Der Pastor von Ashbourn. Александр Дюма

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Der Pastor von Ashbourn - Александр Дюма

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in welchem ihre drei Kinder und ihr Gatte verschieden waren; denn ohne Zweifel glaubte sie in der Dunkelheit jene unbestimmten und undeutlichen Gestalten, die stummen Bewohner des Reiches der Todten, wiederzusehen.

       X.

      Der Mensch ist ein Fremdling ans Erden

      Ich ging in mein Zimmer hinauf; es war das, welches ich bei meiner ersten Reise bewohnt hatte; aber welche Veränderungen, mein lieber Petrus, hatten sich seit dieser ersten Reise in mir und um mich herum zugetragen! Ich hatte angefangen, das Γυϲόϑι σεαυτόν des Sokrates auf mich anzuwenden, und in kurzer Zeit hatte dieses Studium mich zu dem Zweifel an mir selbst und zu dem Glauben an Gott geführt.

      Ich stellte meine Lampe auf den Tisch, sank auf einen Stuhl und träumte.

      Ich träumte von meinen auf einander folgenden getäuschten Hoffnungen, von meinem Versuche im Heldengeeicht, von meinem Versuche im Trauerspiele, von meinem Versuche einer philosophischen Abhandlung, von meinem drei Male, wie Jakob durch den Engel, gedemüthigten Stolze, und ich sah als Ersatz dieses Kampfes, der während der langen Nacht meines Geistes gedauert hatte, die vor der Morgenröthe des Glaubens zu verschwinden begann, das ruhige und friedliche Leben dieses Pastors, dessen Platz ich einnahm, der in der Einfachheit seiner Arbeit und seines Lebens niemals gescheitert war, der während fünfundzwanzig Jahren seiner Gemeinde Beispiele der Frömmigkeit, der Mildthätigkeit und der Bruderliebe gegeben hatte, und der die Hände, nicht mit schönen Büchern, sondern mit guten Thaten gefüllt, wieder zu Gott zurückgegangen war. Ich sagte mir, daß mein Stolz, der Dämon, den ich besonders zu bekämpfen habe, – mich bis diesen Augenblick betrogen hätte, indem er mich überredete, daß mein Genie berufen wäre, Aufsehen in der Welt zu machen, während es mir im Gegentheile, erst seit diesem glückseligen Abende, schien, daß ein ruhiges, stilles und friedliches Leben, das unter dem Flügel des Engels der Familie verflösse, das wahre Dasein sei, das mir vorbehalten wäre.

      Und bei dem Gedanken, ungekannt auf diesem kleinen Winkel der Erde zu leben und zu sterben, ein Gedanke, der drei Tage vorher mich zur Verzweiflung gebracht hätte, fühlte ich etwas Tröstendes, Belebendes sich in meine Adern ergießen und sanft bis zu meinem Herzen strömen.

      Es befand sich zufällig ein Spiegel vor mir. Mein Blick verweilte darauf, und es schien mir, daß mein Auge begeistert, meine Stirn leuchtend und mein Mund lächelnd wären.

      Das kam daher, weil ich, wie ich glaube, zum ersten Male in meinem Leben glücklich, ohne Bedauern, ohne Wünsche und dennoch voller Hoffnung war.

      Ich weiß nicht, wie lange seit ich in diesem Zustande der Glückseligkeit und des Entzückens blieb; ich wurde aus ihm durch die Glocke der Kirche gerissen, an welche das Pfarrhaus angebaut war; es schlug neun Uhr.

      Ich machte das Fenster auf.

      Es war eine wundervolle Nacht, eine schöne, durch milde Lüfte gemäßigte Juni-Nacht. Mein Fenster ging zuvorderst auf den Garten des Pfarrhauses, dann auf andere, an diesen da anstoßende Gärten; dann kam das Feld, dessen Horizont durch eine kleine Hügelkette geschlossen war.

      Alles, was mein Blick in Mitte der durchsichtigen Finsterniß der Nacht zu übersehen vermochte, bot das vollständigste Bild der Unschuld und der Ruhe.

      Nur drei Lichter glänzten in diesem Kreise, bescheidene Parodieen aller dieser funkelnden Lichter, mit denen die blaue Unermeßlichkeit des Himmels besäet war. Lange heftete sich mein Blick tiefsinnig und forschend auf diese Heerschaar von Sternen, durch welche die Milchstraße wie ein Strom, wie eine Lawine, wie ein Wasserfall von Welten geht! Dann, unter der Erhabenheit des Schauspieles niedergebeugt, indem ich mich unfähig fühlte, diesen Sonnen, diesen Planeten, diesen Sternen, diesen Trabanten, denen Copernicus, Galilei und Newton, —, diese drei großen Erforscher des Firmamentes, – ihren Weg vorgeschrieben haben, in den Bewegungen zu folgen, die ihnen eigen sind, oder die ihnen gegeben sind, ließ ich meine Augen wieder ohne Scham über meine Schwäche auf die Erde zurückfallen; denn ich erinnerte mich jener Worte Pascal’s: »Das ewige Schweigen dieser unendlichen Räume erschreckt mich!« und ich fürchtete nicht demüthig mit dem Erfinder der Rechenmaschine und mit dem Verfasser der lettres provinciales und der Pensées zu sein.

      Während der wenigen Augenblicke, in denen mein Blick sich auf die Lichter des Himmels geheftet hatte, waren die Lichter der Erde erloschen, und Alles war in die Dunkelheit zurückgekehrt.

      In diesem Augenblicke erschien ein schwacher weißlicher Schein auf dem Gipfel eines dieser kleinen krausen Hügel, welche den Horizont begrenzten.

      Meine Augen verweilten auf dieser Art von nächtlicher Morgendämmerung.

      Es war der Mond, welcher langsam, majestätisch, glänzend aufging; aus seinem nicht recht gut gerundeten Kreise, der allmälig hinter dem Kamme des Hügels erschien, strömte gleich einer Strahlenkrone, und sich mildernd, indem es sich von dem Mittelpunkte entfernte, ein sanftes, friedliches Silberlicht. Dieses Licht verbreitete sich in dem Maße, als der ruhige König der Nächte nach den erhabenen Höhen des Firmamentes aufstieg über die Ebene, auf welcher es die Bäche wie gewässerte Bänder funkeln und die Teiche wie Silberspiegel glänzen ließ; allmälig floh die Dunkelheit vor ihm, indem sie vor seinem Lichte zurückwich, das allmälig den ganzen von meinen Augen übersehenen Kreis erfüllte, wie eine Fluth, welche von dem Horizonte kommt, allmälig das ganze Bett des Meeres erfüllt, das die Ebbe bei ihrem Zurückziehen leer gelassen hat, und auf diese Weise siegreich, unwiderstehlich, wachsend bis zu dem Gipfel der höchsten Gestade steigt. – Plötzlich, in dem Augenblicke, wo dieses Licht sich in dem Garten des Pfarrhauses verbreitete und bis zu dem Fenster hinaufstieg, auf dessen Brüstung ich mich gelehnt befand, erhob sich ein melodischer Gesang von den Ufern des kleinen Teiches, und inmitten dieser so durchsichtig gewordenen Nacht, daß man sie für eine Morgenröthe hätte halten können, erblickte ich den gefiederten Sänger, dessen Stimme allein die Rückkehr des bleichen Lichtes und die erhabene und schweigende Heiterkeit der Nacht begrüßte.

      Es war eine auf dem höchsten Zweige der größten der drei Weiden sitzende Nachtigall, oder sagen Sie mir, mein lieber Petrus, meinen Sie nicht wie ich, daß es vielmehr die Seele des jungen Mädchens war, die von dem Gipfel dieser Weide, die an demselben Tage, an welchem ihr vergänglicher Körper auf der Erde erschienen, gepflanzt war in Mitte der Finsterniß und mit diesem lieblichen Gesange ihre trostlose Mutter im Namen ihrer Schwestern, ihres Vaters und Gottes zu begrüßen kam?

      O, welche angenehme, schöne, heitere Nacht! Wie sehr war sie verschieden von der, die ich drei Monate vorher in demselben Zimmer zugebracht hatte, als ich über meine erste Predigt gebückt, mit fieberhaftem Pulse, mit vor Schweiß triefender Stirn, mit diesem Dämon des Hochmuths kämpfte, der jetzt von mir besiegt und zu meinen Füßen gefesselt war!

      Es giebt Stunden, welche verfließen, ohne daß man die Zeit ermißt; während dieser Stunden weiß man nicht einmal, ob man gelebt, wenigstens das irdische Leben . . . Der Mond glänzte während der ganzen Nacht; die Nachtigall sang während der ganzen Nacht; ich betrachtete und horchte während der ganzen Nacht.

      Endlich sah ich nach seiner Reihe den glänzendsten der Sterne erscheinen, den, welchen die Dichter zur Tochter Jupiters und der Aurora gemacht und dem sie den Namen Venus gegeben haben, den unsere modernen Astronomen in Lucifer geändert, weil er, da er der Sonne nur um einige Stunden vorausgeht, rasch am Himmel aufsteigt und auf seinem Wege die glänzende Fackel des Morgens schüttelt.

      Die Nachtigall hörte auf zu singen, der Mond erbleichte; ich machte mein Fenster zu und legte mich zu Bett.

      Ich erwachte zu derselben Stunde als das erste Mal; aber statt des schrecklichen schweren Traumes, der mich während des anderen Schlummers gepeinigt, war ich nur von angenehmen Träumen besucht gewesen, die aus jener Pforte von Elfenbein

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