Die Fünf und Vierzig. Александр Дюма

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Die Fünf und Vierzig - Александр Дюма

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seufzend, daß er den Platz verlassen sollte.

      »Ich verstehe Dich,« sprach Joyeuse, »das letzte Lebewohl an das verlassene Fenster, das ist billig! Nun auch ein Lebewohl für mich, Henri.«

      Henri schlang seine Arme um den Hals seines Bruders, der sich zu ihm herabneigte.

      »Nein,« sagte er, »ich werde Dich bis zu den Thoren begleiten; erwarte mich nur hundert Schritte von hier. Wenn sie die Straße verlassen glaubt, wird sie sich vielleicht zeigen.«

      Anne ritt zu der Escorte, welche in einer Entfernung von hundert Schritten stille gehalten hatte.

      »Vorwärts, vorwärts,« sagte er, »wir bedürfen Euer bis aus weiteren Befehl nicht mehr. Entfernt Euch.«

      Die Fackeln verschwanden, das Gelächter und die Gespräche der Musiker erloschen, und eben so auch die letzten den Saiten der Violen und Lauten durch das Berühren einer verirrten Hand entlockten Seufzer.

      Henri warf einen letzten Blick nach dem öden Hause, sandte ein letztes Gebet nach dessen Fenstern, und folgt langsam und beständig sich umwendend seinem Bruder, dem seine zwei Stallmeister voranritten.

      Als Robert Briquet die zwei jungen Leute mit den Musikanten sich entfernen sah, dachte er, die Entwickelung dieser Scene, wenn sie überhaupt eine Entwickelung hätte, würde stattfinden.

      Dem zu Folge zog er sich geräuschvoll vom Balcon zurück und schloß das Fenster.

      Einige hartnäckige Neugierige blieben noch auf ihrem Posten, aber nach zehn Minuten war auch der Ausdauerndste verschwunden.

      Während dieser Zeit erreichte Robert Briquet das Dach seines Hauses, welches ausgezackt war, wie das der flamändischen Häuser; er verbarg sich hinter einer dieser Zackungen und beobachtete die Fenster gegenüber.

      Sobald der Lärm auf der Straße aufgehört hatte und man weder Instrumente, noch Tritte, noch Stimmen mehr vernahm, sobald endlich Alles in die gewöhnliche Ordnung zurückgekehrt war, öffnete sich geheimnißvoll eines von den oberen Fenstern dieses seltsamen Hauses und ein vorsichtiger Kopf kam daraus hervor.

      »Nichts mehr,« murmelte eine Männerstimme, »folglich keine Gefahr mehr; es war eine Mystification an unsern Nachbar gerichtet; Ihr könnt Euer Versteck verlassen, gnädige Frau und in Euer Zimmer hinabgehen.«

      Bei diesen Worten schloß der Mann das Fenster wieder, ließ das Feuer aus einem Stein springen, zündete eine Lampe an und reichte sie einem Arm, der sich ausstreckte, um sie zu empfangen.

      Chicot schaute mit allen Kräften seines Augensternes.

      Doch er hatte nicht sobald das bleiche und erhabene Antlitz der Frau erschaut, welche die Lampe in Empfang nahm, er hatte nicht sobald den sanften, traurigen Blick aufgefaßt, der zwischen dem Diener und der Gebieterin ausgetauscht wurde, als er selbst erbleichte und fühlte, wie ein eisiger Schauer seine Adern durchlief.

      Die junge Frau war kaum vier und zwanzig Jahre alt. Sie stieg nun die Treppe hinab; ihr Diener folgte Ihr.

      »Ah!« murmelte Chicot der mit der Hand über die Stirne fuhr, um sich den Schweiß abzuwischen, und als ob er zugleich eine furchtbare Erscheinung hätte verjagen wollen, »ah! Graf Du Bouchage, braver, schöner junger Mann, wahnsinniger Verliebter, der Du davon sprichst Du werdest freudig, munter, singlustig werden, tritt Deinen Wahlspruch Deinem Bruder ab, denn nie mehr wirst Du sagen können: hilariter.«8

      Dann stieg er ebenfalls in sein Zimmer hinab… die Stirne verdüstert, wie wenn er in eine furchtbare Vergangenheit, in einen blutigen Abgrund hinabgestiegen wäre, und setzte sich in den Schatten, unterjocht, er zuletzt, aber am vollständigsten vielleicht, durch den unglaublichen Einfluß der Schwermuth, der von dem Mittelpunkte dieses Hauses ausging.

       Zweites Kapitel

      Die Börse von Chicot

      Chicot brachte die ganze Nacht träumend in seinen Lehnstuhl zu. Träumend ist das richtige Wort, denn in der That, es waren weniger Gedanken, als Träume, was ihn beschäftigte.

      Zur Vergangenheit zurückkehren, mit einem Blick eine ganze, beinahe im Gedächtniß vermischte Epoche an Feuer eines einzigen Blickes sich erhellen sehen, heißt nicht denken. Chicot wohnte die ganze Nacht in einer Welt, welche längst von ihm verlassen und mit erhabenen oder anmuthigen Schatten bevölkert war, die ihm der Blick der bleichen Frau, einer treuen Lampe ähnlich, einer nach dem andern mit seinem Gefolge von glücklichen und schrecklichen Erinnerungen an ihm vorüberziehend zeigte.

      Chicot, der so sehr seinen Schlaf beklagte, da er vom Louvre zurückkam, dachte nicht einmal mehr daran, sich niederzulegen. Als die Morgendämmerung die Scheiben seinen Fenstern versilberte, sprach er:

      »Die Stunde der Gespenster ist vorüber, wir müssen nun auch ein wenig an die Lebendigen denken.«

      Er stand auf, gürtete sich sein langes Schwert um, warf über seine Schultern einen Oberrock von weinhefenfarbiger Wolle, von einem auch für die stärksten Regen undurchdringlichen Gewebe, und prüfte mit der stoischen Festigkeit des Weisen den Grund seiner Börse und die Sohle seiner Schuhe.

      Diese erschienen Chicot würdig; einen Feldzug zu beginnen; jene verdiente eine besondere Aufmerksamkeit. Wir werden daher unsere Erzählung einen Halt machen lassen und uns Zeit nehmen, sie unseren Lesern zu beschreiben.

      Chicot wie man weiß, ein Mensch von erfindungsreicher Einbildungskraft, hatte den Hauptbalken ausgehöhlt, der sein Haus von einem Ende zum andern durchzog und zugleich zur Zierrath, denn er war verschiedenfarbig bemalt, und zur Festigkeit diente, denn er hatte wenigstens achtzehn Zoll im Durchmesser.

      Aus diesem Balken hatte er sich mittelst einer Aushöhlung von anderthalb Fuß Länge und sechs Zoll Breite, eine Kasse gemacht, in deren Seiten tausend Goldthaler enthalten waren.

      Chicot hatte folgende Berechnung angestellt:

      »Ich gebe jeden Tag den zwanzigsten Theil von einem solchen Thaler aus; ich habe also Mittel, zwanzigtausend Tage zu leben. Ich werde sie nie leben, aber ich kann die Hälfte erreichen, und dann vermehren sich, je älter ich werde meine Bedürfnisse und folglich meine Ausgaben, denn die Gemächlichkeit muß im Verhältnis der Abnahme des Lebens zunehmen.

      Somit habe ich also zwanzig bis fünf und zwanzig schöne Jahre zu leben. Das ist, Gott sei Dankt genug.«

      Chicot war also, mit Hilfe der Rechnung, die wir ihm nachgemacht haben, einer der reichsten Rentiers der Stadt Paris, und diese Ruhe über seine Zukunft verlieh ihm einen gewissen Stolz.

      Nicht als ob Chicot geizig gewesen wäre, er war sogar lange Zeit verschwenderisch, aber er hatte eine furchtbare Angst vor der Armuth, denn er wußte, daß sie wie ein bleierner Mantel auf die Schultern fällt und die Stärksten niederbeugt.

      Als er diesen Morgen seine Kasse öffnete, um sich seine Rechnung zu machen, sagte er zu sich selbst:

      »Bei Gott! das Jahrhundert ist hart und die Zeiten sind nicht für die Großmuth geeignet. Ich habe kein Zartgefühl gegen Heinrich zu beobachten. Diese tausend Goldthaler kommen nicht einmal von ihm, sondern von einem Oheim, der mir sechsmal mehr versprochen hatte. Dieser Oheim war allerdings Junggeselle. Wenn es noch Nacht wäre, würde ich hundert Thaler aus der Tasche des Könige nehmen, aber es ist Tag und ich habe keine andere Quelle mehr, als bei mir selbst und … bei Gorenflot.«

      Der Gedanke, von Gorenflot Geld zu beziehen,

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<p>8</p>

Joyeusement, freudig, vergnügt, die Devise von Henri von Joyeuse war, wie gesagt, das lateinische Wort: hilariter.