das, was eine Mutter leiden können! . . . Jetzt stehe ich allein auf der Welt; Gott wird mich nach seinem Gefallen zu sich nehmen,

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